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16.November 2018, 11:31 Uhr |
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Warum die Mobilität der Zukunft aus China kommt |
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Mobilität vernetzt sich nicht nur, sie ist auch längst global. Das haben auch die Autohersteller erkannt und verkünden eine strategische Partnerschaft nach der anderen – speziell mit Blick auf den extrem wichtigen chinesischen Markt. Das ist vielleicht clever, nicht ohne Risiko, vor allem aber: alternativlos! Jochen Knecht (Chefredakteur Digital) und Birgit Priemer (Chefredakteurin Print) erklären, warum. |
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Birgit Priemer über einen klugen Schachzug |
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Die deutsche Autoindustrie war in China immer stark präsent, VW in den achtziger Jahren mit Modellen wie dem Santana sogar Marktführer. Doch die Chinesen brauchen keine Entwicklungshilfe mehr, sie geben sie mittlerweile selbst: Geely hat sich mit über sieben Milliarden Euro bei Daimler eingekauft und ist damit größter Einzelaktionär. Sehen wir darin die kluge Investition eines starken Partners, der auf dem Gebiet der Elektromobilität viel vorhat. Vorteil Mercedes: Der Marke auf dem immer noch sehr regulatorischen Markt Chinas mal eben so die Tür vor der Nase zuzuschlagen, ist jetzt nicht mehr möglich. Li Shufu, Haupteigner von Geely mit einflussreichen Verbindungen in die Politik, wird das nicht zulassen. Wichtig zu wissen in diesem Zusammenhang: China ist mittlerweile Daimlers wichtigster Einzelmarkt. |
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Birgit Priemer über eine wichtige Verbindung |
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BMW entwickelt das autonome Fahren mit vielen Partnern – unter anderem mit Brilliance und dem chinesischen Google-Konkurrenten Baidu: „Baidu liefert für uns den Zugang zum chinesischen Markt über die entsprechenden Kartendaten und durch den Zugang zur chinesischen Regierung. Über das Apollo-Board bei Baidu in China kommen wir an Kompetenz, Software-Skills und Anforderungen auf dem chinesischen Markt“, erklärt Elma Frickenstein, Bereichsleiter für vollautomatisiertes Fahren bei BMW im MOOVE-Interview in Ausgabe 4/2018, die ab 4. Dezember im Handel ist. Klingt nach einer Win-win-Situation. Und hier wichtig zu wissen: Baidu hat sich von der Pekinger Verwaltung die Erlaubnis geholt, auf erste Testfahrten mit selbstfahrenden Autos in der Hauptstadt gehen zu dürfen. Insofern hat sich BMW einen guten Partner gesucht. |
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Birgit Priemer über hohe Investitionen |
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Auch für VW-Konzernchef Herbert Diess hat der chinesische Markt eine große Bedeutung – besonders, wenn es um die Entwicklung von E-Autos geht. Zusammen mit FAW und anderen Partnern will er deshalb bis 2022 insgesamt 15 Milliarden Euro in eine E-Auto-Offensive in China investieren. Zum Auftakt stellt VW dem Uber-Konkurrenten Didi Chuxing 100 000 Fahrzeuge zur Verfügung, die auf spezielle Belange des Fahrdienst-Services zugeschnitten sind. Didi sollte man nicht unterschätzen: Das Unternehmen erreicht nach eigenen Angaben bereits 80 Prozent der Welt-Bevölkerung und setzt künftig voll aufs autonome Fahren: „Es macht für unsere Kunden keinen Sinn, autonom fahrende Autos selbst zu besitzen,“ so Bo Zhang, Co-Founder und CTO. Und erklärt auf der RISE-Konferenz in Hongkong gleich noch das offizielle Unternehmensziel: „Unsere Mission als chinesischer Anbieter von Fahrdienstleistungen ist es, die weltweite Führerschaft im Transportwesen zu übernehmen.“ Bleibt zu hoffen, dass VW bei diesen hohen Ansprüchen nicht einfach zum Plattformlieferanten degradiert wird. |
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Jochen Knecht über neue Tech-Giganten |
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Sind wir doch bitte ehrlich: Wir haben uns viel zu lange über plump kopierte europäische oder deutsche Produkte made in China lustig gemacht. Überheblichkeit war aber noch nie ein guter Ratgeber, schon gar nicht, wenn man auch in Zukunft Geschäfte mit und in China machen möchte. Viele deutsche Autobauer sind deshalb längst ein Stück weiter. Warum? Weil sich die Autobauer von heute zu Technologiekonzernen von morgen entwickeln müssen. Und das geht nicht ohne Partner in China. Die haben nämlich bereits vor ein paar Jahren aufgehört, den Technologievorsprung der Europäer beim Bau von Autos aufholen zu wollen. China hat das Thema Automobilbau einfach übersprungen und setzt mit Macht auf Hightech. Alleine im Huawei-Campus in Shenzhen arbeiten 60.000 Mitarbeiter an einer volldigitalen Welt. Huawei ist Vollsortimenter und hat vom Handy über mobile Serverfarmen und Netzwerktechnologie bis hin zur kompletten Smart-City alles im Angebot, was man für eine vernetzte Gesellschaft braucht. Keiner der großen Autobauer kommt an so viel Hightech-Kompetenz vorbei. |
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Jochen Knecht über Weichenstellungen |
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Mag sein, dass die autonomen Autos der Zukunft in großen Stückzahlen von europäischen oder amerikanischen Konzernen gebaut werden. Die Technologie der Datennetze und die Smart Cities, die autonomen Verkehr erst möglich machen, kommen aber ziemlich sicher aus China. Bis 2020 sollen alle Metropolen und ein Großteil der Fernstraßen mit dem superschnellen 5G-Mobilfunknetz ausgerüstet sein, zudem hat sich China für das Thema Car-to-Car-Kommunikation früh auf eine Technologie festgelegt, die auf dem 5G-Standard basiert. Europa und die USA sind da noch längst nicht so weit. |
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Fazit |
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Der chinesische Markt ist groß, Internet-Giganten wie Baidu oder Tencent wachsen schnell. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass Chinas kommunistischer Regierung überall regulierend die Finger im Spiel hat. Ein Umstand, der unter anderem dazu führt, dass sich die chinesische Wirtschaft in Situationen, in denen zum Beispiel mit den USA um Strafzölle gestritten wird, labiler präsentiert, als es den Genossen lieb sein kann. Die Geely-Aktie hat zuletzt stark an Wert verloren, der gesamte chinesische Automarkt hat über alle Hersteller hinweg in den ersten zehn Monaten des Jahres 2018 um 0,1 Prozent auf 22,97 Millionen Autos nachgegeben. Im Oktober 2018 betrug das Minus im Vergleich zu 2017 nach Angaben des chinesischen Autoverbands CAAM 11,7 Prozent. Alarmstufe Rot im Wirtschafts-Wunderland? Dazu gibt es aktuell noch keinen Grund. Die Situation bestätigt lediglich, dass vor allem die deutschen Autobauer gut daran tun, in China klug zu investieren und sich vor dem Hintergrund der sich aktuell zeigenden Unsicherheiten Stück für Stück aus der Umklammerung der chinesischen Joint-Venture-Partner zu lösen. Entscheidend ist: Das Land hat bereits vor Jahren zumindest technologisch die entscheidenden Weichen für die Mobilität der Zukunft gestellt. Wer heute in China nicht dabei ist, muss sich über ein Morgen vielleicht keine allzu großen Gedanken mehr machen! |
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