Liebe Leserin, Lieber Leser,
morgen versammeln sich in Den Haag die Staatschefs aller 32 Nato-Länder, um eine historisch einmalige Erhöhung ihrer Militärausgaben zu verabreden. Dafür ist ein Mann verantwortlich, der gar nicht mit am Tisch sitzt: Wladimir Putin.
Die Welt rüstet auf. Und das hat eben nicht mit einem kriegstreiberischen Westen zu tun, wie zuletzt ein paar SPD-Granden in einem „Manifest“ beklagten. Treiber ist vor allem der Herr im Kreml, der am Wochenende erneut seine Ziele klargemacht hat: „Wo der Fuß eines russischen Soldaten steht, das gehört uns“, sagte er auf einem Wirtschaftsforum in Sankt Petersburg. Russland und die Ukraine seien ein Volk. „In diesem Sinn ist die ganze Ukraine unser.“ Ich kann da nicht viel diplomatischen Spielraum erkennen, Sie?
Und Putin hat überraschend viele Trümpfe. Erstens: Seine Militärmacht ist erdrückend, und sie wächst weiter. Allein seit 2022 wurde die Waffenproduktion verdoppelt. Die aktuell wieder steigenden Ölpreise helfen bei der Finanzierung, auch wenn die russische Wirtschaft gerade mal wieder schwächeln mag.
Der Brüsseler Thinktank Bruegel rechnete jüngst vor, dass die Jahresproduktion neuer Panzer in Polen, Frankreich, Deutschland und Großbritannien zusammen bei aktuell 50 Stück liege. Die russische dagegen bei über 1700. Fachleute gehen davon aus, dass der Kreml schon ab 2029 ein Nato-Land angreifen könnte.
Warum reagiert der Westen so zögerlich? Weil Europa – und das ist Putins zweiter Trumpf – militärisch schwach und strategisch uneins ist. Wir haben fast 180 verschiedene Waffensysteme, Russland nur einen Bruchteil davon. Das macht seine Produktion viel billiger und effizienter.
Deutschland hat zwar sein 100 Milliarden Euro schweres „Sondervermögen“ inzwischen ausgegeben. Aber außer ein bisschen Unterwäsche und ein paar Nachtsichtgeräten ist da – überspitzt formuliert – noch nicht viel geliefert worden. Das Gros des Budgets gaben wir überdies für amerikanische Systeme aus, etwa die teuren F-35-Kampfjets, womit wir bei Putins drittem Trumpf sind. |