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Tagesspiegel Checkpoint vom Dienstag, 19.11.2019 | Die Sonne lässt sich blicken, wenn auch nur mit Wolken, aber es bleibt trocken bei max. 8°C. | ||
+ Michael Müller fordert Privatisierungsbremse + Koalition und CDU streiten um Posten am Verfassungsgericht + Innenverwaltung muss Mittelverwendung nicht offenlegen + |
von Laura Hofmann |
Guten Morgen, eine Privatisierungsbremse für Berlin hat der Regierende Bürgermeister am Abend bei einer Tagesspiegel-Veranstaltung in der Urania gefordert. Fehler der Vergangenheit, wie die massenweise Privatisierung städtischer Wohnungen, sollten sich nicht wiederholen. „Eine Möglichkeit ist, per Gesetz sicherzustellen, dass die Privatisierung öffentlicher Güter künftig nur noch mit einer Zweidrittelmehrheit im Parlament oder einem Volksentscheid beschlossen werden kann“, sagte Müller. Privatisierungsbremse... da war doch was. Ach, hier, 2011: Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) schlägt unter Rot-Rot vor, dass Betriebe der Daseinsvorsorge nur nach einem erfolgreichen Volksentscheid privatisiert werden können. Und hier, 2014: SPD-Fraktionschef Raed Saleh will unter Schwarz-Rot eine Privatisierungsbremse, wie sie Bremen 2013 in der Landesverfassung verankert hat. Und zuletzt 2017: Linke-Landeschefin Katina Schubert fordert: Der Verkauf landeseigenen Eigentums müsse in der Verfassung an einen Zustimmungsvorbehalt der Bevölkerung geknüpft werden. Auch im rot-rot-grünen Koalitionsvertrag von 2016 (Senat Müller II) liest der Wähler auf S. 155: „Die Koalition will nach dem Vorbild Bremens eine Privatisierungsbremse in die Berliner Verfassung aufnehmen, nach der öffentliche Unternehmen ganz oder in wesentlichen Teilen nur dann veräußert werden dürfen, wenn dem eine Mehrheit der Berliner*innen in einem Volksentscheid zustimmt.“ Fragt sich nur, wie oft und von wem das noch gefordert werden muss, bevor es an die Umsetzung geht. Der Koalition bleibt, wenn alles gut geht, noch ein Jahr und 10 Monate. Es kommentiert Dirk von Lowtzow: „Die Idee ist gut, doch Berlin noch nicht bereit.“ Bis jetzt? Was Michael Müller noch Spannendes gesagt hat, steht weiter unten, bei „Zitat des Tages“. | |||||
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Frage für Brandenburg-Kenner: Durch wie viele Funklöcher musste das Bundeskabinett fahren, um von Berlin ins Schloss Meseberg in Nord-Brandenburg zu kommen, wo gestern die Digitalklausur der Bundesregierung zu Ende ging? Es waren jedenfalls genug, denn die Regierung hat beschlossen, die Funklöcher im digitalen Entwicklungsland Deutschland endlich zu schließen, mit 1,1 Milliarden Euro Steuergeld. Gute Nachrichten also für die (mindestens!) 53 Städte und Dörfer in Brandenburg, in denen es nicht mal Handynetz gibt. Darunter, grob von oben nach unten: Groß Haßlow, Kolrep, Zechlinerhütte, Gühlen-Glienicke, Storbeck, Alt Ruppin, Karwe, Kießen, Böhmerheide, Groß Schönebeck, Tuchen-Klobbicke, Leuenberg, Wöllsickendorf-Wollenberg, Prötzel, Kunersdorf, Alt Golm, Drahendorf, Sauen, Werbig, Treuenbrietzen, Kehrigk, Grunow, Rießen, Bremsdorf, Fünfeichen, Kieselwitz, Treppeln, Lawitz, Neuzelle, Schwerzko, Bomsdorf, Henzendorf, Göhlen, Steinsdorf, Hindenberg, Werchau, Herzberg (Elster), Mahdel, Schilda, Rothstein, Theisa, Beiersdorf, Peickwitz… Es kommentiert die Tagesschau (gestern um 12.29 Uhr): „Unsere Schalte zum Anti-Funkloch-Treffen des Bundeskabinetts in Meseberg wurde leider unterbrochen. Der Grund: offenbar ein Funkloch.“ | |||||
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Familienministerin Franziska Giffey hat es trotzdem geschafft, aus Meseberg eine Botschaft nach Berlin-Mitte zu senden. An die Eltern, die gerade wieder ab 4 Uhr morgens – ganz analog – beim Standesamt in der Parochialstraße anstehen, um eine Geburtsurkunde für ihr Neugeborenes zu ergattern. Künftig, so kündigte eine gewohnt fröhliche Frau Giffey an, sollen alle staatlichen Leistungen einfacher und schneller online beantragt werden können. Auch Geburtsurkunde, Kinderzuschlag, Elterngeld und Kindergeld. Per App zum Beispiel. Klingt zu schön, um wahr zu sein? Nun, ab wann das gilt, hat Giffey nicht gesagt. Sicherlich nicht sofort, unverzüglich. Eher bald, irgendwann. | |||||
