| | Die einzelnen News | | 1. | OLG Dresden: Online-Coaching ist Fernunterricht = FernUSG kommt zur Anwendung | Ein Online-Coaching-Programm ist ein Fernunterricht , wenn es Wissen vermittelt und Lernkontrollen ermöglicht. In einem solchen Fall gilt das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) und das fernabsatzrechtliche Widerrufsrecht (OLG Dresden, Urt. v. 30.04.2025 - Az.: 12 U 1547/24). Ein selbstständiger Investmentmakler hatte zwei kostenpflichtige Online-Coaching-Verträge mit einer Marketingberatung abgeschlossen. Die Kosten dafür beliefen auf annähernd 40.000,- EUR. Die Programme bestanden hauptsächlich aus Online-Videos, einem Workbook und 1:1-Calls. Der Beklagte zahlte nur einen Teil davon. Später forderte er sein Geld zurück, da seiner Ansicht nach die Programme gegen das FernUSG verstießen, da der Anbieter keine FernUSG-Zulassung habe. Das OLG Dresden erklärte die geschlossenen Verträge für nichtig. Die vereinbarten stellten eine Vermittlung von Wissen und Fähigkeiten dar. Diese Merkmale erfüllten die Voraussetzungen eines Fernunterrichts. Auch die räumliche Trennung sei gegeben, da die Inhalte überwiegend online bereitgestellt würden. Die Möglichkeit, in Zoom-Calls Fragen zu stellen, reichte als Lernerfolgskontrolle aus. Auch Unternehmer könnten sich auf den Schutz des FernUSG berufen. Da der Anbieter über keine FernUSG-Erlaubnis verfüge, seien die Kontrakte unwirksam. “(…) denn Gegenstand war jeweils die Teilnahme an einer von der Klägerin angebotenen, auf vertraglicher Grundlage erfolgenden, entgeltlichen Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten, bei der der Lehrende und der Lernende ausschließlich oder überwiegend räumlich getrennt sind und der Lehrende oder sein Beauftragter den Lernerfolg überwachen (§ 1 FernUSG). Das Leistungsangebot der Klägerin stellt unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls Unterricht im Sinne des § 1 FernUSG dar. Nach der Legaldefinition dieser Vorschrift ist Unterricht die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten. Ein solcher Wissenstransfer hat hier stattgefunden." | | | | 2. | OLG Hamburg: Einschränkung des fliegenden Gerichtsstands in UWG-Fällen nur bei Missbrauchsgefahr | Auch Reform des UWG bleibt der fliegende Gerichtsstand bei Online-Verstößen grundsätzlich anwendbar. Einzige Ausnahme: Es gibt die Missbrauchsgefahr für ein massenhaften Vorgehen (OLG Hamburg, Beschl. v. v. 22.05.2025 - Az.: 5 W 10/25). Die Antragstellerin wollte im Eilverfahren erreichen, dass ein Artikel der “Berliner Morgenpost” nicht weiter online abrufbar war. Der Artikel enthielt Testergebnisse zu Matratzen, die laut Antragstellerin irreführend waren. Sie stellte einen entsprechenden Verfügungsantrag beim LG Hamburg. Das lehnte den Antrag jedoch ab, weil es örtlich nicht zuständig. Der Artikel sei nicht spezifisch für den Raum Hamburg bestimmt. Dagegen legte die Antragstellerin Rechtsmittel ein. Und bekam vor dem OLG Hamburg Recht. Die Hamburger Gerichte seien zuständig. Bei Online-Veröffentlichungen sei der Erfolgsort überall dort, wo der Inhalt abgerufen werden könne. Somit könne auch in Hamburg geklat werden. Die wettbewerbsrechtliche Vorschrift, die eine Einschränkung der Zuständigkeit bei digitalen Diensten vorsehe (§ 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG), greife hier nicht, weil keine Gefahr von massenhaftem Missbrauch bestünde. Es gehe um die Einzelfallbewertung eines spezifischen Artikels: "Entgegen der Auffassung des Landgerichts greift vorliegend nicht die Ausnahme des § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG. Gem. § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG gilt § 14 Abs. 2 S. 2 UWG nicht für Rechtsstreitigkeiten wegen Zuwiderhandlungen im elektronischen Geschäftsverkehr oder in digitalen Diensten nach § 1 Abs. 4 Nr. 1 des Digitale-Dienste-Gesetzes, es sei denn, der Beklagte hat im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand. § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG ist dahingehend auszulegen, dass von der Beschränkung des Wahlrechts aus § 14 Abs. 2 S. 2 UWG im elektronischen Geschäftsverkehr und in digitalen Diensten diejenigen Fälle ausgenommen sind, in denen nicht von einer besonderen Gefahr des Missbrauchs in Form eines massenhaften Vorgehens auszugehen ist (vgl. Senat Urt. v. 07.09.2023 – 5 U 65/22, GRUR-RS 2023, 27442 Rn. 29; OLG Hamburg Beschl. v. 14.05.2024, Az. 3 U 78/23). Hieran ist auch mit Blick auf die geltende Fassung des § 14 Abs. 2 UWG festzuhalten." Und weiter: "Die - vom Landgericht noch nicht berücksichtigte - Änderung des § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG durch Artikel 21 des Gesetzes vom 06.05.2024 (BGBl. 2024 I Nr. 149), durch das der Begriff der „Telemedien“ durch den Begriff der „digitalen Diensten nach § 1 Absatz 4 Nummer 1 des Digitale-Dienste-Gesetzes“ ersetzt wurde, dient lediglich der Anpassung an die Terminologie des Gesetzes über digitale Dienste (DDG), das im Zuge der Durchführung der VO (EU) 2022/2065 (DSA) an die Stelle des Telemediengesetzes getreten ist (vgl. BT-Drs. 20/10031, S. 96; Feddersen in Köhler/Feddersen, UWG, 43. Aufl., § 14 Rn. 7). Diese redaktionelle Folgeänderung führt zu keiner anderen Auslegung. Die besondere Gefahr des Missbrauchs in Form eines massenhaften Vorgehens ist vorliegend nicht gegeben. Die Antragstellerin macht geltend, dass bestimmte Angaben in einem Online-Artikel (Anlage K 1) irreführend i.S.d. § 5 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4, § 5a UWG seien. Ob eine Irreführung über Testergebnisse vorliegt, bedarf einer Beurteilung des konkreten Einzelfalls (vgl. OLG Hamburg GRUR-RR 2019, 535 Rn. 54 ff.; Senat Urt. v. 15.11.2024, Az. 5 U 65/24; Bornkamm/Feddersen in Köhler/Feddersen, UWG, 43. Aufl., § 5 Rn. 2.280 ff.)." | | | | 3. | OLG Hamburg: Vollständige Vorauszahlung 48 Tage vor Beginn einer Kreuzfahrtreise wettbewerbswidrig | Die AGB-Klausel eines Unternehmens, den Reisepreis spätestens 48 Tage vor Abreise zu zahlen, ist wettbewerbswidrig, da es keinen sachlichen Grund für eine solche lange Vorlaufzeit gibt (OLG Hamburg, Urt. v. 10.04.2025 - Az.: 5 UKL 8/24). In dem verhandelten Fall verlangte der beklagte Reiseveranstalter von seinen Kunden, das Entgelt für eine Kreuzfahrt mindestens 48 Tage vor Beginn zu überweisen. “Mit Erhalt dieser (…) ist eine Anzahlung i.H.v. 20% des Reisepreises fällig, Restbetrag 48 Tage vor Abreise.” Das OLG Hamburg sah hierin eine Diskriminierung der Kunden und bewertete die Klausel als Wettbewerbsverstoß. Kreuzfahrten seien organisatorisch und wirtschaftlich nicht besonders anspruchsvoll, sondern unterlägen den gleichen Regeln wie andere Urlaubsreisen. Auch die Tatsache, dass Kunden ihre Dokumente rechtzeitig einreichen müssen oder Leistungen kurzfristig bereitgestellt werden, rechtfertigt keine solche lange Vorleistungspflicht. "Die von der Beklagten verwendeten streitgegenständlichen Klauseln sind gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam, da sie den Vertragspartner der Beklagten, nämlich den Reisenden, entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Der Bundesgerichtshof hat insoweit bereits im Urteil vom 09.12.2014, Az. X ZR 85/12, entschieden, dass eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, nach