Die Aktie wurde erstmals über Frankfurt gehandelt - und wie! Vom Emissionspreis bei 2,60 Euro ist das Papier in der Spitze bis auf 19,79 Euro explodiert, und das bei zeitweise exorbitant hohem Handelsvolumen. Es wehte eine Hauch von Neuer Markt durch die Frankfurter Börse. Lesen Sie, wie das möglich war, ob der Kursanstieg berechtigt ist und ob man jetzt noch auf den fahrenden Zug aufspringen sollte. Was hat es mit Naga auf sich? Das Unternehmen ist eine Art Holdinggesellschaft in der Beteiligungen an insgesamt drei Firmen vereint sind. Nach außen positioniert man sich dabei als Fintech-Unternehmen mit großen Zielen. Verdammt großen Zielen. Projekt Nr.1, SwipeStox, will auf seiner App das "weltweit größte soziale Netzwerk für den Börsenhandel" aufbauen. Projekt Nr. 2, Switex, will die erste Handelsplattform für virtuelle Gegenstände aus Computerspielen werden. Hinzu soll der Geschäftsbereich Hanseatic Brokerage (HB) kommen. Die Übernahme ist im Prinzip vollzogen, es fehlt noch die endgültige Genehmigung der Cyprus Securities and Exchange Commission (CySEC), die aber nur Formsache sein sollte. Im Gegensatz zu Social Trading-Marktführer Wikifolio, die ja die Abwicklung und das Clearing auf den externen Partner Lang & Schwarz outsourcen, vereint Naga dann alles unter einem Dach. Über die Financial Services-Tochter (HBFS) sollen (potenzielle) Trader darüber hinaus - wie bisher auch schon - geschult werden. Vom lahmenden CFD-Broker zum hippen Fintech-Projekt Warum wie bisher auch? Hanseatic Brokerage ist ein alter Bekannter am Markt. Unter dem Dach der ebenfalls börsennotierten Hamburger Privatbank Varengold wurde bereits seit 2007 der Onlinehandel von Währungen (Forex) und CFDs über eine proprietäre Tradingplattform angeboten. 2015 kam es dann zu einer Art feindlichen Übernahme von Varengold nachdem ein externer Fonds die Mehrheit übernommen hatte. Dieser wollte den Trading-Bereich loswerden. Wörtlich heißt es im 2015er-Geschäftsbericht: "Die Bank möchte die Risiken und weitere Ertragsvolatilitäten eingrenzen und ihr Hauptaugenmerk zukünftig auf die Kerngeschäftsfelder Prime Brokerage und Commercial Banking legen, in denen eine bessere Risiko-Ertrags-Relation besteht. Mehr oder weniger zwangsweise mussten die Gründer Yasin Sebastian Qureshi und Steffen Fix sowie Mohammad Hans Dastmaltchi Varengold verlassen. Als Trostpflaster flossen mehr als vier Millionen Euro an Abfindung. Doch Qureshi hatte bereits neue Pläne und im Herbst 2015 The Naga Group gegründet. Er tat sich mit dem Frankfurter Unternehmer Benjamin Bilski zusammen. Dieser hatte eine modular aufgebaute Softwareplattform mitentwickelt, die Handelsfunktionalitäten mit Elementen von sozialen Netzwerken verbindet. Über eine offene Programmierstelle wird zudem eine leichte Einbindung der Angebote von externen Partnern ermöglicht. Das war genau das, was Qureshi brauchte, um seine Idee umzusetzen: Aus dem lahmenden CFD-Broker Hanseatic Brokerage soll mit Hilfe von SwipeStox also ein hippes Fintech-Projekt werden. Warum der CFD-Handel kein Wachstumsmarkt mehr ist CFDs (Contracts for Difference) erlauben es Anlegern, angepasst an das eigene Kapital, kleinste Anteile eines Basiswerts zu halten. Sie sind deshalb gerade bei Privatanlegern mit relativ wenig Kapital beliebt. Die Kehrseite: Gearbeitet wird oft mit sehr hohen Hebeln. Sind Anleger in einem Basiswert positioniert und es kommt zu schnellen Bewegungen in die falsche Richtung, ist das Geld schnell