etwas enttäuschend ist das ja schon: Da hauen die lieben Enkel mal so richtig auf den Putz, und der Oma fällt nichts Besseres ein, als die ganze Mischpoke nebst angestauter Zwistigkeiten in einem Akt royaler Liebe niederzuringen. Mal ehrlich, irgendwie hatten wir uns das doch anders vorgestellt, als wir am vergangenen Sonntag bis spät in die Puppen wach waren, nur um auf CBS den vergifteten Worten von Harry und Meghan zu lauschen. Ein bisschen mehr Shakespeare hätte da am Ende schon rausspringen dürfen: Vielleicht eine Priese mehr Montagues gegen Capulets, ein Hauch Macbeth gegen Duncan … Doch was machen diese wohlerzogenen Windsors? Sie sind „traurig über die Schwierigkeiten der beiden“, wie Queen Elisabeth nun in einer ersten Stellungnahme zu dem TV-Interview der lieben Enkelkinder durchblicken ließ. Und weiterhin sind sie natürlich „traurig, das ganze Ausmaß zu erfahren, wie herausfordernd die vergangenen Jahre für Harry und Meghan gewesen sind“. Traurig, traurig! Aber will man das wirklich wissen – zumal, wenn man gerade erst vor laufender Kamera den Fehdehandschuhe hingeschmissen und der versammelten Weltöffentlichkeit erklärt hat, welch miese Schurken doch unter dem Dach des Buckingham Palace wohnen? I moaned for over two hours, and all I got is this lousy t-shirt? Das ist doch wirklich eine Frechheit. Und als wäre das der Schmach noch nicht genug, ließ Grandma Queen jetzt auch noch wissen, dass ihre Enkel immer sehr geliebte Familienmitglieder sein werden. Erkläre man diese Harmoniesucht mal der SPD. Unter Deutschlands Genossen nämlich weiß man sich noch so richtig derbe zu streiten. Nachdem Wolfgang Thierse in einem Essay für die FAZ sein Unverständnis über linke Identitätspolitik geäußert und in einem Cicero-Interview noch einmal nachgelegt hatte, beschimpfte man ihn in der eigenen Partei als „reaktionär“ und „neu-rechts“. In einem Interview mit Antje Hildebrandterklärt nun Sascha Roncevic, stellvertretender Vorsitzender der Queer AG in der SPD, wo sich Thierses Kritiker im Ton vergriffen haben könnten, ebenso aber auch, wo Thierse der Partei hinterherhinkt. Streit gibt es derzeit auch in den USA: Im Prozess um den Tod von George Floyd wird nicht nur über die grausigen Ereignisse des 25. Mai 2020 und die mögliche Strategie der Verteidigung gestritten, es geht auch um die Zusammensetzung der Jury. Gut also, wenn man sich noch so richtig und nach allen Regeln der gewaltfreien Kommunikation zu streiten weiß. Danach sollte man sich natürlich sein Krönchen richten und weitermachen, als wäre nichts gewesen. Ihr Ralf Hanselle, stellvertretender Chefredakteur |