Salinero lebt nicht mehr. Im Alter von 28 Jahren ist mit dem Hannoveraner ein Pferd eingegangen, das nicht nur das erfolgreichste Dressurpferd seiner Zeit war, sondern auch dasjenige, das am kontroversesten beurteilt wurde. Der Rappe aus der Zucht von Horst Bünger steht für eine Dekade in der Dressur, die so schwarz war wie sein Fell. Dafür kann das Pferd nichts und auch seine Reiterin Anky van Grunsven nur bedingt. Sie ritt so, wie gerichtet wurde. Und das war derart widerlich anzusehen, dass wir 2005 unter der Überschrift „Dressur pervers“ mit einem Artikel über die zweifelhaften Methoden in der Ausbildung eine Diskussion losgetreten haben, die unter dem Begriff „Rollkur“ (was dann später seitens des Weltverbandes FEI zu „LDR“ – „low, deep and round“ – aufgehübscht wurde und was immer noch nicht ganz von den Abreiteplätzen verschwunden ist) einen Umschwung in Gang setzten sollte. Salinero war ein zähes Pferd, ein hartes Pferd. Das nötigt Hochachtung ab. Er kann nichts dafür, dass er leiden musste, um mehr Medaillen zu gewinnen als irgend ein anderes Pferd im Vergleichszeitraum. Denn auf die Frage, warum das Ziehen und Stechen vonnöten sei, antwortete Sjef Janssen, der niederländische Trainer, der mit seinem System die Dressur revolutionieren wollte (was ihm aufgrund willfähriger Richter zweitweise auch gelungen ist): „more medals“, mehr Medaillen. Und die Medaillen gab es damals für Spannung statt Durchlässigkeit, für die Unfähigkeit, beim Gruß nur Bruchteile von Sekunden stillzustehen, für rhythmische aber nicht „ehrliche“ Piaffen und Passagen (die es auch heute noch zu Hauf in vielen Prüfungen zu sehen gibt). Wir verneigen uns vor einem Pferd, das Geschichte geschrieben hat. Dass diese Geschichte buchstäblich auf seinem Rücken ausgetragen wurde, hat er nicht selbst entschieden. Er hat es ertragen. Bitter ist nur, dass einem in der Rückschau auffällt, wie viele derjenigen, die damals mit Höchstnoten um sich schmissen, wenn die fleischgewordene Falschreiterei im Viereck war, immer noch ihre Finger in der Dressurszene haben. Als Trainerin oder Trainer oder in honorigen Funktionen in Komitees der FEI, sogar im Turniereinsatz. Älter sind sie geworden, ob auch weiser, das darf man in Frage stellen. Ich wünsche Ihnen einen schönen dritten Advent und beim Überstreichen und Zügel aus der Hand kauen lassen, denken Sie/denkt Ihr bitte einmal an Salinero, der ein großartiger Kämpfer war. |