verzockt. Deutlich wurde das im Zuge der plötzlichen Aufwertung des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro Anfang 2015 als nicht nur viele Kunden sondern der eine oder andere CFD-Broker gleich mit in die Insolvenz schlitterten oder zumindest kurz davor stand. Hier ein älterer Artikel mit Hintergründen dazu. Bereits zuvor war im Zuge der zypriotischen Bankenkrise eine Schockwelle durch die CFD-Branche gegangen. Auf Grund der günstigen steuerlichen Bedingungen und weil es einfacher ist, dort die Lizenz zu erlangen, haben sich zahlreiche Forex- und CFD-Broker in Zypern angesiedelt. Darunter auch die Hanseatic Brokerage mit ihrer Global Markets Ltd (HBGM). Weil Zypern EU-Mitglied ist lassen sich mit der zypriotischen Broker-Lizenz auch Kunden aus anderen Mitgliedsstaaten, wie eben Deutschland ansprechen. Das Problem dabei: Die Kundengelder befinden sich dann entsprechend auf Konten bei zypriotischen Banken. Als dann in Zypern Bankkunden über eine Zwangsabgabe zur Rettung des zypriotischen Bankensystems beitragen sollten, standen auf einmal auch Kundengelder der CFD-Broker im Feuer. Inzwischen gibt es mehrere Initiativen von europäischen Aufsichtsbehörden, die die Risiken für Anleger begrenzen sollen. Auch die deutsche Wertpapieraufsicht hat inzwischen die Spielregeln verschärft. So soll es keine Nachschusspflicht für Anleger mehr geben. Bisher waren Anleger zu einer Nachzahlung auf ihren Konten verpflichtet, wenn die Verluste die Einlagen überstiegen hatten. De facto gingen die Verlustrisiken damit weiter über die ursprüngliche Einlage auf dem CFD-Konto hinaus. Aus Sicht der Anleger ist das gut und richtig, für die CFD-Broker steigen damit aber die Risiken, weil sie im Zweifelsfall auf Verlusten der Kunden sitzenbleiben. Das Naga-Management sieht zwar keine größeren Auswirkungen auf das Geschäft, weil man im Privatkundengeschäft bereits in der Vergangenheit mit automatischen Stop-Loss-Limits gearbeitet habe, um eine Nachschusspflicht zu vermeiden. Festzuhalten bleibt aber: Ein Wachstumsmarkt sind CFDs derzeit nicht mehr. Und noch macht Naga den Großteil seiner kleinen Umsätze mit eben diesem CFD- bzw. dem Forex-Brokerage. SwipeStox als Social Trading Revolution? Das heißt: Wenn SwipeStox wirklich zu einem großen Erfolg werden soll, muss die App entweder die Begeisterung der Anleger für CFDs und den Forex-Handel neu entflammen oder man muss zumindest der Konkurrenz nennenswerte Marktanteile abnehmen. Ist das realistisch? Was kann die SwipeStox-App? Trader können hier (erfolgreiche) Transaktionen anderer Händler einsehen und sich bei künftigen Transaktionen an diese anhängen. Sprich: deren Trades kopieren. Mit einem Swipe, also einem Wisch über das Smartphone-Display, können Anleger durch die zum Kopieren angebotenen Anlagen "blättern". Daher der Name. Der "soziale" Aspekt dahinter: Neulinge können quasi am Know-how der erfahrenen Hasen partizipieren. Letztere wiederum erhalten Bonusgutschriften abhängig davon wie viele Follower ihren jeweiligen Trade kopieren. The Naga Group feiert das als Social Trading Revolution. Aber: Selbst wenn das eine Revolution sein sollte, dann läuft diese schon mehrere Jahre. Sie wurde ganz sicher nicht von SwipeStox gestartet. Die bereits 2009 gegründeten ayondo beispielsweise bieten ganz ähnliche Features schon seit Jahren an. Auf der ayondo-Homepage heißt es wörtlich: "ayondo bietet im Bereich Social Trading eine Plattform auf der Handelssignale von Top Tradern