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Sehr geehrte Damen und Herren,
Thomas Vitzthum
Thomas Vitzthum
Redakteur Politik
wenn in den deutsch-russischen Beziehungen etwas schlecht läuft - de facto also fast immer - erhebt irgendwer die Forderung, Nord Stream 2 einzustellen. Besser gesagt, nicht zu Ende zu bauen. Denn neben der Gas-Pipeline Nord Stream 2 gibt es ja noch die Pipeline Nord Stream 1. Die ist fertig und in Betrieb – ihren Stopp hat noch keiner gefordert. 

In diesen Tagen ertönt der Ruf nach dem scheinbaren Sanktionsinstrument Nummer eins  gegen den Kreml wieder besonders laut. Der Grund ist der Umgang Russlands mit dem Oppositionspolitiker Alexei Nawalny. Der soll, weil er angeblich gegen Bewährungsauflagen verstoßen hat – zu einem Zeitpunkt, als er sich von einem Giftmordanschlag in Deutschland erholte –, nun für mehrere Jahre ins Gefängnis. Ein absurder Vorwurf. Ein absurder Prozess. Zweifelsohne. Der Umgang des russischen Präsidenten mit jenen, die ihn kritisieren, ist der eines lupenreinen Anti-Demokraten. Wenn der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Freitag auf Putin trifft, wird Nawalny zentrales Thema sein. Und womöglich die Pipeline, die auch einige EU-Staaten ablehnen. Allerdings aus anderen Gründen wie jene deutschen Politiker, die ihr Ende fordern. Die baltischen Staaten etwa fürchten den Einfluss Russlands, die Abhängigkeit von russischem Gas. Solche Argumente kann man gelten lassen. 

Die Energieversorgung Deutschlands allerdings wird ohne Nord Stream nicht zusammenbrechen. Die Forderung nach einem Ende ist demnach wohlfeil. Sie tut nicht wirklich weh. Sie ist zu einem Reflex erstarrt. Das wird besonders jetzt offenkundig, da sich Russland auf einem anderen Gebiet als Pionier präsentiert hat: bei der Entwicklung eines Corona-Impfstoffs. Anfangs wurde Sputnik V verlacht, nun wird der Impfstoff bewundert. Inzwischen hat sich herausgestellt, nach unabhängiger Prüfung, dass das Vakzin zu 91 Prozent wirksam ist. Nun wollen den Impfstoff alle haben. Sogar von einer Produktion in Deutschland ist die Rede, in Dessau. Kritische Stimmen? Keine. Niemand kam bisher auf die Idee, hier einen Konnex zum Fall Nawalny herzustellen. 

Weil der nämlich richtig wehtun würde. Jeder, egal ob Politiker, Wirtschaftsvertreter oder Journalist, profitiert potenziell von mehr Impfstoffen im Land. Davon ist die eigene Freiheit, das eigene Leben im Zweifel abhängig. Sputnik V ist Putins größter Trumpf, dagegen ist Nord Stream vernachlässigbar. Wenn schon, denn schon: Wer Nord Stream beenden will, kann nicht die Lieferung russischer Impfstoffe beklatschen. Und wer es tut, sollte sich ein anderes Sanktionsinstrument überlegen, als reflexartig die Einstellung der Ostseepipeline zu fordern. 

Was den Tag heute bestimmt, darüber berichtet für Sie jetzt aus dem WELT-Newsroom meine Kollegin Judith Mischke.
WAS HEUTE SCHLAGZEILEN MACHT
Laut der Bundesagentur für Arbeit könnte sich der Fachkräftemangel verschärfen
Quelle: Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa
Arbeitsagentur: Verschärfung des Fachkräftemangels droht

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) befürchtet, dass die Corona-Pandemie den Fachkräftemangel verstärken könnte. „Corona verschärft die demografische Entwicklung: Unserer alternden Gesellschaft stehen noch weniger Fachkräfte zur Verfügung", sagte BA-Chef Detlef Scheele der „Augsburger Allgemeinen". „Wenn wir die Pandemie überstanden haben, wird sich der Mangel an Fachkräften verstärkt zurückmelden." Scheele argumentierte, dass in den Krisen-Monaten weniger qualifizierte Fachkräfte nach Deutschland gekommen sind: „Deutschland braucht langfristig netto jährlich eine Zuwanderung von 400.000 Menschen, damit der Arbeitsmarkt im Gleichgewicht bleibt. Im vergangenen Jahr dürften wir mit 200.000 bis 250.000 Menschen deutlich darunter liegen."

Russischer Arzt von Nawalny gestorben

Der russische Arzt, der den Regierungskritiker Alexej Nawalny direkt nach dem Giftanschlag im vergangenen August behandelt hat, ist im Alter von 56 Jahren gestorben. Sergej Maksimischin sei „plötzlich verstorben", teilte die Klinik in der sibirischen Stadt Omsk mit. Maksimischin arbeitete 28 Jahre lang in dem Krankenhaus und war als stellvertretender Chefarzt für Anästhesiologie und Reanimation im Sommer zwei Tage lang für die Behandlung Nawalnys verantwortlich gewesen. Dann wurde Nawalny nach Deutschland ausgeflogen. „Er wusste mehr als irgendjemand sonst über Alexejs Zustand", sagte Leonid Wolkow, ein enger Vertrauter Nawalnys, dem Sender CNN. Der Chefarzt derselben Klinik, Alexander Murachowski, hatte Nawalny damals lediglich eine Stoffwechselstörung bescheinigt. Hinweise auf eine Vergiftung hatte es nach seinen Angaben nicht gegeben. Nawalny warf ihm eine Fälschung der Diagnose vor. Im November war Murachowski zum Gesundheitsminister der Region befördert worden.

