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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Mittwoch, 31.08.2022 | Überwiegend bewölkt bei max. 22°C. | ||
+ Am Sprengplatz Grunewald wird wieder gesprengt + Pro & Contra Entsiegelung + Was Grüne zur Affäre Stephan von Dassel sagen + |
von Lorenz Maroldt und Co-Autor Thomas Lippold |
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Guten Morgen, wir beginnen den Tag mit einer explosiven Meldung: Berlin sprengt sich heute in den Normalzustand zurück – im Grunewald wird wieder geballert. Deklariert ist das Ganze als „außerplanmäßige Notfallsprengung“, also irgendwie typisch Berlin: Weil einige Sprengkörper vor ihrer Sprengung beim Brand auf dem Waldsprengplatz beschädigt wurden, müssen sie jetzt (Überraschung!) gesprengt werden. Wie lange die Avus dafür gesprengt… pardon: gesperrt wird und welche Regional- sowie S-Bahnlinien deswegen beeinträchtigt sind, können Sie weiter unten lesen (Abo-Version, zur Anmeldung geht’s hier). Passend dazu sucht die Polizei am Sprengplatz Grunewald gerade einen „Fachentsorger“ für die Altmetalle, „welche in der Regel aus durch Sprengung gewonnenen Granat – und Bombenfragmenten, Zünderfragmenten und Teilen von Granathülsen sowie sonstigen Kern- und Blechschrott, Aluminium, Blei und Messinghülsen anfallen“. Voraussetzung: „Gewährleistung der Übernahme von mindestens 5 bis 20 Tonnen Stahl- und Blechschrott“ sowie „2 bis 10 Tonnen Messinghülsen“ pro Jahr. Es kommentieren die Tourismus-Werber von „Visit Berlin“: „Der Grunewald ist das ganze Jahr über ein entspannter Ort für Spaziergänge.“ | |||||
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Apropos Schrott: Für herzlos zurückgelassene Schrottautos hatten wir hier schon immer einen Meldungsparkplatz übrig – so auch für dieses auf den ersten Blick noch recht ansehnliche Modell mit dänischem Kennzeichen, das sich seit zwei Jahren in Pankow die Reifen plattsteht. Checkpoint-Kenner wissen, wer dafür in Berlin zentral zuständig ist: das Amt für regionalisierte Ordnungsaufgaben in Lichtenberg. Sie haben dennoch Lust auf eine kurze Partie Behördenpingpong? Bitte sehr: Am 19.9.21 informierte das Ordnungsamt Pankow das RegOrd in Lichtenberg über das Auto, das damals in der Breite Straße stand, ließ es aber wegen einer Verkehrsbehinderung sogleich an den Heinrich-Mann-Platz umsetzen. Als das RegOrd am 27.9.21 in der Breite Straße anrückte, „konnte das Fahrzeug am Tatort nicht mehr festgestellt werden“. Tja, offenbar war für die Ummeldung der Adresse so schnell kein Bürgeramtstermin verfügbar. Fortsetzung: Am 27.4.22, das schreibt uns jedenfalls Stadträtin Manuela Anders-Granitzki vom BA Pankow, wurde das Auto, „jetzt stark verrostet“, „erneut festgestellt und dokumentiert und dem zuständigen RegOrd gemeldet“. Am 26.8.22 schreibt uns das zuständige RegOrd: „Der aktuelle Abstellort Heinrich-Mann-Platz war hier bisher nicht bekannt.“ Aber immerhin: „Der Amtsleiter Herr Krefft hat den Vorgang nun erfassen lassen und dem Außendienst zugeleitet.“ Wir schauen dann nächstes Jahr nochmal nach. | |||||
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Nichts beschreibt den folgenden Fall falscher als die Standardfloskel „Verkehrsunfall mit leicht verletzter Person“ (auch hier verwendet). Was tatsächlich geschah: Auf dem Fahrradstreifen Petersburger Straße rammte ein Amokfahrer mit seinem „Free Now“-Mercedes voller Absicht einen vor ihm fahrenden Radfahrer. Die Polizei registrierte beim Opfer „Schmerzen im Gesäß“, beim Fahrrad Totalschaden (hier zu sehen) und beim Täter „einiges an Aggressivität“. Klare Sache: So etwas ist kein Unfall, sondern ein Anschlag. Die Vorgeschichte kann das Verhalten des Autofahrers zum Teil erklären, aber nicht entschuldigen: Er hatte mitten auf dem Radweg angehalten, um einen Fahrgast aussteigen zu lassen. Der Radfahrer klopfte an das Seitenfenster, bekam eine pampige Antwort („Ist mir egal“), klappte im Vorbeifahren verärgert den linken Vorderspiegel des Autos um (was nicht gerade zur Entspannung der Situation beitrug) – und hörte Sekunden später hinter sich startquietschende Reifen. Peng. Die Polizei entzog dem Amokfahrer noch am Tatort den Führerschein, ermittelt wird jetzt wegen gefährlicher Körperverletzung (§ 224 StGB) und gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr (§ 315b StGB). | |||||
