● Neue Hoffnung für Balkan |
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Liebe Leserin, Lieber Leser, es ist eine Weile her, dass Olaf Scholz sagte: „Wer bei mir Führung bestellt, bekommt sie auch.“ Diffus blieb seither dreierlei: 1) Hat eigentlich jemand geordert? 2) Wenn ja, wann trifft die Bestellung ein? 3) Will Scholz überhaupt liefern? Seit drei Kanzler-Jahren rätselt die Republik wie ich einst im Tanzkurs: Wer führt denn nun? Bei einer Klausur des SPD-Parteivorstandes sollten am Wochenende „wichtige Weichen“ für den Bundestagswahlkampf 2025 gestellt werden. U.a. sieht das programmatische Wunschkonzert nun vor: Mindestlohn von 15 Euro, neue Prämien für E-Autos, mehr Geld für Bildung und Infrastruktur – finanziert durch neue Schulden und höhere Spitzensteuern. Klingt nicht unbedingt nach Scholz, um den es am Rande der Klausur aber auch viel ging. Dem Kanzler wird intern längst die Dynamik und Kommunikationsfreude einer versteinerten Urzeitschnecke unterstellt. Nach jüngsten Umfragen liegt die SPD mit 16 Prozent nur noch auf Platz drei hinter Union und AfD. SPD-Ministerpräsidentin Manuela Schwesig mahnte, es müsse sich „was ändern“. Der neue SPD-Generalsekretär Matthias Miersch wünschte sich – kaum ernannt – „auch vom Kanzler“ mehr Führung. Ich habe indes Zweifel, ob Scholz selbst noch Optimierungs-Optionen sieht – oder gar hat. Schon vor der letzten Wahl versprach er etwa den Bau von jährlich 400.000 Wohnungen. Für die dann hereinbrechende Zinswende konnte er nichts. Doch das schnell einsetzende Drama überlässt er seither nonchalant seiner Parteifreundin Klara Geywitz. Als Bauministerin hat sie hauptamtlich die Krise am Hals. Nur sprachlich lieferte Scholz bisweilen. Schon während Corona holte er als Finanzminister die „Bazooka“ raus und kündigte einen „Wumms“ an. Nach dem Einmarsch der Russen in der Ukraine rief er die „Zeitenwende“ aus. Wenn er sich den Begriff geschützt hätte, wäre er heute Millionär. Aber dann verdämmerte trotz „Doppel-Wumms“ auch diese Wende wie ein feucht gewordenes Tischfeuerwerk. |
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| Bundeskanzler Olaf Scholz (© imago images) |
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Als Scholz wieder mal eine Panzerlieferung an die Ukraine ablehnte, verhalf der britische Historiker Timothy Garton Ash dem Verb „Scholzen“ zum Durchbruch. Scholzen bedeute, „gute Absichten nur zu kommunizieren, um dann alle vorstellbaren Gründe zu nutzen / zu finden / zu erfinden, um diese Absichten zu verzögern ...“ Da stehen wir jetzt. Positiv ausgedrückt: Es gäbe vieles, was Scholz zur Chefsache erklären könnte, etwa Wirtschaft, Bau, Energiewende, Migration, Bürokratie, Steuern ... Das Grundgesetz räumt ihm mit der „Richtlinienkompetenz“ große Entscheidungsmacht ein. Eigentlich. Ein hingescholzter Dreifach-Wumms mit Ballermann-Bähm wäre noch frei. Aber von wem? Ich habe versucht, dem Kanzler mal „Führung“ zu bestellen. Bei Amazon. Als Erstes wurde mir das Buch „Atmen: Der Schlüssel zur erfolgreichen und gesunden Führung“ angeboten. Leider fürchte ich, dass die ganze Ampel-Regierung es schon gelesen hat. Credo: „Bloß nichts mehr entscheiden. Lieber flachatmend in die Zielgerade!“ Oder rechnen Sie noch mit Überraschungen? Schreiben Sie mir: feedback@focus-magazin.de. |
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| EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit Regierungschefs des Westbalkans (© action press) |
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Westbalkangipfel ringt um EU-Beitritt |
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Die Staats- und Regierungschefs von Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Nordmazedonien, Montenegro und Serbien treffen sich heute zu ihrem Westbalkangipfel im Berliner Kanzleramt. Neben Olaf Scholz wird auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) mit dabei sein. Im Mittelpunkt der Beratungen steht die EU-Beitrittsperspektive der Balkanländer, die sich teils schon seit mehr als einem Jahrzehnt in Verhandlungen mit der EU befinden. Außerdem soll ein Aktionsplan zur Einführung eines gemeinsamen regionalen Marktes verabschiedet werden. „Es muss intensiver am gemeinsamen Markt gearbeitet werden”, sagte Jakov Devcic, Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Serbien und Montenegro, dem FOCUS. Beispielsweise dringen die Balkan-Länder darauf, endlich die sogenannten „Grünen Linien” zu erhalten, so Devcic. Dadurch sollen insbesondere LKW die Grenzen zur EU ohne langwierige Kontrollen überqueren. Die Weltbank habe ermittelt, dass alle Laster zusammen jährlich 26 Millionen Stunden auf den Grenzübertritt warten müssen. Durch eine Vereinfachung könnten die Länder ein zusätzliches Wachstum von 10 Prozent erfahren. |
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| Der neue Nike-Chef Elliot Hill (© PR) |
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Warum bei Nike heute ein neuer CEO startet |
