eigentlich war es das politische Ereignis des heutigen Tages: Im Bundestag hat der Kanzler Stellung zum Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts bezogen. Und tat so, als ob im Prinzip alles beim alten bleiben könnte. Weil in Zeiten wie diesen der Notfall das neue Normal ist. Eine merkwürdige Rede. Cicero-Chefredakteur Alexander Marguier fragt in seinem Kommentar daher: War da was? Politik-Chef Volker Resing hat ihm geantwortet. Der hat sich nämlich die Entgegnung von Friedrich Merz angeschaut. Der Oppositionsführer hat den Kanzler in der Haushaltsdebatte mit einer, wie Resing findet, fulminanten Rede gestellt. Doch Merz musste in Sachen Schuldenbremse auch in den eigenen Reihen noch Überzeugungsarbeit leisten, wie Resing festgestellt hat. Der Kanzler jedenfalls hat die Chance, die ihm das Urteil von Karlsruhe bot, nicht genutzt, findet Cicero-Redakteur Ferdinand Knauß. Er hätte nämlich vom Schulden-Saulus zum Stabilitäts-Paulus werden und damit seiner kanzlerschaft doch noch eine überzeugende Wendung können. Spar-Potential gäbe es genug, auch ganz unmittelbar im Kanzleramt. Nun bleibt nur die Agonie einer verpfuschten Kanzlerschaft. Mein Kollege Ben Krischke hat heute auch gesprochen – nicht im Bundestag, dafür aber im ausführlichen Cicero-Interview mit Amira Mohamed Ali, Vereinsvorsitzende des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW). Es ging dabei um ihre Kindheit, ihre Trennung von der Linkspartei und um ein aus ihrer Sicht gerechtes Wirtschafts- und Gesellschaftssystem. Eine Frage lag Krischke dabei besonders am Herzen: Wollen Sie immer noch den Kapitalismus überwinden, Frau Mohamed Ali? In Polen will garantiert niemand mehr ernsthaft den Kapitalismus überwinden. Dafür gibt es bei unserem östlichen Nachbarn andere Probleme: Gestern wurde der bisherige Premierminister Mateusz Morawiecki (PiS) erneut als Regierungschef vereidigt, obwohl er keine Mehrheit im Sejm hat. Innerhalb von 14 Tagen muss er nun die Vertrauensfrage im Parlament stellen. Cicero-Korrespondent Thomas Urban hat sich die Zwei-Wochen-Regierung genauer angeschaut. Wem die Welt dort draußen derweil zu unübersichtlich geworden ist, dem empfehlen wir einen Blick in die Bücher. In den Literaturtipps aus dem Monat November legen wir Ihnen folgende Autoren ans Herz: Herfried Münkler, der einen Blick auf die Weltordnung des 21. Jahrhunderts wirft, Bernd Stegemann, der die ausufernde Identitätspolitik, kritisiert, und Louis-Ferdinand Céline, der durch ein ganz und gar unheroisches Antikriegswerk besticht. Es geht mithin um Weltordnung, Wokeness, Waldhütte. Ihr Ralf Hanselle, stellvertretender Chefredakteur |