der der Reisende den gesamten restlichen Reisepreis früher als 30 Tage vor Reiseantritt zu entrichten hat, den Reisenden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt und unwirksam ist (BGH, NJW 2015, 1444, 3. Leitsatz). Dem ist auch in Bezug auf den vorliegenden Fall zu folgen." Und weiter: "Soweit die Beklagte geltend macht, dass es sich bei Kreuzfahrtreisen um einen vollkommen anderen Sachverhalt als denjenigen, über den der Bundesgerichtshof entschieden habe, handele, dieser benötige eine abweichende rechtliche Behandlung, ist dem nicht zuzustimmen. Rechtlich gesehen handelt es sich bei einer Kreuzfahrt um eine Pauschalreise im Sinne des § 651a BGB (…), die denselben Regelungen unterliegt wie jede andere Pauschalreise. Dementsprechend ist auch in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nichts für die von der Beklagten behauptete Differenzierung angelegt. Auch im vorliegenden Fall gilt, wie der Kläger geltend macht, dass die Beklagte wie andere Reiseveranstalter das unternehmerische Risiko zu tragen hat und dieses nicht durch unangemessene Vorauszahlungsbedingungen auf Verbraucher abwälzen kann." | | | | 4. | OLG Koblenz: Kunde hat keinen Ersatzanspruch, wenn er Freischaltcode für Online-Banking an Dritte weitergibt | Ein Kunde, der den Freischaltcode für das Online-Banking an Dritte weitergibt, hat gegen sein Finanzinstitut keinen Anspruch auf Schadensersatz, da er grob fahrlässig handelt (OLG Karlsruhe, Urt. v. 19.11.2024 - Az.: 17 U 127/22). Die Klägerin, Kundin der beklagten Bank, wurde telefonisch von ihrem angeblichen Bankberater kontaktiert. Dieser kündigte einen Brief mit einem Freischaltcode für das Online-Banking an. Kurz darauf erhielt sie den Brief mit dem Code tatsächlich. Später erhielt sie eine E-Mail, die vorgab, vom technischen Support der Bank zu stammen. Darin wurde sie gebeten, den Code per E-Mail weiterzuleiten. Die Kundin tat dies. Die Klägerin, Kundin der beklagten Bank, wurde telefonisch von ihrem angeblichen Bankberater kontaktiert. Dieser kündigte einen Brief mit einem Freischaltcode für das Online-Banking an. Kurz darauf erhielt sie den Brief mit dem Code tatsächlich. Später erhielt sie eine E-Mail, die vorgab, vom technischen Support der Bank zu stammen. Darin wurde sie gebeten, den Code per E-Mail weiterzuleiten. Die Frau klagte auf Erstattung der unerlaubt abgebuchten Gelder. Das OLG Karlsruhe lehnte den Anspruch ab. Die Klägerin habe ihre Sorgfaltspflichten in grober Weise verletzt, indem sie den sensiblen Freischaltcode an eine unbekannte E-Mail-Adresse gesendet habe. In dem Begleitschreiben habe die Bank klar darauf hingewiesen, dass der Code ausschließlich in der App einzugeben sei und bei Unklarheiten über die bekannten Kanäle Rücksprache zu halten sei. Diese Hinweise hätte die Klägerin erkennen und beachten müssen. Zudem sei allgemein bekannt, so die Richter weiter, dass Finanzinstitute keine vertraulichen Daten per Telefon oder E-Mail anfordern würden. Ein Mitverschulden der Bank liege nicht vor. Das Online-Banking-System sei ausreichend gesichert, und es gebe auch keine Hinweise auf Sicherheitslücken. "Bereits die Umstände der ersten Kontaktaufnahme hätten der Klägerin deutlichen Anlass zum Misstrauen geben müssen. Dabei teilte der als der Bankberater der Klägerin auftretende Anrufer der Klägerin am Telefon mit, sie werde einen automatisch von der Bank versendeten Brief erhalten, der einen Freischaltcode enthalte, den sie per E-Mail zurücksenden müsse, damit sie weiter am Online-Banking teilnehmen könne. Selbst wenn zugunsten der Klägerin unterstellt wird, dass sie den Freischaltcode nicht zuvor