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Der Neue ist ein alter Bekannter: Elliott Hill, 60, war schon im Ruhestand, nachdem er 32 Jahre für Nike gearbeitet hatte. Ab heute soll er den weltgrößten Sportkonzern als Vorstandschef aus der Krise führen. Sein branchenfremder Vorgänger, Ex-Ebay-Chef John Donahoe, steigerte zwar zunächst den Umsatz um 25 Prozent. Doch dann stürzte der Riese aus Beaverton im US-Bundesstaat Oregon ab: Unter Donahoe machte Nike aus Sammel-Sneakern Massenware. Man vergrätzte wichtige Sporthändler und brachte zu wenig Innovationen an den Start. Trotz Olympia und Fußball-EM sank der Umsatz um zehn Prozent. An der Börse hat sich der Wert des Konzerns seit 2022 fast halbiert. Der nun startende Vertriebsexperte Hill gilt als bestens vernetzt im Sporthandel. Aber Konkurrenten wie Adidas oder New Balance haben die Schwächen des Marktführers genutzt, um zu wachsen. Sie werden ihre Regalplätze nicht kampflos preisgeben. „Der Handel wird Nike leiden lassen“, prophezeit der Ex-Europachef von Under Armour, Peter Mahrer. Lesen Sie hier alles zum neuen Nike-Chef und seinen Plänen |
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| Container im Hafen von Shanghai (© Reuters) |
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Chinas Wirtschaft schwächelt weiter |
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Es wird eine Woche der Wahrheit für die Volksrepublik: Am nächsten Freitag werden die Wachstumszahlen fürs dritte Quartal veröffentlicht. Ein erster Indikator dürften die bereits heute erscheinenden Außenhandelszahlen für September sein. Am Sonntag hatte die chinesische Regierung ein weiteres Konjunkturpaket angekündigt, um die nachlassende Nachfrage anzukurbeln. Wirklich konkret wurde Finanzminister Lan Foan bislang nicht. Er erklärte aber, man werde weitere „antizyklische Maßnahmen“ ergreifen, um die nachlassende Nachfrage zu beleben. Wie schlecht die Lage ist, zeigen die am Wochenende veröffentlichten Verbraucher- und Erzeugerpreisindizes: Beide gingen überraschend zurück. Die große Frage, die sich die Märkte stellen: Wie viel Geld wird die Pekinger Regierung in den Markt pumpen, um ihr Wachstumsziel von fünf Prozent doch noch zu erreichen. Nachdem die Aktienkurse in den vergangenen Wochen zunächst massiv gestiegen waren, kühlte sich das Vertrauen in die Volksrepublik zuletzt merklich ab. Entsprechend reagierte die Börse. Eine Krise der chinesischen Wirtschaft hat immer auch Auswirkungen auf den Westen. |
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| Mediziner müssen immer mehr Verwaltungsarbeit erledigen (© dpa) |
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Ärzte warnen: Für Patienten kaum noch Zeit |
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Wer Arzt wird, möchte vor allem Menschen helfen. Die wenigsten dürften einen Schreibtischjob anstreben, der aber mehr und mehr die Realität der Mediziner dominiert. Eine aktuelle Umfrage des Marburger Bundes mit mehr als 2000 Teilnehmern zeigt: Oberärzten bleiben nur etwa 2,5 Stunden täglich für die unmittelbare Versorgung ihrer Patienten. Mehr als fünf Stunden pro Tag müssen sie für administrative Tätigkeiten aufwenden. Fast 60 Prozent der befragten Oberärzte gaben an, daher kaum noch Zeit für die Ausbildung des Nachwuchses zu haben. 75 Prozent fehlen die Ressourcen für ihre eigene Fortbildung im Rahmen der Arbeitszeit. Statt aber die Ärzte zu entlasten, plant das Gesundheitsministerium neue Verwaltungsaufgaben: die minutengenaue Zuordnung von ärztlichen Leistungen zu verschiedenen Leistungsgruppen. „Diesen Wahnsinn muss man umgehend stoppen“, fordert Gerald Gaß, Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft. |
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Gewinner: Er ist vielleicht der amerikanischste aller Designer. Vor über 50 Jahren gründete Ralph Lauren sein gleichnamiges Unternehmen. 6,4 Milliarden Dollar Umsatz machte die Ralph Lauren Corporation 2023. Bekannt wurde sie u.a. mit Polohemden. Am heutigen Montag feiert der einst als Ralph Lifshitz im New Yorker Stadtteil Bronx geborene Spross armer aschkenasischer Juden seinen 85. Geburtstag. Wir gratulieren herzlichst! | |
Verlierer: „Ungefiltert” heißt sein neues Buch. Leider führt Thomas Gottschalk auch seine Reklame-Interviews dazu entsprechend direkt. Der 74-Jährige präsentiert sich als giftiger Rebell gegen den woken Zeitgeist. Selbst früheres Gegrabbel an seinen weiblichen „Wetten, dass?”-Gästen verteidigt er tapfer als „rein dienstlich”. Ein bisschen mehr eigene Transformation hätten wir dem Thommy schon zugetraut – oder wenigstens gewünscht. Lässigkeit steht ihm viel besser als Verbitterung. | |
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… möchte ich Sie auf den Start der Trüffelsaison hinweisen. Am Samstag begann im piemontesischen Städtchen Alba die 94. Fiera Internazionale del Tartufo Bianco d’Alba, eine Messe, die sich bis 8. Dezember dem besonders wertvollen weißen Trüffel widmet. | | Weiße Trüffel aus dem Piemont (© action press) | Trüffelschweine kommen in Norditalien übrigens längst nicht mehr zum Einsatz – zu ungestüm, zu verfressen. Immerhin ist ein Kilo schnell 10.000 Euro und mehr wert. Hunde gelten als deutlich präziser. Die günstigeren schwarzen Trüffeln sind mittlerweile auch in Deutschland zu finden. Der Klimawandel macht’s möglich. Ich wünsche Ihnen auch diese Woche einen in jeder Hinsicht guten Riecher! Herzlichst | | Thomas Tuma |
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