öffentlich gemacht werden. Diese stehen für die Nutzer kostenfrei zur Verfügung...Wirklich spannend wird es für die Signalnehmer jedoch, wenn diese die Trading Signale nicht mehr nur einsehen, sondern automatisiert auf ihrem Handelskonto ausführen lassen." Und ayondo ist bei weitem nicht der einzige Konkurrent. Brancheninformationsdienste listen inzwischen mehr als 30 größere Social Trading-Anbieter auf. Als führend wird von der Plattform SocialTradingGuru.com aktuell die bereits 2007 gegründete ZuluTrade aus den USA eingestuft. Wie also will sich SwipeStox von der Konkurrenz abheben? Bei SwipeStox folgt man einzelnen Trades. Jeder kann Trades eines anderen kopieren, genauso aber auch mit eigens erstellten Trades kopiert werden. Es sind soziale Interaktionen mit anderen lokalen oder globalen Tradern auf der Plattform möglich. Das soll den Community-Gedanken fördern und das übliche Schema mit dem Experten auf der einen Seite und dem Laien auf der anderen Seite durchbrechen. SocialTradingGuru.com schreibt darüber hinaus, mittels eines cleveren Algorithmus könne die Software erreichen, dass nur solche Trades angezeigt werden, die dem vom Trader hinterlegten Profil entsprechen. Diesen Ansatz habe man von Social Dating-Apps übernommen. Mein Eindruck nach der Eröffnung eines Demokontos bei SwipeStox-App: Die App ist gut gemacht. Man hat sofort ein virtuelles Startkapital von 2.500 Euro zur Verfügung, mit dem man virtuell traden kann. Fühlt man sich sicher kann man dann echtes Geld einbezahlen und real traden. SwipeStox ist sicher kein Fake. Man reagiert auf aktuellen Trends. Inzwischen lassen sich auch Bitcoins dort handeln. Trotzdem: Für eine neue Social Trading-Revolution reicht das bei weitem nicht. Will man wirklich durchstarten dann muss man hohe Summen in den Marketing-Bereich stecken. Soviel steht fest. Dieses Kapital muss natürlich irgendwo herkommen. Naga will nochmal 40 Millionen Euro einsammeln Und an diesem Punkt wird es spannend: Die Erlöse aus dem Börsengang selbst sind hier mit netto rund 1,7 Millionen Euro quasi nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Glaubt man dem Wachstumsmodell von SMC Research wird Naga in den nächsten eineinhalb Jahren ein ganz großes Rad drehen. "Wir haben in unserem Modell eine Platzierung mit einem Volumen von 10 Millionen Euro für das zweite Halbjahr 2017 und mit 30 Millionen Euro für 2018 unterstellt", heißt es auf Seite 22 der Analyse. Derartige Summen erscheinen angesichts des Mini-IPOs hoch ambitioniert und dürften viele überraschen. Aber Vorsicht: Ich habe mich in den letzten Monaten intensiver mit der Start-up-Szene beschäftigt und dabei gelernt, dass hier gerne mal sehr dick aufgetragen wird, auch von Analysten. Die Realität sieht dann häufig ganz anders aus. Erinnert sei an die desaströsen Entwicklungen bei Auden, über die ich in früheren Geldanlage-Reports ausführlich berichtet habe. Sowohl die Ankündigungen des Vorstands als auch die Analystenprognosen haben sich hier bisher als größenwahnsinnige Hirngespinste herausgestellt. Ob es bei The Naga Group anders kommen wird, dürfte vor allem davon abhängen, wie ernst es Großaktionär Fosun meint. Hinter Fosun steht Guo Guangcheng, einer der reichsten Männer Chinas. Er ist auf weltweiter Shopping-Tour und kauft sich ein Konglomerat an verschiedensten Unternehmen zusammen. Vergleiche zu Warren Buffetts Berkshire Hathaway werden bereits gezogen. Weitere Hintergründe zu Guo Guangcheng und Fosun gibt es in