| | | | | 6. April 2025 | | Prantls Blick | | Die politische Wochenschau | | | |
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| | | Prof. Dr. Heribert Prantl | | | |
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| | | Marine Le Pen hat Europa betrogen. Sie hat gegen Europa agitiert â aber gleichzeitig europäische Gelder in Millionenhöhe kassiert und veruntreut. Sie wütet, weil sie deswegen verurteilt worden ist. Sie wütet gegen die Verurteilung, sie wütet gegen die Strafe, sie wütet gegen die französische Justiz, sie wütet gegen das Gesetz, sie wütet deswegen, weil es für sie so gilt wie für jeden anderen. Le Pen hat sich ihr politisches Leben lang über eine zu lasche Justiz beklagt; jetzt, da es um sie selbst geht, ist ihr das Gesetz viel zu streng und die Justiz viel zu hart. Die 56-jährige Len Pen ist eine falsche Fuffzigerin. Sie, ihre RechtsauÃen-Partei und autokratische Unterstützer wie Trump, Putin und Orbán beklagen sich laut und lärmend über ein angeblich politisches Urteil. Das ist falsch. Es handelt sich nicht um ein politisches Urteil, sondern um ein Urteil gegen eine Politikerin, die über Jahre Straftaten begangen hat. Es handelt sich um ein Urteil gegen eine Politikerin, die kriminell geworden ist. Die Beweislage ist erdrückend. Das Urteil bringt zum Ausdruck, dass Politikerinnen und Politiker nicht über dem Gesetz stehen - auch dann nicht, wenn sie sehr populär sind. Le Pen nutzt nun diese ihre Popularität, um gegen die Justiz zu hetzen und damit von ihrem eigenen kriminellen Fehlverhalten abzulenken. Sie unterstellt vielmehr der Justiz ein kriminelles Fehlverhalten, weil sie so geurteilt hat, wie das im Gesetz vorgesehen ist: Das Gericht in Paris hat Marine Le Pen unter anderem die Wählbarkeit, also das passive Wahlrecht, für fünf Jahre entzogen. Weder gute Umfragen noch gute Wahlergebnisse sind Waschanlagen für Politiker Das ist eine sogenannte Nebenstrafe, die neben der sogenannten Hauptstrafe (die lautet auf Haft und Geldstrafe) verhängt wurde. Für Le Pen ist freilich diese sogenannte Nebenstrafe die Hauptstrafe â weil sie, wenn dieses Urteil Bestand hat, im Jahr 2027 nicht für die Präsidentschaft in Frankreich kandidieren kann. Das Gericht hat die sofortige Wirksamkeit dieser Nebenstrafe angeordnet. Das heiÃt: Eine Berufung hat keine aufschiebende Wirkung. Das ist keine giftige Laune des Gerichts, das ist kein böswilliger richterlicher Tort. Auch das, also die sofortige Vollziehung dieser Nebenstrafe, ist nämlich im französischen Gesetz aus dem Jahr 2016 so vorgesehen. Das hatte und hat den Sinn, angesichts einer Reihe von einschlägigen Betrugs-, Veruntreuungs- und Korruptionsdelikten wieder für die Lauterkeit der Politik zu sorgen. Es steht nicht im Ermessen der Richter, die sofortige Vollziehbarkeit ist eine âObligationâ, also obligatorisch anzuordnen. Ganz ausnahmsweise hätte das Gericht âin Anbetracht der Umstände und der Persönlichkeit des Tätersâ vom Entzug des passiven Wahlrechts absehen können. Hätte das Gericht das getan â dann hätte man wegen dieser Privilegierung von einem politischen Urteil reden können. Die besonderen Umstände des Falls Le Pen sind nämlich besonders negativ: Le Pen hat die erwiesene Veruntreuung von Millionengeldern aggressiv geleugnet und stattdessen den Strafprozess gegen sie als Anschlag auf die Demokratie bezeichnet. Sie hat sich also kraft ihrer Umfragewerte über den Rechtsstaat erhoben. Was das bedeutet und wie der Rechtsstaat auch in Deutschland darauf reagieren muss, dazu schreibe ich heute in meinem SZ-Plus Text: | |
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| | | Die politische Selbstzerstörung der Marine Le Pen | | |