selbst bei der Beklagten angefordert hatte und während des Anrufs auf dem Telefondisplay eine der Beklagten zuzuordnende Telefonnummer angezeigt wurde, erscheint eine derartige Vorgehensweise ungewöhnlich. Sie widerspricht den deutlichen Warnungen in den Sonderbedingungen, in denen die Funktion und die Gefahr bei Weitergabe eines solchen Aktivierungscodes ausdrücklich geschildert ist (…) Zudem ist fast schon allgemein bekannt, dass die Banken ihre Kunden nicht zur Weitergabe sensibler Daten am Telefon und per E-Mail auffordern (…). Die Klägerin wurde denn auch misstrauisch und führte mittels der Rückruftaste einen Kontrollrückruf durch, den sie allerdings – wegen des gleichzeitigen Eintretens ihrer Chefin in ihr Büro – sofort abbrach, nachdem sich der Gesprächspartner mit dem Namen des ihr persönlich nicht bekannten Bankberaters meldete." Und weiter: "Spätestens nach der Lektüre des Schreibens durch die Klägerin erscheint es dem Senat unverständlich, weshalb sie angesichts der aufgezeigten Unstimmigkeiten vor der Übermittlung des Freischaltcodes an eine nicht in dem Schreiben erwähnte E-Mail-Adresse nicht nochmals über die „bekannten Kommunikationswege“ oder die angegebene Telefonnummer oder E-Mail-Adresse bei der Beklagten rückfragte. Eine solche Rückfrage erübrigte sich nicht deshalb, weil in dem Schreiben nach Ansicht der Klägerin nicht deutlich wird, dass nur die angegebenen Kontaktdaten genutzt werden dürften und deshalb die darin zu sehenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen intransparent seien." | | | | 5. | OLG Koblenz: Automatische Übermittlung positiver Vertragsdaten an die SCHUFA durch Art. 6 Abs.1 f) DSGVO gedeckt | Die automatische Übermittlung positiver Vertragsdaten an die SCHUFA im Rahmen des Abschlusses eines Mobilfunkvertrags ist durch das berechtigte Interesse gemäß Art. 6 Abs.1 f) DSGVO gerechtfertigt und stellt keinen Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen dar (OLG Koblenz, Urt. v. 12.05.2025 - Az.: 11 U 1335/24). Der Kläger hatte bei einem Mobilfunkanbieter einen Vertrag abgeschlossen. Nach Vertragsbeginn meldete der Anbieter die Vertragsdaten (Name, Geburtsdatum, Vertragsnummer etc.) an die SCHUFA zur Anlage eines sogenannten Servicekontos. Der Kunde klagte auf Schadensersatz, Unterlassung und Feststellung, dass die Datenübermittlung unzulässig gewesen sei. Er sah sich in seinen Rechten verletzt und machte einen Kontrollverlust über seine Daten geltend. Das OLG Koblenz wies die Klage ab. Dem Kläger stünde keine der geltend gemachten Ansprüche zu. Die Übermittlung sei durch das berechtigte Interesse des Anbieters und anderer Marktteilnehmer an der Betrugsprävention gerechtfertigt (Art. 6 Abs.1 f) DSGVO). Die Daten wurden zur Identifikation genutzt, um im solidarischen System der SCHUFA mögliche Vertragsmissbräuche zu verhindern. Der Kunde sei über die Datenübermittlung informiert und hätte widersprechen können. Da er dies nicht getan habe, könne er zudem keinen Kontrollverlust geltend machen. "Die Beklagte verfolgte mit der Einmeldung der personenbezogenen Daten das berechtigte Interesse der Betrugsprävention in einem solidarischen System, in dem die Vertrauenswürdigkeit von potentiellen neuen Vertragspartnern bei auf Vorausleistung des Dienstleisters angelegten Verträgen und ihre wirtschaftliche Zuverlässigkeit auf Grundlage der von allen Verkehrsteilnehmern eingespeisten Positiv- und Negativdaten bewertet werden. Die konkrete Datenverarbeitung diente daher den sozioökonomischen Interessen insbesondere der Telekommunikationsbranche, letztlich aber auch der redlichen Kunden von Telekommunikationsunternehmen. Unerheblich