diesem Artikel der ARD Börse. Wichtig im Zusammenhang mit The Naga Group: Fosun hat in Deutschland die Traditionsbank Hauck & Aufhäuser gekauft. Die wiederum hat Naga beim IPO begleitet und bereits im Februar 2016 selbst in Naga investiert. Fosun legte dann mit einer Wandelanleihe in Höhe von 3,2 Millionen Euro nach. Inzwischen ist die Umwandlung in Aktien erfolgt. Nach Abschluss einer ganzen Reihe von Kapitalmaßnahmen wird Fosun 12,5 Millionen Euro in Naga investiert haben. Dafür gehören Fosun dann knapp 26 Prozent an Naga. Hauck & Aufhäuser ist über seinen Ableger FidesKapital mit 3,6 Prozent beteiligt. Interessant: Fides (und damit letztlich also Fosun) wurde eine bis Juli 2019 gültige Option eingeräumt, den Anteil auf 50 Prozent plus eine Aktie auszubauen, sprich: Die Mehrheit an The Naga Group zu erwerben. SMC sieht das - natürlich (die Studie ist im Auftrag von The Naga Group entstanden) - sehr positiv. Die Vereinbarung verdeutliche den hohen strategischen Stellenwert, den Fosun dem Engagement bei dem Fintech-Unternehmen beimesse. Dieser solle auch durch die operative Unterstützung untermauert werden. Fosun will Naga angeblich den Einstieg in den chinesischen Markt ebnen. Der chinesische Launch von SwipeStox soll bereits im dritten Quartal stattfinden und zunächst von Hongkong aus erfolgen. Später sei auch eine Niederlassung in Shanghai geplant. Fosun zahlt nur einen Euro pro Aktie Kein Wort verliert SMC allerdings über den Preis, den Fosun bezahlt. Für die noch nicht abgeschlossene Kapitalerhöhung über etwas mehr als 6,7 Millionen Aktien zahlen die Chinesen nämlich gerade mal einen Euro je Aktie! Der Einstieg über die Wandelanleihe war zu einer noch niedrigeren Bewertung erfolgt. Heißt also: Fosun hat nur rund 38 Prozent dessen bezahlt, was die freien Aktionäre beim IPO berappen mussten. Immerhin: Brutto fließen dann weitere 6,7 Millionen Euro an Naga. Allerdings lag die Nettofinanzverschuldung zum 31.03.2017 auch bei stattlichen 5,5 Millionen Euro. Die Liquidität war auf nur noch 464.000 Euro (S.118) gesunken. Auf der Aktivseite der Bilanz stehen vor allem immaterielle Werte (Goodwill), die durch den Kauf der Beteiligungen aufgebaut worden sind. Der Großteil dieser Finanzverschuldung (5,3 Millionen Euro) ist kurzfristiger Natur, also in weniger als zwölf Monaten fällig. Zwar muss nicht alles in Cash zurückbezahlt werden. 700.000 Euro davon sind z.B. Kredite von Seed-Investoren, die am 1. August fällig werden (S.132 Wertpapierprospekt) und die Naga in Form von 700.000 eigenen Aktien begleicht (auch die Seed-Investoren zahlen also nur einen Euro je Aktie). Trotzdem dürfte ein Teil des Geldes von Fosun für den Schuldendienst vorgehalten werden. Immerhin: Die netto 1,7 Millionen Euro aus dem IPO können zu je einem Drittel in Marketing, Softwareentwicklung und Geschäftsentwicklung fließen. All zu weit kommt man damit aber nicht. Alleine die Personalkosten lagen 2016 bei insgesamt über einer Million Euro. Die große Frage lautet also: Finden sich in 2018 wirklich Investoren, die bereit sind weitere 30 Millionen Euro in Naga zu pumpen? Und selbst wenn, zu welchem Kurs? Das wiederum hängt dann wohl vor allem von den operativen Fortschritten ab, die bis dahin erzielt worden sind. SMC kalkuliert für 2017 mit einem Umsatz für die Naga Group von 7,9 Millionen Euro bei einem satten operativen Verlust (EBIT) von 10,1 Millionen Euro. Alleine die Strukturkosten der Organisation und die Entwicklungskosten sollen sich