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Wochenende Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Samstag, 09.01.2021 | Bewölkt und grau bei maximal 2°C, Schauer möglich. | ||
+ Desaströse Kommunikation: Berlins Schulen bleiben nun doch zu + Neue Virus-Variante aus England auch in Berlin nachgewiesen + 31 Spiele ohne Sieg – Tasmania Berlin könnte heute Negativ-Rekord verlieren + |
von Felix Hackenbruch |
Guten Morgen, um 18:01 Uhr trudelte die politische Bankrotterklärung der Berliner Bildungssenatorin ein. „Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie hat ihre Regelungen zum Schulbetrieb im Januar überarbeitet“, hieß es diplomatisch in einer hastig verschickten Erklärung mit Stichpunkten. Die Kernaussage: Es wird in Berlins Schulen ab der kommenden Woche nun doch keine Präsenzpflicht geben. Stattdessen Präsenzangebot für die Abschlussklassen 10, 12 und 13 mit maximal halben Klassen bis zum 25. Januar. Außerdem wird eine digitale Notbetreuung angeboten. Am 19. Januar wird es eine Neubewertung der Lage geben, ob auch die Klasse 1 bis 6 zusammen am 25. starten oder erst nach den Winterferien am 8. Februar. „Wir gehen damit auf die vielfach geäußerten Sorgen an Schulen ein“, sagte Senatorin Sandra Scheeres (SPD). Eine Vollbremsung samt 180 Grad Wendung, der eine mehrtägige politische Achterbahn vorausging. Am Montag sprach sich der Hygienebeirat, dem auch LehrerInnen, Schülerschaft, WissenschaftlerInnen und Gewerkschaften angehören, für eine weitergehende Schulöffnung aus. Am Dienstagabend erklärt der Regierende Michael Müller (SPD) dagegen im ZDF: „So ein Abenteuer will ja im Moment auch kein Ministerpräsident eingehen, dass alle Erfolge, die wir uns nun mühsam erarbeitet haben in den letzten Wochen, wieder in Frage gestellt werden durch ein zu frühes Öffnen der Schulen.“ Nicht einmal 24 Stunden später, nach der Sondersitzung des Senats, verkündete er dann genau das Gegenteil. Es folgte der große Aufstand: Brandbriefe von Schulen und Eltern, eine Onlinepetition gegen Präsenzunterricht mit mehr als 30.000 Unterschriften und Schulleitungen, die angekündigten, trotz Senatsbeschluss beim Onlineunterricht zu bleiben. Doch die Senatorin zeigte sich unbeeindruckt. Noch am Freitagmittag lehnte sie die Eilanträge mehrere Schulen ab, um 17:23 Uhr werden Details zum Präsenzunterricht an Schulleitungen verschickt, wenige Minuten später dann doch die Kehrtwende. Eine desaströse Kommunikation. Am Ende war es wohl nicht nur der öffentliche, sondern vor allem der politische Druck, der Scheeres zum Einlenken zwang. Die Berliner SPD-Vorsitzenden Franziska Giffey und Raed Saleh intervenierten, mehrere SPD-Kreisverbände und die Jusos stellten sich öffentlich gegen Scheeres. Nun wird die Verantwortung, ob die Abschlussklassen in die Schulen kommen, abgeschoben an die SchulleiterInnen. Ein Offenbarungseid. Verantwortung? Nein, danke. Warum es da eigentlich noch eine Schulsenatorin braucht, ist unklar. | |||||
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Klar ist, dass die Entscheidung richtig ist. In Berlin türmt sich die zweite Corona-Welle immer höher. Innerhalb von nur zwei Tagen stieg die Inzidenz von 130 auf 171,3. 1479 Neuinfektionen und 60 weitere Tote meldete die Gesundheitsverwaltung am Freitag. Damit stieg die Zahl der Corona-Toten in Berlin auf 1547 – vor einem Monat hatte es mit 732 Toten noch nicht einmal halb so viele Todesfälle gegeben. Die Übersterblichkeit lässt sich statistisch nachweisen. Um 23 Prozent sei diese Mitte Dezember bundesweit gestiegen, teilte das Statistische Bundesamt mit. Das deckt sich mit den Aussagen von Carsten Pohle. Der Geschäftsführer von Otto Berg Bestattungen, einem Unternehmen mit neun Filialen in Berlin, sagt auf Anfrage: „Die Auftragszahl in unserem Haus im Dezember lag mehr als ein Viertel über dem Jahresdurchschnitt.“ Die Auslastung sei hoch, aber noch habe man Kapazitäten. Bei kleineren Bestattern in der Stadt sind die Kühlräume dagegen voll – dort ist man froh über die kalten Temperaturen momentan, wodurch Leichen in anderen Räumen gelagert werden können. | |||||
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Doch warum gelingt es eigentlich trotz geschlossener Schulen, Kitas, Konzerthäuser, Kinos, Kneipen, Geschäfte (...) nicht, die Fallzahlen zu drücken? Eine Erklärung könnte Virus-Mutante B.1.1.7 sein, auch bekannt als UK-Variante des Coronavirus. Das wurde am Freitag erstmals in Berlin festgestellt. Der Fall liegt bereits zwei Wochen zurück, erst jetzt gab es die Bestätigung des Labors. Bei dem Erkrankten handelt es sich um einen Londoner Student, der auf Weihnachtsbesuch seine Familie in Steglitz-Zehlendorf besuchte. Die ganze Familie infizierte sich, nach nur einem Tag waren alle krank, berichtete die Gesundheitsstadträtin meinem Kollegen Boris Buchholz. „Hat es einer, haben es alle“, sagt sie. Das beobachten auch besorgte Forscher, die nun appellieren, man müsse die „Zahlen runterbringen, mit allem, was wir haben“. | |||||
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Und noch eine schlechte Nachricht: Nach Corona bekommen wir es nun offenbar mit der nächsten Seuche zu tun: Die Afrikanische Schweinepest hat Berlin, beziehungsweise Spandau, erreicht. Ein Wildschweinkadaver wurde kurz vor der Stadtgrenze entdeckt. Die Krankheit ist für den Menschen ungefährlich, für Tiere endet sie fast immer tödlich. In einem Radius von vier Kilometer rund um die Fundstelle werden nun mitten durch Kladow Zäune aufgestellt. Damit sollen mögliche weitere infizierte Tiere in der Kernzone verbleiben. Wir wissen leider nicht, wie lange das dauert und wie lange sie stehen bleiben müssen“, sagte der Stadtrat Stephan Machulik (SPD). Immerhin: Checkpoint-Lieblings-Sau Kevin tobt weiter durch Berlin. Seine Tipps lesen Sie weiter unten. | |||||
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