18. Dezember 2022 Naturschutz im Freistaat mit zweierlei Maß? Vor einer Woche war im „Boten“ zum Thema ICE-Werk im Reichswald die Aufforderung der Bayerischen Forstministerin Michaela Kaniber an die Verteidiger des Reichswaldes zu lesen, man müsse die Entscheidung im Raumordnungsverfahren über das ICE-Werk abwarten. Die Entscheidung über den Eingriff in den Bannwald liege bei Regierung von Mittelfranken. Das weckt den Verdacht, dass in der Staatsregierung beim Naturschutz je nach Region mit zweierlei Maß entschieden und gehandelt wird. Vor den Landtagswahlen 2018 erhitzte das Vorhaben Allgäuer Gemeinden, am Riedberger Horn mit einer Skischaukel zwei Skigebiete zu verbinden, die Gemüter. Kurz entschlossen entschied der Bayerische Ministerpräsident Markus Söder, die von den Gemeinden gewünschte Planung für 10 Jahre auf Eis zulegen. Das wirft die Frage auf, ob der Staatsregierung der Wald im Süden Bayerns wichtiger ist als im Norden, so dass sie bei uns die Entscheidung darüber einer nachgeordneten weisungsabhängigen Behörde überlässt. Dabei darf doch angenommen werden, dass die Beamten in den Fachministerien die Frage, ob zwingende Gründe des öffentlichen Wohls den Eingriff in den Bannwald rechtfertigen (Art. 9 Abs. 7 Bayerisches Waldgesetz) nicht weniger kompetent beantworten können als die Beamten der Regierung von Mittelfranken. Das gilt insbesondere, weil diese Abwägungsentscheidung eine politische ist, die auf höherer Ebene zu treffen ist. Es liegt also an der Bayerischen Staatsregierung mit dem Ministerpräsidenten an der Spitze zu entscheiden, welche Bedeutung dem Schutz des Waldes, des Klimas, der Arten und der Menschen zukommt und ob das Bannwaldgesetz ernst genommen wird oder lediglich auf dem Papier steht und wirtschaftlichen Interessen geopfert wird. Hannes Schönfelder |