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Tagesspiegel Checkpoint vom Dienstag, 15.10.2019 | Leicht bewölkt und weiterhin mild, max. 20°C. | ||
+ Gutachter hält Mietsenkungen für verfassungswidrig + Tagesspiegel-Debatte über AfD-Zentrale in Spandau + Studentinnen erstatten Strafanzeige gegen HU-Professor Baberowski + |
von Ann-Kathrin Hipp |
Guten Morgen, während Berlin brodelt, will sich der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) in Singapur nicht weiter zum Mietendeckel äußern. Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke) lässt mitteilen, dass man in der Senatssitzung am heutigen Dienstag eine „ergänzende Besprechungsunterlage“ erörtern werde. Die finale Entscheidung soll in der kommenden Woche fallen. Am 22. Oktober will R2G den Gesetzentwurf beschließen. –––––– Zeit für ein weiteres Gutachten. –––––– Von der Senatskanzlei beauftragt schreibt Staats- und Verwaltungsrechtler Ulrich Battis: Ein auf fünf Jahre befristeter Mietenstopp sei „als Teil eines wohnungspolitischen Konzepts zur Wiederherstellung eines ausgeglichenen Wohnungsmarktes“ von der Gesetzgebungskompetenz des Landes gedeckt. Die Absenkung von Mieten und die Festlegung von Mietobergrenzen hingegen, wie sie im aktuellen Gesetzentwurf festgelegt sind, hält er für verfassungswidrig, eine „rechtssichere Reparatur bis Anfang 2020“ für nicht leistbar. Der Gesetzesvollzug sei vor Ende 2020 nicht zu erwarten, analysiert Battis. Zu einem „schlüssigen Gesamtkonzept“ gehörten außerdem: eine besser organisierte Bauverwaltung, die Aktivierung von Flächenpotenzialen und die Realisierung der Landesplanung mit Brandenburg und Bundesratsinitiativen zum Planungs- und Städtebaurecht. „Vorschläge gibt es genug.“ | |||||
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Ex-Pirat und seit Mai auch Ex-SPDler Christopher Lauer sagt: „Die SPD sollte ihr Online-Voting zum Parteivorsitz sofort beenden.“ Hauptkritikpunkt I: Jede Person, die Zugriff auf die Geburtsdaten und Mitgliedsnummern von SPD-Mitgliedern hat, kann sich authentifizieren und abstimmen. Hauptkritikpunkt II: Die Abstimmungsdatenbank ist eine riesengroße Black Box, anfällig für Phishing oder Hackerangriffe. Fazit: „Die SPD würde ihre Briefwahlstimmen nicht an einen Dienstleister auslagern, der der SPD versichern würde, dass er die Stimmen korrekt auszählt, ohne dass die SPD nachvollziehen kann, ob er das auch tatsächlich tut. Genau das macht die SPD aber gerade bei ihrer Online-Abstimmung.“ Es kommentiert Vorsitzkandidatin Saskia Esken auf Twitter: „Lieber Christopher, ich habe die Software nicht ausgesucht. Wahlen würde ich grundsätzlich nicht digital durchführen. Bei zwei Mitgliederbefragungen und >430T Mitgliedern spielen eben auch die Kosten eine erhebliche Rolle.“ Es kommentiert ein SPD-Sprecher auf Checkpoint-Nachfrage: Man sei sich der Schwierigkeiten durchaus bewusst, lege allerdings Wert „auf eine sichere Online-Abstimmung“. „Das Verfahren wurde intensiv anhand mehrerer Testdurchläufe geprüft. Wir sind gut aufgestellt.“ Und: „Es haben sich viele ältere Mitglieder für das Onlineverfahren registriert. Auch mehr als 250 Mitglieder über 90-Jahren. Das finden wir ziemlich cool.“ Damit zurück nach Berlin. | |||||
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Telefonat mit Raed Saleh am Montagabend: „Mir geht das permanente, anonyme Rumgehetze im Netz auf die Nerven“, sagt der SPD-Fraktionschef. „Mich kotzt es an, dass sich Leute den echten Debatten nicht mehr stellen. Ich möchte in der Sache streiten. Von Angesicht zu Angesicht. So, wie es sich für eine Demokratie gehört“. Was war passiert? Die AfD hat ein Bürogebäude in Spandau als potentiellen neuen Standort für ihre Bundes- und Landesgeschäftsstelle ausgemacht. Der Standort beherbergte bis 1987 das Kriegsverbrechergefängnis, in dem unter anderem Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß untergebracht wurde (und mutierte später zum Nazipilgerort). Belasteter Boden. Dass sich die Partei ausgerechnet dort ansiedeln will, nennt Saleh dem Tagesspiegel gegenüber „perfide und fast schon makaber“ und sagt: „Wir brauchen keine Faschisten in Spandau.“ Was folgt, ist massive Kritik in den Kommentarspalten. „Der verzweifelte Versuch des Herrn Saleh Wählerstimmen zu gewinnen.“ (InspectorBarneby) / „Saleh sollte mal googlen was Demokratie ist!“ (_rentier_) / „(...) die SPD bietet sich da immer an und hat selbst Adolf den Teppichbeisser an die Macht geholfen (und sei es nur durch Enthaltung, statt Nein).“ (uschatko) / „(...) Raed Saleh mit Schaum vor dem Mund. Großes Kino im Westen der Stadt... und ein schönes Zeichen der Ratlosigkeit in der Havelstadt!