| Guten Morgen, ein ordentlicher Praxisanteil bereichert bekanntlich jedes gute Studium (vielleicht mit Ausnahme so mancher Geisteswissenschaft, aber das ist ein anderes Thema). Berliner Studierende jedenfalls bekommen jetzt die besondere Gelegenheit, Pandemiealltag im Anschauungsunterricht zu erleben: „Aufgrund der exponentiell zunehmenden Infektionszahlen mit der Omikron Variante sind die Berliner Labore sehr stark belastet und können ihre PCR-Kapazitäten nicht mehr oder nur in geringem Maße steigern. Ein wesentlicher Faktor sind die begrenzten Kapazitäten an Personal“, heißt es in einem Schreiben der Gesundheitsverwaltung an die Präsidenten der drei Berliner Unis, das dem Checkpoint vorliegt. Gesucht werden „Studierende und/oder Mitarbeitenden der folgenden Studienrichtungen: Biologie, Biochemie, Bioinformatik, Biotechnologie, (Human)Medizin und ähnlichen Studiengängen sowie Personal mit Laborerfahrung“. Mit weiteren 45 Vollzeit-Menschen zur temporären Unterstützung bei Probenannahme, Datenerfassung und Analytik „könnten die wöchentlichen Kapazitäten um ca. 28.000 PCR-Tests gesteigert werden“. Die werden dringend gebraucht, wie Gesundheitssenatorin Ulrike Gote gestern nach der Senatssitzung einmal mehr referierte („Die Nachfrage nach Tests wächst gewaltig“). Mehr Infektionen ergeben mehr Tests, die finden mehr Infektionen, die wiederum mehr Tests… die Kontaktnachverfolgung ist längst unmöglich geworden, was erste Bezirke nun auch endlich eingestehen (CP von gestern). Zwar hat Berlin innerhalb in der vergangenen Woche fast viermal so viele Tests durchgeführt wie vor einem Monat (in landeseigenen Testcentern von 9826 auf 32.197 Tests/Woche, in privaten von 3181 auf 14.763; Gote: „Das ist schon enorm“). Doch auch wenn alle Studenten zum Abstreichen antreten, wird Berlin Abstriche machen müssen: „Es ist klar, dass wir am Ende nicht genug PCR-Tests für alle haben werden nach dem Verfahren, wie wir es bisher kennen“, sagte Gote. Deswegen heißt Freitesten jetzt Schnelltesten. Alles klar? Oder wie die Regierende Bürgermeisterin es ausdrückte: „Heute sind die nachholenden Beschlüsse gefasst worden, die dritte Verordnung zur Änderung der vierten Sars-Cov-2-Infektionsschutzmaßnahmenverordnung.“ Da musste sie selbst etwas schmunzeln, sie hätte es vermutlich lieber Gutes-Pandemiebekämpfungs-Gesetz genannt. Aber auch wenn Giffey minutenlang in einem rot eingebundenen Notizbuch nach Antworten suchte, ist die Kommunikation im Vergleich zum Vorjahr einigermaßen erfrischend. Während Müller in wichtigen Pandemiemomenten gern mal einen fachsimpelnden Finanzsenator in die PK schickte oder die fahrige Verkehrssenatorin, saßen Giffey und Gote nun bereits die dritte Woche in Folge vor der blauen Berliner Wand – und werden wiederkommen. „Wir sind nach wie vor in einer Situation, in der wir nicht vom über den Berg sein sprechen können“, sagte Giffey, „wir können eigentlich noch nicht mal davon sprechen, dass wir schon am höchsten Punkt des Berges angekommen sind.“ Neukölln, bekannt für seine bergigen Landschaften, hat nun bundesweit die höchste Inzidenz. Und nebenan in Brandenburg (auch da soll’s Berge geben) gelten in drei Kreisen (Havelland, Teltow-Fläming und Potsdam) jetzt nächtliche Ausgangssperren für Ungeimpfte. Gilt auch für Studierende und Bergwanderer. | |