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| Das Gericht in Paris hat Marine Le Pen nicht härter bestraft, als sie andere hochrangige Politiker wegen einschlägiger Delikte bestraft hat: Alain Juppé, Bürgermeister von Bordeaux, ehemaliger Premierminister und Bewerber um die französische Präsidentschaft, wurde 2004 wegen Vorteilsnahme mit 18 Monaten Haft und zehn Jahren Unwählbarkeit bestraft. Und François Fillon, Minister in verschiedenen Kabinetten, Premierminister unter Präsident Sarkozy und Präsidentschaftskandidat, wurde 2020 wegen Veruntreuung staatlicher Gelder zu fünf Jahren Haft und zehnjähriger Unwählbarkeit verurteilt. Fillon hat sich, anders als Le Pen, schuldeinsichtig gezeigt: âEs war ein Fehler und ich entschuldige mich bei den Franzosen.â Die politische Karriere dieser Verurteilten war zu Ende. Von Le Pen ist kein einziges Wort der Entschuldigung zu hören. Sie will sich als Opfer präsentieren und so die Wähler über den Tisch ziehen. Die 56-Jährige ist eine falsche Fuffzigerin. Ich wünsche mir Politiker, die keinen Dreck am Stecken haben. Ich wünsche mir Politiker, die nicht versuchen, den Dreck am Stecken von den Wählern wegputzen zu lassen. Weder gute Umfragen noch gute Wahlergebnisse sind Waschanlagen für Politiker. Ich wünsche Ihnen eine gute Woche, ich wünsche uns allen einen Frühling für die Demokratie und den Rechtsstaat | |
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| Heribert Prantl | | Kolumnist und Autor der Süddeutschen Zeitung |
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| | | | | | | | | Die Abgründe im Vatikan | | Es gab gewaltige Erwartungen, damals, vor zwölf Jahren, nach seiner Wahl zum Papst. Es gab die Erwartungen, dass Franziskus die drängenden innerkirchlichen Fragen mit einem Machtwort beantworten wird: der Zölibat, die Rolle der Frauen in der Kirche, die Sexualmoral. Wird es geweihte Frauen, wird es verheiratete Priester geben? Papst Franziskus hat das Machtwort nicht gesprochen. Vielleicht weil der Widerstand des Apparats, der Kurie zu groà war; vielleicht auch, weil Franziskus bei den innerkirchlichen Reformen die Klarheit nicht hatte, die ihn, wenn es um solidarische Ãkonomie und die Todsünden des Kapitalismus ging, zur Radikalität trieb; vielleicht auch, weil er wusste, dass Machtworte oft nur Zeichen von realer Ohnmacht sind. Die Konservativen, und es sind viele, haben sich immer wieder sehr gut gegen den Papst und gegen Reformen organisiert. Die Reformer haben den lateinamerikanischen Papst zu wenig unterstützt. Marco Politi, ein groÃer Vatikan-Spezialist, Journalist und Buchautor, beschreibt in seinem neuen Buch die Abgründe im Vatikan, er beschreibt einen Bürgerkrieg in der Kirche. Wie geht es weiter? Quo vadis? Wer Auskunft darüber haben will, der liest Marco Politis Buch mit groÃem Gewinn. Marco Politi: Der Unvollendete. Franziskus' Erbe und der Kampf um seine Nachfolge. Das Buch ist im Verlag Herder erschienen, es hat 237 Seiten und kostet 22 Euro.
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| | | | | Eine Reise ins Blaue | | Rügen ist nicht einfach nur eine Urlaubsinsel, âes ist die Seelenlandschaft der Deutschenâ. So bezaubernd und märchenhaft beschreibt die Kollegin Ulrike Nimz in der SZ ihre Reise ins Blaue. Kein Märchen ist es aber, dass hier die AfD die Bundestagswahl gewonnen hat. Sie ist die stärkste Partei auf Rügen. Das gröÃte und beliebteste Ostseebad dort ist Binz, wo seit vierzehn Jahren Karsten Schneider parteiloser Bürgermeister ist. Mit ihm und vielen anderen, mit Gästen, Urlaubern und Einheimischen, hat Ulrike Nimz geredet und eine wunderbar spannende, aufschlussreiche und zugängliche Seite Drei geschrieben: âWarum wählen so viele eine mehrheitlich rechtsextreme Partei, ausgerechnet hier im Paradies?â Und welche Folgen hat das? Lesen Sie diese literarische Reportage. Es lohnt sich. | | | |
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| | | | | Meinung | | Kommentare, Kolumnen, Gastbeiträge und Leserdiskussionen im Ãberblick | |
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