Ich habe damals einige Kritik einstecken müssen. Weniger für den Artikel als vielmehr für die etwas martialische Überschrift. Ich habe mir die Kritik natürlich zu Herzen genommen, wie man an der Überschrift meines heutigen Artikels zu Cathie Wood erkennen kann. Zwischen beiden Artikeln liegen beinahe auf den Tag genau 9 Monate. Zeit für eine Rückschau und einen Ausblick. Im Mai rauschte der ARK Innovation ETF dann sogar durch die 100 US-Dollar-Marke, Tief bis auf 97,22 US-Dollar, runter, bevor er sich wieder erholen konnte. Doch den hartnäckigen Widerstand bei 130 US-Dollar konnte er nicht wieder nachhaltig überwinden und seit Anfang November hat er um mehr als 20 Prozent verloren auf aktuell 96 US-Dollar. Im Tief fiel er am Montag dieser Woche sogar bis auf 89,03 US-Dollar. Vom Glanz der Vorjahre ist nicht viel geblieben. (Hinweis: Der ETF ist in Deutschland nicht offiziell handelbar. Er entspricht nicht den in der EU vorgeschriebenen UCITS-Richtlinien und ist in Deutschland von der BaFin nicht zugelassen. Die ARK-Fonds verfügen nicht über die im Rahmen der UCITS-Richtlinie vorgeschriebenen Informationen für Anleger. Dazu zählen beispielsweise vereinfachte Verkaufsprospekte (KIID/WAI) oder Halbjahres- und Jahresberichte. Zudem sind Anleger hinsichtlich ihres angelegten Vermögens nicht abgesichert. Derzeit ist der Erwerb nur über US-amerikanische Broker möglich. Achtung: Bei diesen nicht in Deutschland zugelassenen Fondsprodukten besteht das Risiko einer Doppelbesteuerung auf Fondsebene sowie auf Anlegerebene). Niemand mag Kloogschieter! „Ich hab’s euch ja gesagt“ werdet ihr von mir nicht hören, aus mehreren Gründen. Der erste ist simpel: Ich hab’s euch nicht gesagt. Ich beschrieb vor 9 Monaten, weshalb Cathie Woods Erfolgssträhne so abrupt unterbrochen wurde, aber natürlich hatte ich damals keine Glaskugel, mit der ich die Zukunft sicher voraussagen könnte. Dummerweise habe ich die heute auch noch nicht, was das „Prognostizieren“ sehr viel schwieriger macht. Ich versuche mich trotzdem dran. Das hängt weniger mit Cathie Wood selbst als vielmehr dem „Investment-Guru-Erfolgszyklus“ zusammen, dem Auf und Ab der angesagten Stars. Einige Fondsmanager haben eine Zeit lang außerordentliche Erfolge vorzuweisen, weil sie einen neuen innovativen Investmentansatz verfolgen und/oder sich früh genug die Wachstumsraketen ins Portfolio gelegt haben. Ihr Erfolg bleibt nicht unbemerkt und daher wird ihr Muster von anderen kopiert und ihren Fonds/ETFs fließt immer mehr frisches Geld zu. Der Guru kauft damit erstmal seine Erfolgs-Aktien weiter, was die Kurse zusätzlich antreibt – und seinen Erfolg weiter vergrößert. Doch irgendwann kippt die Lage. Zum einen erfolgen die späteren Käufe zu deutlich höheren Kursen. Sie erhöhen damit die Kursgewinne der früher gekauften Aktien, aber das waren vergleichsweise kleine Volumina mit den nun einzusetzenden Mitteln – was auf die prozentuale Gesamtperformance der Position drückt. Und zum anderen bedeuten große Mittelzuflüsse auch, dass nicht mehr jede Aktie gekauft werden kann. Manche sind vom Börsenwert her schlicht zu klein, als dass man dort ein paar Milliarden US-Dollar unterbringen könnte. Auf diese Weise reduziert sich das Anlagespektrum und engt sich zunehmend auf die großen und liquiden Werte ein. Das Erfolgskonzept kannibalisiert sich also ein Stück weit selbst durch seinen Erfolg. Dieses Muster trifft (fast) alle Fondsmanager. Als ungeschriebene Regel kann man sagen, dass nach einer