die Anekdote ist alt und den meisten Lesern bekannt: Friedrich der Großen soll sich einst angeblich an einer Mühle in der Nähe seines Potsdamer Schlosses gestört haben. Guten Mutes klagte er daher beim Berliner Kammergericht gegen den sogenannten „Müller von Sanssouci“. Der Richterspruch aber soll hernach nicht nur den König überrascht haben: Ohne Rücksicht auf Stand und Ansehen entschied das Gericht zugunsten des Müllers. „Es giebt [sic!] noch Richter in Berlin“, heißt es seither in einem überlieferten Ausspruch. Diesen könnte man nun problemlos auf die Gegenwart übertragen. Denn der Berliner Verfassungsgerichtshof zeigte sich gestern entschlossen, den Scherbenhaufen aufzukehren, den das Debakel in der Bundeshauptstadt nach dem Wahl-Chaos im vergangenen Jahr angerichtet hat. Das sei auch dringend notwendig, um einem weiteren Legitimationsverlust der parlamentarischen Demokratie entgegenzuwirken, meint der Oldenburger Rechtsprofessor Volker Boehme-Neßler in einem Gastbeitrag für Cicero, in de er die Einschätzung des Berliner Verfassungsgerichtshofs als Blamage für den Berliner Senat brandmarkt. Es gibt eben noch Richter in Berlin. Und auch in Russland gibt es noch so manch aufrechten Kerl und manch ehrliche Frau. Denn statt angesichts der Ergebnisse der Pseudo-Referenden in den von Russland besetzten ukrainischen Gebieten in Jubel einzustimmen, betrauern Tausende russische Familien ihre getöteten Angehörigen. Und viele Männer fliehen aus Russland, um Putins Teilmobilmachung zu entgehen. Der russische Präsident hat sein Land in eine Lage geführt, aus der er es nicht mehr herausbewegen kann, meint Cicero-Autor Thomas Jäger in einem Text über das Scheitern der russischen Propaganda. Für Cicero-Autor Ryan Bridges indes gibt es auch russische Bürger aus ganz anderem Holz. Bridges nämlich fragt sich, auf wessen Konto eigentlich die Explosionen an den russischen Ostsee-Pipelines gehen. Die Spekulationen schießen ins Kraut, Moskau gibt der amerikanischen CIA die Schuld. Aber nicht nur für Bridges existieren mehrere gute Gründe, warum Russland seine eigenen Gasleitungen selbst hätte zerstören können. Denn die Signalwirkung dieser Aktion ist seiner Meinung nach in vielerlei Hinsicht immens. Russland, so der Autor, hat ein Interesse an der Sabotage. Während das Gas in der Ostsee also weiter strömt, kommt hierzulande einiges ins Stocken. Mit einem 200 Milliarden Euro umfassenden Abwehrschirm will die Bundesregierung daher gegen die massiv steigenden Energiepreise vorgehen. Das mag in der aktuellen Misere zwar halbwegs vernünftig sein, setzt letztlich aber völlig falsche Signale. Zumal am eigentlichen Problem nicht gerührt wird. Die Wirtschaftsinstitute stellen sich derweil ein auf „Inflation, Rezession, Wohlstandsverlust“. Für Cicero-Chefredakteur Alexander Marguier wird somit offensichtlich, dass die Einschläge näher rücken. Zum Abschluss ein Blick auf den Feminismus : Der größte Kampf der Frauenrechte spielt sich zurzeit im Iran ab. Doch anstatt auf der Seite dieser heldenhaften Frauen zu stehen, erlebt Islam-Kritikerin Zana Ramadani unter deutschen Feministen ein peinliches Schweigen. Mit Cicero spricht sie über die Doppelstandards des westlichen Feminismus, das Kopftuch als Symbol der Unterdrückung und ihr gefährliches Leben als Islam-Kritikerin in Deutschland. Für sie ist klar: „Die feministische Außenpolitik ist ein schlechter Witz“. Ihr Ralf Hanselle, stellvertretender Chefredakteur |