wenn bei uns einer einen guten Witz macht, dann sitzt halb Deutschland auf dem Sofa und nimmt übel. Der Satz stammt nicht von mir, er ist von Ignaz Wrobel, aka. Kurt Tucholsky. Veröffentlicht wurde er erstmals 1919 im Berliner Tageblatt. Manche kennen diese Sentenz, die allermeisten aber nur den Schluss. Dort stehen die bekannten Worte: „Was darf die Satire? Alles.“ Klar, diesen Freispruch für alle Narren und Zotenreißer hat man mittlerweile drauf. Der gehört zum guten Ton und ist Grundausstattung der liberalen Gesellschaft. Er steht im Bücherregal gleich neben „Der Adolf in mir“ von Serdar Somuncu und dem „Scheibenwischer“-Gesamtpaket. Denn wir haben ja eigentlich aus der Geschichte gelernt. Sagt bei uns jetzt einer, der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan sei „sackdoof, feige und verklemmt“, dann sitzt die moralisch anständige Hälfte des Landes mittlerweile auf dem oben erwähnten Sofa und macht prophylaktisch schon mal den Tucholsky. Und nennt einer unsere österreichischen Nachbarn ein Volk von „acht Millionen Debilen“. Kein Problem: Die Satire darf alles! Hadern mit dem Corona-Ernst Denn die Satire, so der heilige Tucholsky im Original, sie beißt, lacht, pfeift und trommelt die große, bunte Landsknechtstrommel gegen alles, was stockt und träge ist. Das Problem ist nur: Am aller verstocktesten sind ja zumeist die wirklich heiligen Kühe im Stall. Und damit wären wir bei Corona und #allesdichtmachen. Selten hat Sofa-Deutschland so sehr übel genommen wie hier. Cicero-Kolumnist Alexander Grau hat sich dieser Debatte daher noch einmal angenommen. Sein Fazit: „Die teilweise hysterischen Reaktionen auf die satirischen Corona-Videos deutscher Schauspieler machen deutlich: Wir werden erst dann wieder offene Debatten führen können, wenn die Anklage, man würde irgendwem oder irgendwas nahestehen, ins Leere läuft.“ Übel nehmen wir bei uns aber nicht nur den Corona-Witz, wir hadern auch mit dem Corona-Ernst. Diesen Eindruck könnte man zumindest gewinnen, wenn man das Cicero-Interview mit Benjamin Jendro, dem Sprecher der Gewerkschaft der Polizei liest. Darin berichtet der Polizei-Vertreter von Übergriffen auf Uniformträger und von Gewalt gegen die Einsatzkräfte. Besser also, man kommt aus der ganzen Übelnahme wieder raus. Setzen Sie sich also mal aufs Sofa! Beißen, pfeifen, trommeln Sie! Vor allem aber: Beschließen Sie den Tag mit einem herzlichen Lachen! Ihr Ralf Hanselle, stellvertretender Chefredakteur |