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Tagesspiegel Checkpoint vom Mittwoch, 17.06.2020 | Sonne und Wolken wechseln sich ab bei 27°C. | ||
+ Das Coronavirus erreicht die Neuköllner Mietskasernen + Berlin will die Kontaktbeschränkungen aufheben + Der Senat drängt bei der Aufnahme von Flüchtlingen auf Einlenken der Bundesregierung + |
von Julius Betschka |
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Guten Morgen, es scheint ganz einfach: Ob es eine zweite Pandemie-Welle gibt, bestimmen wir. So hat es Charité-Chefvirologe Christian Drosten in der Senatssitzung am Dienstag gesagt. „Und die kann auch schwer werden. Die Gefährlichkeit des Virus hat nicht nachgelassen“, ergänzte er. Drosten warnt zur rechten Zeit, nachdem Gesundheitsminister Jens Spahn die Pandemie kürzlich mit dem Satz „Eine zweite Welle, das Risiko sehe ich nicht“ quasi für beendet erklärt hatte. Die Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit erklärte am Abend: „Die Gesamtfallzahl der 24. Meldewoche ist deutlich höher als die der vier Vorwochen und wird sich durch Nachmeldungen in den nächsten Tagen noch weiter erhöhen.“ | |||||
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Diese Pandemie ist nicht vorbei. In Neukölln stehen zurzeit 369 Haushalte mit jeweils bis zu zehn Personen unter Quarantäne, insgesamt 13 Häuser an sieben verschiedenen Standorten, 57 Menschen wurden dort positiv auf das Coronavirus getestet – hunderte Tests stehen noch aus. Bei Kindern aus acht Schulen und einer Kita-Gruppe zeigte sich eine Covid-19-Infektion. Weil die Schulen offenbleiben sollen, entschieden die Neuköllner Verantwortlichen die Infektionen zurückzuverfolgen und fanden ganze Hausgemeinschaften infiziert. Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) warnt: „Vom Skiclub ist das Virus jetzt in der Mietskaserne angekommen.” Berlins Ischgl, das steckt in dieser Aussage, könnte Neukölln werden. Die „beengten Wohnverhältnisse“ der Ärmsten mit vielen Kindern, wie im betroffenen Wohnblock, begünstigen, dass sich das Virus rasch verbreitet. Es trifft die Menschen am Schlimmsten, die ohnehin oft zurückbleiben. Eine am Montag veröffentlichte Studie des Uniklinikums Düsseldorf belegt: Das Risiko von Hartz-IV-Empfängern wegen des Coronavirus ins Krankenhaus zu gelangen, ist um 84 Prozent erhöht, für ALG-1-Empfänger liegt das Risiko um 17,5 Prozent höher als im Durchschnitt. Vor dem Virus sind nicht alle gleich. | |||||
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Manche Berliner scheinen sich trotzdem für gleicher zu halten: Immer mehr Menschen verzichten darauf, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. 78 Prozent waren es in der vergangenen Woche nur noch, rechnet die BVG aus. An Haltestellen von Bus und Straßenbahn trägt nur noch jeder Dritte (30 Prozent) etwas Stoff vorm Gesicht. Vor allem junge Männer – das ist meine Beobachtung – tragen deutlich weniger Maske als der Rest. Seit der jüngsten Lockerung der Corona-Regelungen sei die Tragequote um noch einmal fünf Prozentpunkte gesunken. BVG-Sprecherin Petra Nelken sagt, dass das Sicherheitspersonal teils „sehr aggressive Reaktionen“ erlebe, wenn auf die Maskenpflicht hingewiesen wird. Während die BVG deshalb tut, was sie am Besten kann und Social-Media-Kacheln bastelt, konnte sich der Senat nicht auf stärkere Kontrollen der Maskenpflicht oder gar Bußgelder einigen. Während die SPD geschlossen dafür ist (überraschend einhellig vom Regierenden Bürgermeister bis zum Fraktionschef), lehnen Grüne und Linke beides eher ab. Die Pflicht darf weiter zum Hobby verkommen. | |||||