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Dass das mit den Apps und den Bürgerdiensten nämlich nicht so einfach ist, zeigt die jüngste Episode der neuen Berlin-Soap „Silke und Holger“. Die geht so: Nachdem Lorenz Maroldt hier gestern bemerkenswerte Auszüge aus einem „NZZ“-Interview mit dem neuen Verleger der Berliner Zeitung Holger Friedrich präsentiert hat („der eigentliche Schatz“ ihres Dealssei die Website „berlin.de“, auf der sie „prinzipiell jede Dienstleistung ausspielen“ könnten), gab es am Montag spontan einberufene Krisentreffen in den Berliner Behörden. Wohl auch in der Senatskanzlei, die für die Zusammenarbeit mit „BerlinOnline“, dem Betreiber von „berlin.de“, zuständig ist. Die verschickte dann am Nachmittag eine Pressemitteilung. Darin erklärte die für IT zuständige Staatssekretärin Sabine Smentek: „Wir sind weit davon entfernt, einem privaten Unternehmen tiefere Einblicke in die sensiblen Daten der Berlinerinnen und Berliner zu gewähren.“ Was Staatssekretärin Sabine Smentek persönlich von Friedrichs Einlassungen hält, lesen Sie im Checkpoint für Abonnenten. Weniger distanziert zeigte sich das IT-Dienstleistungszentrum der Verwaltung (ITDZ), dessen Verwaltungsratsvorsitzende Smentek ist. Ein schon länger feststehendes Treffen mit Friedrich gestern Abend sollte auch weiterhin stattfinden. Obwohl mehrere Verwaltungen zur Absage rieten. Hintergrund: „BerlinOnline“ hat Softwareentwickler, die das ITDZ nicht hat, aber dringend bräuchte. Womit wir beim nächsten Problem wären: Ab Ende 2021 soll das Land „berlin.de“ alleine betreiben, so will es die Koalition, dann läuft der 1998 geschlossene Vertrag mit „BerlinOnline“ aus. Ob Berlin das auch kann, ist eine ganz andere Frage. Übrigens: Nächste Woche Mittwoch, am 27. November, befasst sich der Medien-Ausschuss des Abgeordnetenhauses mit der Sache. Der tagt öffentlich. Den passenden Song zur Causa hat Ex-Tagesspiegel-Kollege und Liedermacher Johannes Schneider geschrieben und auf der Ukulele vertont („...der Holger hat auf seinem Ko-hon-to neue Daten, das ist besser als Geld...“) Und was hab ich? Nen Ohrwurm. | |||||
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Gegen die – Vorsicht, Euphemismus! – „abnehmende Parkmoral in der Hauptstadt“ haben Polizei, Ordnungsämter und BVG vergangene Woche mal wieder das gemacht, was sie eigentlich immer tun müssten, wofür sie aber zu wenig Personal haben: Falschparker abgeschleppt. Naja, nur in 5 Prozent der aufgenommenen Fälle. Hier die aktuelle Falschparker-Bilanz: Auf 380 „besonders belasteten Straßenzügen“ waren die Kontrollstreifen unterwegs. Insgesamt wurden 8316 Halt- und Parkverstöße zur Anzeige gebracht – das sind deutlich mehr als bei der letzten Aktion im Juni (6484). In 449 Fällen wurden Autos auch tatsächlich abgeschleppt. Auf Schutzstreifen für Radfahrende standen 914 Falschparker, 55 wurden „kostenpflichtig umgesetzt“. Auf Radwegen 278, davon abgeschleppt: 27. Auf Busspuren: 1246. Davon abgeschleppt: 166. Zweite Reihe: 1554. Davon abgeschleppt: 12. Sonstige Halt-/Parkverstöße: 4324. Davon abgeschleppt: 189. Ihn schreckt auch diese „Aktionswoche“ sicherlich nicht ab: Der frühere „Berufs-Playboy“ Rolf Eden parkt mit seinem Rolls-Royce immer noch regelmäßig in der Bushaltestelle vor der „Paris Bar“ in der Kantstraße. Und er kann das auch weiterhin tun, denn die BVG hat zwar mittlerweile schöne gelbe Abschleppwagen (CP vom 16.10.), bis sie selbst abschleppt, dauert es aber noch. „Es ist zutreffend, dass der Senat bisher keine Gebührenordnung nach § 23 Abs. 5 BlnMobG erlassen hat“, teilt die Wirschaftsverwaltung auf die entnervte Anfrage des SPD-Verkehrsexperten Tino Schopf („Untragbare Verzögerungen - Abschleppen von Falschparkern durch die BVG“) mit. | |||||
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Die gescheiterte Wahl der Linken-Kandidatin fürs Berliner Verfassungsgericht sorgt nicht nur bei den Richtern für schlechte Stimmung (CP von gestern). Auch die Koalition hat der CDU nicht verziehen, dass sie entgegen vorheriger Absprachen wohl nicht für Lena Kreck gestimmt hat. Am kommenden Dienstag wollen die Fraktionsspitzen von SPD, Linken und Grünen mit CDU-Fraktionschef Burkard Dregger und den parlamentarischen Geschäftsführern beraten, wie es weitergeht. Die Zeit drängt, denn durch den Abgang von Anke Müller-Jacobsen, deren Amtszeit eigentlich schon im März abgelaufen war, braucht das Gericht bis Ende Dezember eine neu(nt)e Richterin. Dem Checkpoint sagte Dregger: „Ich wundere mich sehr, dass die Koalition ein solches Spektakel betreibt und damit die Kandidatin beschädigt, obwohl sie nicht mal selbst alle ihre Stimmen auf sie vereinen konnte.“ Da hat er recht: Kreck bekam nur 86 Stimmen. Die rot-rot-grüne Koalition hat 92 Abgeordnete. | |||||
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