ist, dass der Beklagten selbst die nachträgliche Einmeldung der Vertragsdaten des Klägers auf diesen bezogen nichts nützt, da sie nicht notwendig (nur) eigene Interessen verfolgen muss. (…) Ebenso ist nachvollziehbar, dass die konkrete Datenverarbeitung zur Betrugsprävention erforderlich war. Ein milderes, gleichermaßen geeignetes Mittel ist auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Datensparsamkeit nicht dargetan oder ersichtlich." Und hinsichtlich des fehlenden Widerspruchs des Klägers führt das Gericht aus: "Selbst wenn man aber die Datenverarbeitung als unzulässig einstufen wollte, hätte sie vorliegend nicht zu einem Schaden des Klägers geführt. (…) Es fehlt an einem Kontrollverlust über die eingemeldeten Vertragsdaten. (…) Der Kläger war daher jederzeit voll informiert und hatte es in der Hand zu entscheiden, wie seine Daten verarbeitet werden; er hätte jederzeit die Datenverarbeitung durch die SCHUFA bei fortlaufendem Vertragsverhältnis stoppen können, hat sie aber widerspruchslos geduldet. Von einer gegen seinen Willen stattfindenden Datenverarbeitung von Positivdaten kann vor diesem Hintergrund im vorliegenden Fall keine Rede sein." | | | | 6. | LG Amberg: Irreführende Angaben auf Umverpackung eines Produkts | Ein Rasendünger darf nicht mit der Aussage “verdrängt Moos” beworben werden, wenn das Produkt das Moos gar nicht direkt bekämpft, sondern vielmehr nur das Wachstum des Rasens unterstützt (LG Amberg, Urt. v. 31.03.2025 - Az.: 41 HK O 737/24). In dem Verfahren ging es um einen großen Discounter, der Rasendünger verkaufte. Auf der Umverpackung wurden folgende Werbeaussagen verwendet: “Verdrängt Moos” und “Moosverdrängender Rasendünger” und “Entzieht Moos und Unkraut die Lebensgrundlagen”. Tatsächlich hatte der Dünger jedoch keine direkte Wirkung gegen Moos oder Unkraut, sondern stärkte lediglich lediglich das Rasenwachstum. Die Klägerin sah darin eine wettbewerbswidrige Irreführung. Das LG Amberg teilte diese Ansicht und verurteilte die Beklagte zur Unterlassung. Verbraucher erwarteten bei derartigen Produkten eine direkte, vernichtende Wirkung. Diese Erwartung werde aber nicht erfüllt, sondern der Konsument werde vielmehr in die Irre geführt. Auch wenn in kleingedruckten Textpassagen eine indirekte Wirkung erläutert werde, sei die hervorgehobene Verpackungsgestaltung entscheidend. “Eine geschäftliche Handlung ist (…) irreführend, wenn sie zur Täuschung geeignete Angaben über wesentliche Merkmale der Ware enthält. Für die Beurteilung, ob eine geschäftliche Handlung irreführend ist, kommt es darauf an, welchen Gesamteindruck sie bei den maßgeblichen Verkehrskreisen hervorruft. Sie ist irreführend, wenn das Verständnis, das sie bei den angesprochenen Verkehrskreisen erweckt, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt.” Auf den konkreten Sachverhalt bezogen, äußert sich das Gericht wie folgt: "Der verständige Verbraucher erwartet daher aus seiner Erfahrung eine unmittelbar Moos und Unkraut vernichtende Wirkung des Produkts, auch wenn das Wort „vernichtet“ gerade nicht verwendet worden ist. Hieran ändern auch die im Fließtext auf der Seite der Umverpackung gemachten sich über 11 Zeilen ziehenden Ausführungen, die der Großteil der Verbraucher nicht zur Kenntnis nehmen wird, nichts." | | | | 7. | LG Berlin II: Automatische Newsletter-Zusendung bei Eröffnung eines Kontos im Online-Shop rechtswidrig | Die automatische Zusendung eines Newsletters per E-Mail bei Anmeldung in einem Online-Shop, ohne dass dieser explizit angefordert wurde, ist rechtswidrig (LG Berlin II, Urt. v. 28.01.2025 - Az.: 102 0 O 61/24). Ein Verbraucher