Liebe Leserin, Lieber Leser,
am nächsten Dienstag soll er also endlich gewählt werden: Friedrich Merz, 69, zehnter deutscher Bundeskanzler. Die CDU ist dafür, CSU und SPD ebenso. Wurden eigentlich auch Bauernverband und Fridays for Future konsultiert, der TÜV und die Omas gegen Rechts? Konsens ist ja in Deutschland heute fast alles.
Zwei Fragen gehen mir dabei seit Wochen durch den Kopf: Wer ist Merz eigentlich? Und wie erfolgreich kann er werden? Schon die erste ist komplex. Die aktuelle FOCUS-Titelstory liefert dazu natürlich luzide Analysen. Mir genügt zunächst die Erkenntnis: Merz ist Sauerländer, solide konservativ, katholisch, Kleinstadt-Bürger, Vater von drei Kindern (mit nur einer Frau: Gattin Charlotte), Jurist und 1,98 Meter groß. Er schaut also auf die meisten runter, was gern gegen ihn verwendet wird (Arroganz-Vorwurf und so).
All das ist nicht schlimm. Wichtiger scheint mir: Merz hatte bislang nie ein operatives Regierungsamt, nicht mal Ortsvorsteher oder Faschingsprinz, neigt aber zu Ad-hoc-Eitelkeiten, die sich laut Weggefährten in cholerischer Besserwisserei manifestieren können.
Sein erster Rekord: Kein anderer Kanzler hat schon zwischen Wahlkampf und Amtsbeginn derart viel Enttäuschung bis Empörung provoziert wie er. Bei Freund wie Feind, von links bis rechts. Und das hat vielleicht auch mit seiner Führungs-Unerfahrenheit zu tun und seinem Ich-kann-das-aber.
Der eine Teil der Wähler ist nachhaltig erschüttert, seit er nach der Wahl einen Multi-Milliarden-Schuldenkurs verkündete. Der andere arbeitet sich weiter an Merz‘ Migrationspaket ab und dem anschließenden Spiel mit der AfD vor der Wahl. Seiner Partei half beides nicht: Die CDU fuhr das zweitschlechteste Bundestags-Wahlergebnis ihrer Geschichte ein. Und sein Führungs-Slalom ließ die Umfragewerte der CDU inzwischen um weitere Prozentpunkte einbrechen. Merz, lass nach, möchte man ihm manchmal zurufen. Seine Unerfahrenheit und sein Ich-kann-das-aber führt uns zugleich endgültig zur Frage seiner Erfolgsaussichten. |