auf zehn Millionen Euro summieren, während "der Marketingaufwand von den verfügbaren Finanzmitteln determiniert sein dürfte". Absurd optimistisch In 2018 soll es dann zu einer regelrechten Umsatz-"Explosion" auf - halten Sie sich fest - 51,9 Millionen Euro kommen, wobei sich gleichzeitig der EBIT-Verlust auf 12,3 Millionen Euro ausweiten soll. SMC geht davon aus, dass die Zahl der SwipeStox-Nutzer bis Ende 2018 auf 1,7 Millionen ansteigen und es 64.000 aktive HBGM-Konten geben wird. 26,9 Millionen Euro sollen mit SwipeStox umgesetzt werden. 25 Millionen Euro dann schon mit Switex. Die Geschäftsidee ist zwar vielversprechend. Noch ist die Plattform für den Handel mit virtuellen Gegenständen aus Computerspielen aber nicht freigeschaltet, obwohl das schon im zweiten Quartal der Fall sein sollte. Switex ist also quasi selbst nur virtuell bisher. Der Kaufpreis für 60 Prozent an Switex (die restlichen 40 Prozent hält die Deutsche Börse AG) betrug laut Wertpapierprospekt (S.121) gerade mal 16.000 Euro. Naga hat sich gegenüber der Deutschen Börse verpflichtet zur Finanzierung der Entwicklung mindestens zwei Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Hier besteht also nochmals Cashbedarf! Obwohl Switex erst in 2018 richtig anläuft kalkuliert SMC Research für 2018 schon mit 2,5 Millionen Usern und Gebühreneinnahmen in Höhe von 20 Euro je User und Jahr, womit man dann gemittelt über den Jahresverlauf auf die 25 Millionen Euro kommt. Aus meiner Sicht sind das fast absurd optimistische Annahmen für ein Projekt bei dem noch nicht einmal klar ist, ob es dafür wirklich eine Genehmigung gibt und inwieweit beispielsweise die Spielefirmen bereit sind mit Switex zu kooperieren. Nichtsdestotrotz skaliert SMC in seinen Annahmen für die folgenden Jahre munter weiter. In 2019 soll dann bei Umsätzen von 105 Millionen Euro das EBIT mit 7,8 Millionen Euro erstmals positiv werden. 2020 käme es demnach bei einer weiteren Umsatzsteigerung um 50 Prozent auf 157 Millionen Euro zu einer EBIT-"Explosion" auf 42,3 Millionen Euro. Selbst dann würde der Gewinn pro Aktie auf Grund der zu diesem Zeitpunkt ja dramatisch angestiegenen Zahl ausstehender Aktien aber nur bei 0,38 Euro liegen. Die ganze Analyse gibt es kostenlos hier. Die Tatsache, dass SMC dann am Ende auf Basis einer anteilsmäßigen Berücksichtigung des herangezogenen Discounted Cashflow-Modells und eines Peer Group-Vergleichs trotzdem "nur" auf ein Kursziel von 4,60 Euro kommt, zeigt wieviel Fantasie bei einem Preis von 2,60 Euro bereits beim IPO eingepreist war. Ganz zu schweigen vom aktuellen Kursniveau. Wieso es trotzdem zur Kursexplosion kam Durch das Mini-IPO wurde künstliche Knappheit generiert. Alleine schon die Insider, die gekauft haben (siehe auch Dealings) dürften wohl ein paar hunderttausend Stück gezeichnet haben. Insofern ist es kein Indiz für die Attraktivität des Unternehmens wenn Naga berichtet, dass das IPO mehrfach überzeichnet war. Von den insgesamt 21 Millionen (bzw. bald 40 Millionen) Aktien sind ja nur eine Million angeboten worden. Wenn die Insider ihre Stücke zunächst behalten (der Großteil der alten Aktien ist ohnehin mit einer Lock-up-Frist von sechs Monaten versehen), gleichzeitig aber kräftig getrommelt wird (z.B. via Der Aktionär-Videointerview etc.), reichen wenige Kauforders, um die Aktie in die Höhe zu treiben. Kurzfristig bestimmen eben auch an der Börse alleine Angebot und Nachfrage den Preis. Und steigende Kurse locken dann die Zocker