registrierte sich im Online-Shop der Beklagten. Nach der Anmeldung erhielt er eine automatische E-Mail mit dem Hinweis: “Bitte bestätigen Sie mit einem Klick auf diesen Link Ihre E-Mail-Adresse, damit wir Ihre Anfrage weiter bearbeiten können.” Diese Nachricht enthielt einen Button mit der Aufschrift “E-Mail-Adresse bestätigen”. Am Ende der Mail stand in einem mit Sternchen gekennzeichneten Zusatz: “Wir verwenden Ihre E-Mail-Adresse, um Sie über Aktionsangebote zu informieren. Dem können Sie jederzeit widersprechen.” Der User klickte auf Button und bestätigte damit seine E-Mail-Adresse, tätigte jedoch keine Bestellung und gab auch keine separate Einwilligung zum Erhalt eines Newsletters an. Trotzdem erhielt er einige Zeit später gleichwohl elektronische Werbenachrichten. Dagegen ging die Klägerin vor. Mit Erfolg, wie das LG Berlin II nun entschied. 1. Keine Einwilligung: Es liege keine wirksame Zustimmung zur Werbung vor. Die Verknüpfung der Anmeldung im Onlineshop mit der Einwilligung zur Werbezusendung reiche nicht aus. Eine wirksame Einwilligung setze vielmehr eine gesonderte, bewusste Entscheidung des Nutzers voraus, was nicht gegeben sei: "Soweit sich die Beklagte für die von ihr behauptete Zustimmung auf die Eröffnung eines Kundenkontos durch (…) im März 2023 beruft, konnte von einer ausdrücklichen Einwilligung des Kunden im Hinblick auf den Bezug des Newsletters - anders als die Beklagte meint - nicht ausgegangen werden (§ 7 II UWG). Die entsprechende Einverständniserklärung ist bzw. war nämlich „voreingestellt“, da die Zustimmung des Kunden mit dem Erhalt von Werbung durch die Beklagte zwingend mit der Anmeldung in deren Onlineshop verknüpft war. Meldete er sich an, galt seine Einwilligung zum Newsletter-Bezug als erteilt. Diese Vorgehensweise entspricht nicht den Anforderungen an eine ausdrückliche Einwilligung. Denn es liegt nicht eine nach außen erkennbare Betätigung des Willens i.S.e. ausdrücklichen Einwilligungserklärung vor, sondern insoweit nur ein bedeutungsloses passives (dem Schweigen vergleichbares) Nichterklären (…). Eine für ein „Opt-in“ erforderliche zweite, vom Erstellen des Kundenkontos getrennte Erklärung, wurde vorliegend nicht abgegeben (…). 2. Kein Fall des § 7 Abs.3 UWG: Es liege auch kein Fall der Ausnahmeregelung des § 7 Abs.3 UWG vor, der unter bestimmten Bedingungen auch ohne Zustimmung eine Übermittlung erlaube. Denn es fehle an dem notwendigen Einkauf in dem Online-Shop: "Die in § 7 III UWG vorgesehene Ausnahmeregelung war offensichtlich nicht einschlägig. Danach ist eine Einwilligung für die Direktwerbung eines Unternehmers mit elektronischer Post dann nicht erforderlich, wenn der Unternehmer die elektronische Postadresse eines Kunden im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung erhalten hat und er diese Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet. Die Ähnlichkeit muss also im Hinblick auf die bereits gekauften Waren oder Dienstleistungen gegeben sein (…). Da es zwischen der Beklagten und (…) nicht zu einem Vertragsschluss gekommen ist, fehlte die Grundlage für eine Bewerbung „ähnlicher“ Waren." Hinweis von RA Dr. Bahr: In der Rechtsprechung ist umstritten, ob für § 7 Abs.3 UWG wirklich ein Kaufvertrag vorliegen muss oder ob nicht bereits reine Anbahnungsgespräche ausreichend sind.
