Russlandfreunde und Linke stoßen ins Führungsvakuum der Kanzlerpartei

Liebe/r Leser/in,

wahrscheinlich ist es für Chefinnen und Chefs in Politik wie Wirtschaft klüger, sich selbst eine generelle Urlaubssperre zu verordnen. Zu groß ist die Gefahr der Machterosion während der Abwesenheit. Drinnen, im eigenen Laden oder Imperium, lauern die Rivalen, draußen die unberechenbare Welt: Wer mag da in Ruhe durchschnaufen?
Mahnende Beispiele liefert die Geschichte zuhauf: Gegen die Autokraten Gorbatschow und Erdogan sind einst die Putschisten aufmarschiert, kaum dass sie sich der Sommerfrische an entlegenen Küsten hingegeben haben. Der nicht minder machtbewusste Elon Musk wurde in der Frühphase seines Schaffens gar während der Flitterwochen in Australien (mit Ehefrau Nummer eins) des Amtes enthoben.
Und bei einem Trainer des FC Bayern München, der sich einen Ausflug auf die Skipiste gönnte, nutzten seine Oberchefs dies schnurstracks, um ihn zu feuern. Wie man heute weiß, ist die Sache gut ausgegangen: Julian Nagelsmann wurde so frei für den Posten als Nationaltrainer, und wir erlebten gerade eine beschwingte EM.
Führungspersonal jeglicher Art sei deshalb geraten: Vorsicht mit Ferienfreuden! So hatte sich Christian Sewing, der Chef der Deutschen Bank, gerade per Social Media in den Urlaub verabschiedet, da erbebten die Weltbörsen. Es setzte Verluste historischen Ausmaßes. Vorbei war es mit dem Müßiggang.
Dabei hatte Sportsfreund Sewing sich die freien Tage so schön ausgemalt: in den Schweizer Bergen wandern, an der Nordsee schwimmen, den Hund kraulen und dazu ausgiebig Olympia im Fernsehen schauen.
Warum also sollte es dem Bundeskanzler besser gehen, der kaum dazu kommt, das zu tun, was er nach eigenen Angaben besonders gut kann: „faul sein“ nämlich, wie er es sich für die Ferien vorgenommen hat; „Sport machen, Landschaft genießen, Bücher lesen“.
Von den Vorsätzen bleibt nicht viel übrig in diesen aufgeheizten Tagen. Erst zwingt ihn der Gefangenenaustausch mit Putin zur kurzfristigen Rückkehr ins Geschäft, dann verfolgen ihn die SPD-internen Widersacher.
Traditionelle Russlandfreunde wie Gegner der ökonomischen Vernunft auf der Parteilinken stoßen vor ins „Führungsvakuum der Kanzlerpartei“ („FAZ“). Und als wäre dies nicht genug, treibt der notorische Ampel-Zoff täglich neue Blüten.
Finanzminister Lindner provoziert in der Sommerhitze mit kühlen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des Haushaltes. Es fehlen fünf Milliarden, so seine Botschaft, die irgendwo eingespart werden müssen. Eine böse Attacke, mosert prompt SPD-General Kevin Kühnert, besonders fies jetzt, da der Kanzler im Urlaub weilt.
Olaf Scholz sieht sich daraufhin genötigt, seine Sommerfrische für einen Rüffel gegen den FDP-Chef zu unterbrechen. Als „grundfalsch“ schilt er dessen Auslassungen. Die juristischen Einwände gegen die finanzielle Ampel-Akrobatik seien zu vernachlässigen. Mitte August soll nun die Lösung stehen. Spätestens dann ist Schluss mit den Urlaubsfreuden im Regierungsviertel.

Herzlich Ihr

Georg Meck,
Chefredakteur FOCUS-Magazin

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