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5 nach 12 - Was ist heute wichtig? Das Mittags-Update von WELT-Chefredakteur Ulf Poschardt
Sehr geehrte Damen und Herren,
eine weitere Woche im weltweiten Ausnahmezustand ist angebrochen, und wie jeden Tag blicken die Regierungen in aller Herren Länder auf die Zahlen, die darüber entscheiden, was wieder möglich wird – und was vorläufig unmöglich bleibt. Für Deutschland zählt die Johns Hopkins Universität mittlerweile mehr als 100.100 Menschen (Stand Sonntagnacht), die mit dem Coronavirus infiziert sind.
Das Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin hat die Zahl der Infizierten in der Nacht zu Montag mit 95.391 angegeben – ein Plus von 3677 seit dem Vortag. Der Anstieg war geringer als der am Sonntag bekanntgegebene von 5936 Neuinfektionen. Das RKI, das nur die elektronisch übermittelten Zahlen aus den Bundesländern berücksichtigt und seine Aufstellung einmal täglich aktualisiert, registrierte bislang 1434 Todesfälle (+92), die Johns Hopkins Universität 1584 Tote.
Österreichs Kanzler Sebastian Kurz
Österreich will seine drastischen Maßnahmen im Kampf gegen das Coronavirus nach Ostern langsam lockern. Kleinere Geschäfte sowie Bau- und Gartenmärkte sollen unter strengen Auflagen ab dem 14. April wieder öffnen dürfen, kündigte Bundeskanzler Sebastian Kurz (siehe Foto) heute Vormittag an. Die Ausgangsbeschränkungen für die Bevölkerung werden jedoch bis Ende April verlängert. Nur, wer zur Arbeit gehe, einen Einkauf erledige, andere unterstütze oder sich an der frischen Luft betätige, solle demnach das Haus verlassen. Zudem wird es im öffentlichen Verkehr ab kommenden Montag eine Mundschutzpflicht geben.
 
Aus der deutschen Wirtschaft wächst der Druck auf die Politik, die Einschränkungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie zu lockern. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) forderte eine klare Entscheidung noch vor Ostern. Und das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln legte eine Exitstrategie mit zwölf Punkten vor. Darin ist als erster Schritt eine großflächige Erhöhung von Test- und Behandlungskapazitäten vorgesehen. Als nächste Stufen sollen Schulen und Kindergärten wieder öffnen, die Kapazitäten des öffentlichen Nahverkehrs erhöht werden. Anschließend sollen der Handel sowie Dienstleistungsanbieter ihre Arbeit wieder aufnehmen.
 
Der Schaden im Einzelhandel ist schon jetzt immens. So fällt das vom Handelsverband Deutschland (HDE) ermittelte Konsumbarometer im April auf den tiefsten Stand seit Beginn der Befragungen im Oktober 2016; der Verlust sei zudem der größte, der bislang verzeichnet wurde, wie der HDE am Montag mitteilte. „Die Verbraucher befinden sich im Krisenmodus, die Verbraucherstimmung ist im Keller“, erklärte der Verband.
 
In normalen Zeiten sind die ersten warmen Frühlingstage der Moment der Flaneure und Bummler. Doch dem Flanieren und Bummeln müssen wir alle entsagen, auch in dieser wonnigen Osterwoche. Die Bundesregierung appellierte am Wochenende eindringlich an die Menschen, sich an die Leitlinien für das reduzierte öffentliche Leben zu halten. Und wer nicht hören will, der muss fühlen, zumindest im Portemonnaie. Eine Reihe von Bundesländern haben Bußgelder für Verstöße gegen die Ausgangsbeschränkungen und Kontaktsperren festgelegt, die größtenteils seit Anfang April gelten. Wo noch kein Bußgeldkatalog beschlossen wurde, gilt nach dem Infektionsschutzgesetz ein Bußgeldrahmen bis 25.000 Euro oder eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren. Einen Überblick über den Bußgeldkatalog in Ihrem Bundesland erhalten sie hier.
 
Das Virus hat auch die Parteienlandschaft in Deutschland verändert. „Bei den Sozialdemokraten hat Corona zurechtgerückt, was durch den Mitgliederentscheid verquer geworden war“, schreibt meine kluge Kollegin Dagmar Rosenfeld. Der Flirt mit dem Sozialismus in Gestalt von Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans sei beendet. In der realen Politikgestaltung spielten sie keine Rolle, mit ihren Klassenkampfparolen, wie zuletzt der Forderung nach einer Vermögensabgabe, „wirken sie wie quengelige Kinder, die nicht aus dem Bälleparadies rauswollen“. Geführt werde die SPD de facto von Leuten wie Olaf Scholz und Hubertus Heil, „und zwar auf den Boden der Tatsachen“, so Rosenfeld. Möge sie dort bleiben.

Bleiben Sie gesund,

Ihr



Ulf Poschardt


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