| | | | 8. | LG Berlin II: Stromversorger darf an Verbraucher keine irreführenden Schreiben über Energieversorgung schicken ("Es geht um Ihre Stromversorgung") | Ein Energieversorger darf keine Briefe an Verbraucher verschicken, die eine Gefahr für die Stromversorgung ("Es geht um Ihre Stromversorgung") vortäuschen (LG Berlin II; urt. v. 11.03.2025 - Az.: 102 O 88/24. Ein Energieversorger schickte an potenzielle Kunden Briefe, in denen es u.a. hieß: “Es geht um Ihre Stromversorgung” und “Dringend – bitte heute noch zurückrufen!” und “Ihre Mithilfe ist erforderlich”. Das Unternehmen wollte damit Neukunden gewinnen. Die Wettbewerbszentrale sah darin jedoch eine unerlaubte Irreführung. Das LG Berlin folgte dieser Ansicht und verurteilte den Energieversorger zur Unterlassung. Die Werbeansprache sei eine gezielte Irreführung. Durch die Aussagen werde beim durchschnittlichen Verbraucher der Eindruck erweckt, es gehe um Probleme mit der aktuellen Stromversorgung oder um einen bestehenden Vertrag. Viele Verbraucher fühlten sich deshalb verpflichtet, aus Sorge zu reagieren. Dieser Eindruck werde durch Formulierungen wie “Ihre Mithilfe ist erforderlich” noch verstärkt. Gerade bei einem so wichtigen Thema wie der Stromversorgung würden Verbraucher schnell verunsichert. Die Gestaltung des Briefes spielt eben mit genau dieser Angst. “Unter Berücksichtigung dieses Verbraucherbilds hielt die Kammer den Inhalt des Schreibens für irreführend, da die Beklagte mit der von ihr gewählten Kundenansprache gezielt Befürchtungen und diffuse Ängste bei den Empfängern auslöst, um diese zu dem von ihr gewünschten Verhalten zu veranlassen, nämlich einem Anruf bei ihrem Unternehmen. Eine solche Kontaktaufnahme reicht als „geschäftliche Entscheidung“ im Sinne des § 5 UWG aus. (…) Zum anderen unterstellt der Inhalt des Schreibens bereits einen konkreten Bezug der Beklagten zur aktuellen Stromversorgung der angeschriebenen Verbraucherin. Denn die Formulierung „es geht um Ihre Stromversorgung. Ihre Mithilfe ist erfor- derlich. Bitte melden Sie sich unter der Rufnummer (...)“ erweckt den unzutreffenden Eindruck, ein Anruf bei der Beklagten sei im Zusammenhang mit der bestehenden Versorgungssituation des angeschriebenen Verbrauchers erforderlich, was aber nicht der Wahrheit entspricht." Und weiter: "Eine entsprechende Täuschung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die angeschriebenen Verbraucher an sich wissen müssten, dass sie einen anderen Stromanbieter haben und deshalb grundsätzlich auch erkennen könnten, dass das Schreiben keinen Bezug zu ihrer aktuellen Stromversorgung haben kann. So können an der Stromversorgung aus Sicht der Verbraucher auch andere Unternehmen als der unmittelbare Stromlieferant beteiligt sein, da Verbraucher sich nicht zwingend in allen Einzelheiten über die insoweit tätigen Unternehmen und ihre Beiräge an der Stromversorgung bewusst sind. Es erscheint daher aus Sicht der angesprochenen Verbraucher zumindest denkbar, dass ein Unternehmen, das ihnen vorher nicht bekannt war, berechtigterweise eine „Mithilfe“ oder Unterstützungshandlung im Zusammenhang mit der eigenen Stromversorgung einfordert." | | | | 9. | LG Hamburg: Werbung auf Instagram mit Vorher-Nachher-Bildern für Unterspritzen mit Hyaluronsäure wettbewerbswidrig | Ein Schönheitszentrum darf auf Instagram keine Vorher-Nachher-Bilder verwenden, um seine Behandlungen mit Hyaluronsäure (hier: Unterspritzen) zu bewerben (LG Hamburg, Urt. v. 05.12.2024 - Az.: 312 O 209/23). Das verklagte Unternehmen bot Schönheitsbehandlungen an und warb auf Instagram und seiner Website mit Vorher-Nachher-Bildern für Lippenunterspritzungen mit Hyaluronsäure. Die Klägerin sah hierin einen Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz (HWG), da solche Vergleiche grundsätzlich unzulässig seien. Die Beklagte wandte ein, dass die Behandlungen nicht nicht-operativ seien und daher das HWG gar nicht zur Anwendung komme. Das LG Hamburg bejahte