Von der Leyen räumt Fehler bei Impfstoff-Bestellungen ein

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) hat Fehler bei der Beschaffung von Corona-Impfstoffen eingeräumt. „Wir haben uns sehr stark auf die Frage fokussiert, ob es ein Vakzin geben wird, also die Entwicklung“, sagte sie in einem Interview mit zehn internationalen Medien. „Rückblickend hätten wir stärker parallel über die Herausforderungen der Massenproduktion nachdenken müssen.“ Die möglichen Komplikationen bei der Produktion von Corona-Impfstoffen seien unterschätzt worden. Das könnte auch überzogene Erwartungen geweckt haben: „Wir hätten den Menschen erklären sollen, dass es vorangeht, aber langsam, und dass es bei diesen komplett neuen Verfahren Probleme und Verzögerungen geben wird.“ Die EU-Kommissionspräsidentin warnte auch vor weiteren Nachschub-Schwierigkeiten. Es werde sicher weitere Hindernisse und Produktionsprobleme geben. In der EU bleibe das Ziel aber, noch vor Ende des Sommers 70 Prozent der erwachsenen Bevölkerung zu impfen.


Dänemark baut künstliche Insel zur Energiegewinnung 

Dänemark will in der Nordsee eine künstliche Insel erschaffen, um dort erneuerbare Energien zu produzieren. Wie Umweltminister Dan Jørgensen mitteilte, soll die Insel etwa 80 Kilometer vor der Küste aufgeschüttet und mit mehreren europäischen Staaten verbunden werden. Das Projekt werde umgerechnet rund 28 Milliarden Euro kosten. So könne Dänemark einen großen Beitrag zur Nutzung der Windenergie vor der Küste leisten. Zunächst sollen drei Millionen europäische Haushalte mit drei Gigawatt versorgt werden. Denkbar sei die Lieferung von bis zu zehn Gigawatt. Derzeit verfügt Dänemark über Off-Shore-Windkraftwerke mit einer Kapazität von 1,7 Gigawatt.

WORÜBER HEUTE DISKUTIERT WIRD
Lothar Wieler vom RKI
Quelle: REUTERS/Hannibal Hanschke/Pool
„Was uns beim RKI Sorgen macht, sind die Auswirkungen der Varianten des Virus“ – so die Worte des Chefs des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler (im Foto), heute auf einer Pressekonferenz in Berlin. Wielers Urteil: „Sars-Cov-2 ist gefährlicher geworden.“ Und: „Die Varianten haben dem Virus einen Boost gegeben.“ Die Mutation B117 sei nicht nur ansteckender, es gebe auch „erste Hinweise, dass B117 vermehrt zu schwereren Krankheitsverläufen führt.“ Die Mutation habe derzeit einen Anteil von unter sechs Prozent der Corona-Infektionen. Aber: Sie ist bereits in 13 Bundesländern nachgewiesen.

Der Wert der Sieben-Tage-Inzidenz ist unterdessen erfreulicher und liegt am Freitag bei 79,9. Das RKI registrierte zudem 12.908 Corona-Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden und 855 Todesfälle. Der Trend der Infektionen in Deutschland sehe insgesamt positiv aus, erklärte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Erstmals seit dem 25. Oktober seien in Deutschland weniger als 200.000 Menschen aktiv mit dem Coronavirus infiziert. Spahn bremste zugleich die Hoffnungen auf baldige Öffnungen: „Wir haben in anderen europäischen Ländern gesehen, wie schnell die Zahlen nach Öffnungen wieder nach oben schnellen.“ Aber: „Wenn wir öffnen, dann zuerst die Kitas und die Schulen.“ 

Zudem kündigte er an, die Impfverordnung zu ändern. Damit reagiert der Minister auf Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (Stiko), die den zuletzt zugelassenen Impfstoff von AstraZeneca in Deutschland nur für unter 65-Jährige empfiehlt. Die Änderung will Spahn am Montag unterzeichnen. Die Priorisierungsgruppen würden gleich bleiben, Personen im Alter zwischen 18 und 64 Jahren sollten aber bereits ab Februar mit dem neuen Vakzin von AstraZeneca geimpft werden. „Das ermöglicht uns eine Verdopplung der Impfungen im Februar“, so Spahn.
WAS HEUTE NOCH WICHTIG WIRD
Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron
Quelle: Jens Büttner/dpa-Zentralbild
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron werden am Nachmittag eine Pressekonferenz zur europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik geben. Macron wird zuvor auch ein Gespräch mit CSU-Chef Markus Söder haben: Dabei stehen Verhandlungen um ein europäisches Rüstungsprojekt im Vordergrund, welches auch für Bayern wichtig wird. Wir berichten ab 16 Uhr für Sie live im WELT Fernsehen.
PODCAST DES TAGES
„Gegen den Corona-Koller"-Podcast
Quelle: WELT
In Russland wird der Impfstoff Sputnik V bereits seit August des letzten Jahres verimpft – und nun liegen gute Zwischenergebnisse einer großen Studie vor. Wie glaubwürdig sind die Ergebnisse – und kann das russische Vakzin helfen, die Impfstoff-Lücke bei uns in Deutschland zu verringern? WELT-Wissensredakteur Jens Lubbadeh beantwortet die Fragen rund um den Impfstoff – in der neuen Folge „Gegen den Corona-Koller".
 
Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.

Thomas Vitzthum
Redakteur Politik
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