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Das Motto im Senat lautet: „Wir wollen so viel Normalität wie möglich”. Deshalb wurde am Dienstag weitere Lockerungen der Corona-Regeln angekündigt. Was sich ändert: Die mehr als 20 Seiten lange (und immer schwerer durchdringbare) Eindämmungsverordnung mit dem wundervollen Namen „SARS-CoV-2-EindmaßnV“ soll einer schlanken Infektionsschutzverordnung mit 15 Paragraphen weichen. Für mehr Durchblick. Ab dem 25. Juni soll nur noch der Mindestabstand von 1,50 Metern und das Tragen von Masken im Bus, Bahn, Einzelhandel oder Restaurants gelten. Das Kontaktverbot, nach dem sich maximal fünf Personen oder Mitglieder zweier Haushalte treffen dürfen, soll entfallen. Es hielt sich wohl ohnehin niemand mehr daran. Die Platzbeschränkungen im Einzelhandel werden gelockert: Statt 20 Quadratmetern müssen pro Kunde nur noch 10 Quadratmeter Platz sein. Veranstaltungen in geschlossenen Räumen werden ab 25. Juni mit bis zu 300 Teilnehmern gestattet, ab August wird auf 500 erhöht, ab Oktober dürfen bis zu 1000 Menschen zusammenkommen. Gute Nachrichten für feierwütige Abiturienten. Lockerung der Reise-Quarantäne: Wer aus Nicht-EU-Ländern oder Schweden nach Deutschland einreist, muss zwar weiterhin in 14-tägige Quarantäne. Schon ein negativer Covid-19-Test reicht aber künftig, um daraus entlassen zu werden. So weit, so locker. | |||||
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Immer lockerer, lauter, lustiger ging es zuletzt im Gleisdreieckpark in Kreuzberg zu: Nach den außer Kontrolle geratenen Feiern an den vergangenen Wochenenden wurde gestern wieder zu einer Party aufgerufen. „Kommt vorbei, bringt Freunde und Alkohol mit“ und „Ganz Berlin kann kommen“, hieß es auf Instagram. Diesmal reagierte die Berliner Polizei schnell: „Unsere Kolleginnen und Kollegen werden der Einladung folgen und auf Einhaltung der Covid-19-Regeln achten“, schrieb das Social-Media-Team. Und weiter: „Superspreading-Events braucht niemand“. Laut Polizei blieb es ruhig. Den Anwohnern reicht’s, deshalb kam am Wochenende der radikale Vorschlag auf, den Park nachts abzuschließen (CP von gestern): bloß kein zweiter Görli! Dem Checkpoint liegt nun ein weiterer Offener Brief vor. Darin schreiben Anrainer: „Kürzlich wurde die Bezirksbürgermeisterin, Monika Herrmann, zitiert, sie würde spätabends aus Angst nicht durch einen Park gehen. Viele Menschen würden aber gern abends noch eine angstfreie Parkrunde drehen oder ihren Heimweg per Rad durch den Park abkürzen. Und eben morgens weder Laubbläser zur Reinigung noch Scherben-Slalom ertragen müssen.“ Auf Checkpoint-Anfrage erklärte das Grünflächenamt Friedrichshain-Kreuzberg, man sei nicht zuständig, die Parkaufsicht liege bei der landeseigenen Grün Berlin GmbH. Die antwortete den Anwohnern auf ihren Brief: Das Hausrecht liege beim bezirklichen Grünflächenamt, dieses müsse Verstöße gegen das Hausrecht ahnden. Ja, wie denn nun? Um es noch komplizierter zu machen, antwortete das bezirkliche Ordnungsamt: Der Park werde eigentlich von Grün Berlin betreut und nachts könne eh nur die Polizei helfen. Klassischer Fall von: Behördenpingpong, das Musical. | |||||
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Weiter geht‘s mit Richtigem: Andreas Geisel kritisiert seinen Amtskollegen auf Bundesebene, Innenminister Horst Seehofer. Wie berichtet hat der Senat nach langem Ringen mit einer Aufnahmeverordnung beschlossen, 300 Geflüchtete aus griechischen Lagern aufzunehmen. „Dass Deutschland bislang 47 Flüchtlinge aufgenommen hat, ist unzureichend. Deutschland kann mehr. Wir sind unseren humanitären Werten verpflichtet und sollten auch mehr tun“, sagte Geisel. Dreimal sei das Berliner Ansinnen, mehr Geflüchtete aufzunehmen, bereits abgeschmettert worden –letztlich muss der Bund zustimmen, egal wie sehr der Senat strampelt. Besonders die Grünen hatten auf einen erneuten Versuch gedrängt, um Seehofers (Christlich-Soziale Union) wiederholtes Nein zur Aufnahme zu erschweren. „Wir hoffen, dass sich jetzt eine Dynamik entwickelt und die Bundesregierung einlenken muss“, sagte Silke Gebel, Co-Fraktionsvorsitzende der Grünen dem Checkpoint. „Es gibt Favelas auf dem Boden der europäischen Union – das dürfen wir nicht hinnehmen.“ | |||||
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