“ (Kapitel) (...) (...) (...) Aus Gründen folgender Spontan-Vorschlag: Wir starten eine Debatte. Keine anonyme, eine echte. Raus aus der virtuellen Welt, rein in 60 Minuten Wirklichkeit. Sich gegenüber sitzen, reden lassen, zuhören, sprechen, streiten. Einander verstehen oder auch nicht. An diesem Freitag, um 17 Uhr 30, im Tagesspiegel-Verlagshaus am Askanischen Platz. Jeder und jede, der die Möglichkeit nutzen will, im wahren Leben die Wut, Hass oder Enttäuschung loszuwerden, die er oder sie andernfalls im Netz ablädt, ist eingeladen. „Ich bin überzeugt, ich habe die besseren Argumente, die erklären können, warum dieser historisch belastete Ort kein Platz für die AfD ist“, sagt Raed Saleh. „Ich will nicht, dass die Höckes, Weidels und Gaulands dieser Welt dort ein- und ausgehen.“ Anmeldungen (inklusive kurzer Begründung) nehmen wir unter Checkpoint@tagesspiegel.de entgegen. Demokratie lebt vom Streit. | |||||
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„Die Rebellion geht weiter“, schreibt Extinction Rebellion und lädt am heutigen Dienstag zur Pressekonferenz. Der Checkpoint hat schonmal vorab nachgefragt: „Jetzt geht es erst richtig los“, sagt Sprecher Tino Pfaff. Um die 500 RebellIinnen seien derzeit noch in Berlin unterwegs und „fit für kommende Einsätze“. Um dem bisherigen Kernteam eine Pause zu gönnen, werde die interne Orga aktuell rundumerneuert, bevor es dann zur Mitte der Woche neue Aktionspläne gebe. „Wir haben bereits viel erreicht“, sagt Pfaff. Trotzdem zeigten die fehlenden Reaktionen der Politik, dass die „Demokratie in einer Krise steckt“. | |||||
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Vor wenigen Wochen erzählten Kollege Julius Betschka und ich im Tagesspiegel die Geschichte von Nicolae Caraus. Der Moldawier putzte ohne Arbeitserlaubnis in Berlin Schulen, wurde nicht bezahlt und landete auf der Straße. Das vom Bezirksamt Reinickendorf beauftragte Unternehmen hatte illegaler Weise ein Subunternehmen beauftragt. Auf Nachfrage teilt eine Sprecherin jetzt mit: Man werde ab 2020 nicht mehr mit Clean Garant zusammenarbeiten. Eine sofortige Kündigung sei „aufgrund der nur noch kurzen Vertragslaufzeit nicht möglich“, allerdings verzichtet das Bezirksamt auf die Option einer Verlängerung der Verträge. Also das Mindeste. | |||||
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Politische Gefechte und große Beleidigungen: Zwei studentische Vertreterinnen im Akademischen Senat der Humboldt-Universität haben gegen HU-Professor Jörg Baberowski Strafanzeige erstattet und eine Dienstaufsichtsbeschwerde eingereicht. Als „unfassbar dumm“ und „linksextreme Fanatiker“ hatte der Historiker Bafta Sarbo und Juliane Ziegler in einem Facebook-Post vom 19. August bezeichnet, nachdem sie sich in einem „Deutschlandfunk“-Beitrag kritisch geäußert hatten. Der Post ist inzwischen gelöscht. In dem Beitrag ging es um Baberowskis geplantes Zentrum für Diktaturforschung, das vorerst gescheitert ist. Sarbo und Ziegler hatten den Professor wegen seiner Aussagen zur Flüchtlingspolitik kritisiert und bezweifelt, dass das Zentrum mit den Prinzipien der Universität von Antidiskriminierung und Diversität vereinbar sei. Darauf bestehend, dass seine Antwort „vollständig“ zitiert wird, schrieb Jörg Baberowski auf Checkpoint-Anfrage: „Frau Sarbo hat am 2.9.2019 auf Twitter einen Tweet als ‚sehr gut‘ bezeichnet, der lautete: ‚Wir sagen natürlich, die Springer-Journalisten sind Schweine, wir sagen, der Typ an der Tastatur ist ein Schwein, das ist kein Mensch, und so haben wir uns mit ihm auseinanderzusetzen… und natürlich kann geschossen werden.‘ Deswegen wird nun vom Staatschutz gegen sie ermittelt. Sie ist also nicht nur keine Demokratin, sie hat auch ein gestörtes Verhältnis zur Presse- und Meinungsfreiheit. Sie scheint offenbar auch nicht zu begreifen, dass Äußerungen dieser Art als ‚unfassbar dumm‘ und ‚linksextremistisch‘ bewertet werden müssen. Sie selbst liefert fast jeden Tag neues Beweismaterial für diese Einschätzung. Im übrigen sind meine Äußerungen von der Meinungsfreiheit gedeckt.“ Von Bafta Sarbo wiederum heißt es: „Dass der Staatsschutz wegen eines Retweets gegen mich ermittelt, wäre mir neu. Die Antwort auf den Tweet war bezogen auf die humoristische Aufarbeitung eines Zitates, das mir bekannt war. Dies war eine explizit humoristisch-polemische Reaktion auf einen rassistischen Artikel in der Bildzeitung. Dieser Tweet steht in keinem Zusammenhang zu dem im Deutschlandfunk geäußerten Einschätzungen zu Herrn Baberowski. (…) Wenn ich mir einmal so anschaue, mit was für Personen Herr Baberowski sich umgibt, bezweifle ich stark, dass er die Fähigkeit besitzt, zwischen Demokraten und Nicht-Demokraten zu unterscheiden. (...)“ Die Dekanin der philosophischen Fakultät,Gabriele Metzler, will sich zu den aktuellen Entwicklungen vorerst nicht weiter äußern und ein heute stattfindendes Gespräch mit den Studentinnen abwarten. Tee kann sicher nicht schaden. | |||||
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