an, die gerne nach der Greater Fool-Theorie traden: Man kauft eine steigende Aktie bewusst über Wert, weil man davon ausgeht, dass sich bestimmt jemand findet, der sie einem dann zu einem noch höheren Kurs wieder abkauft. Kostolany würde sagen: der also ein noch größerer Dummkopf als man selbst ist. Aktien können so kurzfristig in kaum für möglich gehaltene Kursdimensionen steigen. Natürlich ist das ein gefährliches Spiel. Wenn die Musik irgendwann aufhört zu spielen, dann wollen alle auf einmal zum Ausgang. Wie schnell das gehen kann zeigt der Kursverlauf der Naga Group-Aktie vor dem IPO bei Tradegate: Innerhalb von neun Handelstagen ging es von 3,00 Euro auf 12,40 Euro. Um dann wieder auf 3,00 Euro zu fallen hat die Aktie dann nur fünf Tage gebraucht. The Naga Group (ISIN: DE000A161NR7) | | WKN / Kürzel | Börsenwert | KGV 17e/18e | Kurs | A161NR / N4G | 220 Mio. EUR | neg. / neg. | 10,46 EUR | Was das Unternehmen damit bezwecken will Nun könnte sich nach dem IPO Ähnliches wiederholen. Die Aktie ist von Anfang an ein reiner Spielball der Zocker. Dafür braucht man allerdings kein Mitleid mit dem Unternehmen haben. Dahinter steht Absicht! Nur einen extrem geringen Anteil der insgesamt vorhandenen Aktien beim Börsengang anzubieten, ist eine inzwischen leider gängige Strategie bei Börsenneulingen geworden, speziell im Techbereich. Warum? Je höher der Aktienkurs gehalten werden kann (durch Analystenempfehlungen, gutem Newsflow etc.), um so leichter wird eine nochmalige Kapitalerhöhung möglich sein. Und: Je höher der Aktienkurs, um so weniger neue Aktien müssen ausgegeben werden, um den Betrag X einzunehmen. In den USA gibt es einige Beispiele von Firmen, denen es in den letzten Jahren gelungen ist, dank dieser Strategie relativ große Kapitalerhöhungen zu einem Kurs zu platzieren, der objektiv eigentlich nicht zu rechtfertigen war. Beispiele sind Uni-Pixel oder jüngst Energous. Ob das Naga auch gelingt, bleibt abzuwarten. Ein Risikofaktor ist die Vergangenheit von Qureshi. Aktuell laufen Ermittlungen der Staatsanwalt gegen die Varengold-Bank, die einen Zeitraum betreffen, in dem Qureshi CEO war. Hier ein Link dazu. Auch das Handelsblatt berichtete am Donnerstag darüber. MEIN FAZIT: The Naga Group ist aus meiner Sicht ein "Me-too"-Anbieter, also ein Nachzügler, im mittlerweile fast überfüllten Social Trading-Segment. Die Alleinstellungsmerkmale dürften kaum ausreichen, um sich gegen die Platzhirsche zu behaupten. Eine kleine Chance hat das Unternehmen, wenn der finanzkräftige chinesische Großaktionär Fosun wirklich hohe Summen in Naga pumpen sollte und/oder Switex, die Handelsplattform für virtuelle Gegenstände aus Computerspielen, zu einem Überraschungserfolg werden sollte. Naga hat es geschafft durch eine extreme Verknappung der beim IPO angebotenen Stücke einen künstlichen Kurshype zu generieren. Für Kleinanleger und Zocker gilt: Wer jetzt aussteigt hat alles richtig gemacht. Käufe sollten Sie auf jeden Fall unterlassen. Aktuell ist die Bewertung der Aktie absurd hoch. Hinweispflicht nach §34b WpHG: Die Geldanlage-Report-Redaktion ist in folgenden genannten Wertpapieren / Basiswerten zum Zeitpunkt des Publikmachens des Artikels langfristig investiert: Talanx, Deufol, Progresswerk Oberkirch, Aurubis. Es kann daher ein Interessenskonflikt vorliegen. Die in diesem Artikel enthaltenen Angaben stellen keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar.
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