Deutschland befindet sich in der tiefsten politischen Krise seit Bestehen der Bundesrepublik. Denn die aktuellen Auflösungserscheinungen des bestehenden politischen Systems sind gekennzeichnet von einer allgemeinen Ausweglosigkeit: Anders als bei vergangenen Brüchen ist auf absehbare Zeit keine Heilung der Situation durch andere, durch neue, durch konstruktivere Regierungskonstellationen in Sicht. Keiner hat diese Not besser – oder besser gesagt: schlechter – unter Beweis gestellt als gestern Abend der Bundeskanzler höchstpersönlich. Seine vorbereitete, abgelesene Erklärung zur Entlassung des bisherigen Koalitionspartners und Bundesfinanzministers Christian Lindner war nicht nur eine Kampfansage an die FDP. Sondern es war ein in dieser Form nie dagewesener Akt der Geringschätzung der eigenen Bevölkerung. Cicero-Chefredakteur Alexander Marguier über den unwürdigen Kanzler. Nach dem Ampel-Aus muss sich vor allem die FDP wieder neu erfinden. Der Austritt von FDP-Generalsekretär Volker Wissing kann eine Chance sein. Denn nun können die Liberalen sich wieder ihren bürgerlichen Wurzeln zuwenden und das Liebäugeln mit linken und grünen Ideen abbrechen, schreibt mein Kollege Volker Resing. Einer, der zu einem solchen Kurs bestens passt, ist der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki. Im Interview mit meinem Kollegen Clemens Traub geht es um die turbulenten Ereignisse des gestrigen Tages und die Irrationalität eines überforderten Bundeskanzlers. Kubicki ist sicher: „Scholz hat sich selbst nicht mehr im Griff.“ Für Kubickis These könnte die Rede des Bundeskanzlers am Mittwochabend sprechen. Scholz wütete wie ein Wahlkämpfer gegen Lindner – es wirkte gar, als habe er sich bei Trump angeschaut, wie man mit „alternativen Fakten“ den politischen Gegner herabsetzen kann, meint Hugo Müller-Vogg. Lange, zu lange für Deutschland hat Christian Lindner sich von der grün-linken Agenda seiner beiden Koalitionspartner treiben lassen. Doch was nicht geht, geht nicht, und so ist es auch gekommen. Spät hat es Christian Lindner realisiert, aber er hat es. Dafür schulden wir ihm als Staatsbürger Respekt, meint Cicero-Mitherausgeber Dirk Notheis. Zur Wahrheit gehört eben auch: Die FDP war von Anfang an nur Mehrheitsbeschaffer einer dezidiert linken Koalition, die die Klimaneutralität, ein rein grünes Thema, ins Zentrum rückte. Nun endet dieses dysfunktionale Bündnis. Endlich. Hans Martin Esser fragt: Wie konnte sich die FPD überhaupt für diese Politik hergeben? Donald Trump gewinnt die Wahl – und ein schlimmer Verdacht drängt sich auf: Amerikaner schauen nicht ARD und ZDF und haben kein Spiegel-Abo. Sonst wüssten sie doch, dass die Demokratie jetzt untergeht. Lesen Sie hier meinen Kommentar über eine deutsche USA-Expertise, die gar keine ist. Ich wünsche Ihnen eine gute Lektüre. Bleiben Sie optimistisch. Ihr Ben Krischke, Leitung Cicero Digital |