einen Wettbewerbsverstoß. Laut HWG sei Werbung mit Vorher-Nachher-Bildern für plastisch-chirurgische Eingriffe ohne medizinische Notwendigkeit verboten. Lippenunterspritzungen mit Hyaluronsäure zählten zu diesen Eingriffen. Denn auch wenn kein Skalpell benutzt werde, handele es sich um einen instrumentellen Eingriff mit gesundheitlichen Risiken wie Schwellungen, Entzündungen oder im Extremfall Sehstörungen. Diese Risiken rechtfertigten die Einstufung als operativer plastisch-chirurgischer Eingriff. Das HWG sei somit anwendbar. Zudem wolle der Gesetzgeber gerade keine Verharmlosung solcher Behandlungen durch vergleichende Werbung: "Es soll für einen mit gesundheitlichen Risiken versehenen Eingriff ohne medizinische Notwendigkeit kein Anreiz durch vergleichende Darstellung des Körperzustandes oder des Aussehens vor und nach dem Eingriff geschaffen werden (vgl. OLG Düsseldorf GRUR 2022, 1768 Rn. 36 m.w.N. - Brazilian Butt Lift). Diesem Schutzzweck entspricht es, keine Beschränkung des Begriffs des operativen Eingriffs auf einen solchen durch Skalpell o.ä. vorzunehmen bzw. danach zu differenzieren, ob bei den Eingriffen die Körperoberfläche eröffnet wird und mit welchem Instrument und in welchem Umfang dies geschieht, weshalb die Aufzählung in der Gesetzesbegründung lediglich als beispielhaft und nicht als abschließend zu verstehen ist (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O.). (…) Die Kammer schließt sich diesen Ausführungen vollumfänglich an.". | | | | 10. | Webinar mit RA Dr. Bahr "Update 2025: Werbeeinwilligungen nach DSGVO und UWG" am 12.06.2025 | Am 12.06.2025 gibt es ein kostenloses Webinar mit RA Dr. Bahr zum Thema "Update 2025: Werbeeinwilligungen nach DSGVO und UWG - same procedure as every year" Auch dieses Jahr – dem 6. Jahr in Folge - sind wir wieder am Start und freuen uns auf Sie! Wie gewohnt gibt es auch 2025 ein großes Jahres-Update zum Thema Werbeeinwilligungen nach DSGVO und UWG. Welche neuen rechtlichen und tatsächlichen Entwicklungen gibt es in Sachen Werbeeinwilligungen? Welche neuen Urteile erleichtern dem Unternehmer das Leben? Und welche neuen Probleme sind aufgetaucht? Das Webinar richtet sich an alle Unternehmen, die entweder beratend im Direktmarketing tätig sind oder die selbst eigene Direktmarketing-Aktivitäten durchführen. Die Veranstaltung ist – wie in den Vorjahren – bewusst anders konzipiert. Sie bietet keinen allgemeinen, weitschweifigen Überblick, sondern konzentriert sich auf das Wesentliche: Was Unternehmen, die im Direktmarketing tätig sind, im Jahr 2025 wissen müssen. Mit zahlreichen Tipps und Tricks. Zuhörer können Ihre Fragen per Chat oder Audio-Live-Zuschaltung stellen. Die Veranstaltung ist kostenfrei. Referenten: Rechtsanwalt Dr. Martin Bahr, Kanzlei Dr. Bahr Claudia Rigon, DIGITAL HUNTER GROUP Über die Referenten: RA Dr. Bahr ist seit mehr als 22 Jahren Anwalt und seitdem auf den Bereich der Neuen Medien spezialisiert. Er ist TÜV-zertifizierter Datenschutzbeauftragter und berät zahlreiche Unternehmen im Bereich des Datenschutzrechts. Claudia Rigon von der DIGITAL HUNTER GROUP ist seit 2016 als Datenschutzbeauftragte für die Digital Hunter Group tätig. Digital Hunter bietet seit mehr als 15 Jahren Komplettlösungen aus einer Hand - von der Leadgenerierung über die Automatisierung des Kundenkontakts bis hin zum digitalen Verkauf. www.digitalhunter.biz Die Veranstaltung ist kostenfrei. Anmeldungen können hier vorgenommen werden. Datum: 12.06.2026 Uhrzeit: 10:30 - 12:00 Uhr Kostenlose Webinar-Anmeldung hier | | | | | | Allgemeine Informationen zum Newsletter |
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