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In der Verwaltung ist die Entsiegelung bereits in vollem Gang, wie der wöchentliche Blick auf die Dienstsiegel-Verlustmeldungen im Amtsblatt zeigt – auf den Straßen und Plätzen geht es schleppender voran: Dort dominieren Stein und Beton. Gestern hatten wir Sie hier gefragt: Aus welchen grauen Parkplätzen würden Sie gerne grüne Park-Plätze machen, der Umwelt um dem Klimaschutz zuliebe? In vielen Zuschriften wurde natürlich der Alex genannt und das gerade zugepflasterte Kulturforum sowie der Fehrbelliner Platz, aber auch nahezu jeder meist nur halb gefüllte Supermarkparkplatz. Einsam an der Spitze aber steht die neue, steinerne Fläche rund um das Humboldtforum – vornehmere Leserinnen und Leser sprechen hier von „Betonwüste“, „Bratpfanne“, „Ignoranz“ und „Skandal“, die härten Stimmen ersparen wir Ihnen. Aber mal ernsthaft gefragt: Wie kann so etwas heute noch passieren? Die Antwort der Stiftung Kulturforum erreichte uns gestern Abend um 21:32 Uhr – wir dokumentieren sie Ihnen hier: „Wir verstehen die Kritik und finden die aktuelle Diskussion um versiegelte Flächen wichtig und richtig. Die Gestaltung der Freiflächen rund um das Humboldt Forum liegt in den Händen des Landes Berlin und ist das Ergebnis eines Wettbewerbs, der 2012 von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt durchgeführt wurde. Ein paar Grünflächen sah die Planung allerdings vor: Auf der nördlichen Lustgartenseite schätzen wir die bepflanzten, noch nicht komplett fertig gestellten Schlossterrassen und den Richtung Spree gelegenen, noch jungen Hain aus Lederhülsenbäumen. Die rund zehn Bäume werden in den nächsten Jahren auf zwanzig Meter heranwachsen und dann, wie auch die noch junge Trauerweide an der Spreeterrasse, deutlich mehr Schatten spenden. (…) Vor allem der südliche Bereich Richtung Breite Straße wurde in der Tat, auch in Anlehnung an den historischen Schlossplatz, sehr auf Steinmaterial reduziert. Am historischen Standort des Neptunbrunnens, der heute vor dem roten Rathaus steht, würde zur Aufenthaltsqualität besonders in den heißen Monaten des Jahres unserer Ansicht nach auch heute ein Brunnen, wie übrigens auch die geplante Freitreppe zum Spreekanal, beitragen.“ Es gibt allerdings auch eine Gegenbewegung: „Solange neu angelegte ‚Grünflächen‘ in Berlin weiterhin aus Granitpflaster mit ein paar dürren Bäumchen (wenn überhaupt) und viel Rasen, der mangels Pflege in kürzester Zeit vertrocknet, verunkrautet und vermüllt ist, bestehen, habe ich keinen Bedarf“, schreibt zum Beispiel unser Leser Jan Ackermann, und Juliane Witt, Stadträtin im BA Marzahn-Hellersdorf, teilt uns dazu mit: „Da hätte ich auch Interesse zu erfahren, welche BürgerInnen im Bezirk ihre Parkflächen vor der Tür gern entsiegelt haben wollen.“ Den „Rückbau der stadtzerstörenden Verkehrsräume“ hatte u.a. Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt gefordert, und die Architektenkammerpräsidentin Theresa Keilhacker sagte dem Checkpoint (Ausgabe 29.8.), Berlin sollte „vom Auto dominierte Flächen für andere wertvolle Nutzungen frei machen und in großem Stil entsiegeln, um die Versickerungsfähigkeit des Bodens zu vergrößern und damit dem Klimawandel standzuhalten“. Das wiederum empört den Architekten Alfons Hiergeist – er schreibt: „Nicht alle Bewohner (und auch nicht alle Architekten) wünschen sich nur Kiez-Strukturen und dörfliche Idyllen zurück.“ Ok, und jetzt können Sie abstimmen: | |||||
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Seine berühmtesten Worte hat Michail Gorbatschow nie gesagt: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“ – das die Meisterleistung eines Übersetzers, verdichtet aus einigen Sätzen, der der damalige Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion im Oktober 1989 nach frustrierenden Gesprächen mit der verknöcherten DDR-Staatsführung bei einem Spaziergang Unter den Linden von sich gab. So gemeint hat er das allerdings durchaus, daran ließ Gorbatschow nie einen Zweifel. Unser Kollege und Russland-Experte Frank Herold nennt ihn, dessen Name mit der politischen Wende in der DDR, dem Fall der Mauer und der Vereinigung untrennbar verbunden ist und der bis zuletzt davon überzeugt war, die Welt wäre ein besserer Ort, gäbe es die Sowjetunion noch, in seinem großen Nachruf „den bedeutendsten gescheiterten Politiker des 20. Jahrhunderts“ (hier zu lesen). Gestern Abend ist Michail Gorbatschow im Alter von 91 Jahren gestorben. | |||||
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