Erfolgssträhne von drei sehr guten Jahren eine Reihe von Jahren mit unterdurchschnittlicher Performance folgt. Die Gründe habe ich eben beschrieben. Es kommt aber noch ein weiterer erschwerend hinzu. Denn die „neuen Gurus“ erreichen schnell Kultstatus und viele Anleger meinen, sie könnten nichts falsch machen und alles, was sie so von sich geben, wäre pures Gold. Sie folgen ihnen also in die gehypten Aktien (Neudeutsch: Meme-Stocks). Dann dreht der Wind, der Guru kann nicht mehr punkten, seine Fonds/ETFs laufen nicht mehr so gut, verbuchen Verluste. Die Stimmung kippt und die Aussagen des Gurus werden infrage gestellt und später als Quatsch und Blödsinn abgetan – von denselben Leuten, die ihnen zuvor „blind“ gefolgt sind. Es ist ein bisschen wie eine verschmähte Liebe. Mit der Folge, dass die Anleger ihr Geld abziehen und der Fonds sich für diese Mittelabflüsse Cash besorgen muss, um die abwandernden Anleger auszahlen zu können. Cash bekommt er durch Verkäufe von Aktien und das drückt auf die Kurse der betreffenden Aktien. Je mehr Anleger Cash abziehen, desto mehr Aktien müssen verkauft werden. Und ist die allgemeine Börsenlage ohnehin angespannt, dann geraten die Kurse dadurch noch zusätzlich ins Rutschen, da es zu wenige abnahmewillige Käufer gibt. Eine Teufelsspirale. Und der Grund, weshalb auf einige erfolgreiche Guru-Jahre zumeist nicht nur ein schlechtes folgt, sondern eher zwei oder drei. Wood überzeugt – Oder? Cathie Wood ist sehr überzeugt. Von sich. Und von ihren Überlegungen. Sie glaubt, dass der technologische Fortschritt die Inflation ausbremsen wird. Dass der Preisauftrieb durch neue Technologien mindestens kompensiert wird. Personalintensive Beschäftigungsfelder werden von Maschinen, Künstlicher Intelligenz, und Automation quasi unterwandert. Es werden weniger Mitarbeiter benötigt, was insgesamt die Kosten senkt und tendenziell fallende Preise ermöglicht. Das wiederum wirkt dämpfend auf die Inflation und kann sogar zu einer Deflation führen. Soweit die Theorie. Ebenfalls überzeugt ist sie von Elon Musks Vision des autonomen Fahrens. Tesla setzt hierbei nicht auf LIDAR-Sensoren, wie alle anderen, sondern auf neuronale Netze. Und Musk hatte immer erklärt, die hierfür nötige Software werde in 2021 fertig gestellt und in jeden jemals ausgelieferten Tesla eingespielt. Also auch in die „alten“ Modelle. So würden auf einen Schlag alle „aktiven“ Teslas als autonome Fahrzeuge zur Verfügung stehen und darüber hinaus auch als Robo-Taxis. Musks Vision ist, dass die Tesla-Besitzer, die ihr Fahrzeug gerade nicht selbst nutzen, dieses als autonom agierendes Robo-Taxi zur Verfügung stellen und auf diese Weise sogar noch Geld verdienen können. Gesteuert über Teslas neuronales Netz. Cathie Wood rechnet vor, dass Tesla mit dieser umgesetzten Vision einen Jahresumsatz von 351 Milliarden US-Dollar machen würde. Und das bereits 2024. Daraus ergäbe sich eine „faire“ Marktkapitalisierung von 2,7 Billionen US-Dollar und somit ein Kurs je Aktie von 3.000 US-Dollar. Doch Tesla konnte seine Ankündigungen nicht einhalten und hat Mitte des Jahres sogar angefangen, selbst mir LIDAR herumzuexperimentieren. Doch selbst bei einem Erfolg ist mehr als zweifelhaft, ob Tesla-Besitzer ihre teuren Autos völlig autonom völlig Fremden als „Robo-Taxis“ zur Verfügung stellen würden. Es gibt also gute Gründe, die 3.000 US-Dollar-Vision nicht zu teilen. „Big Short“ Michael Burry gibt auf So dachte auch Michael Burry, der aus „The Big Short“ bekannt ist. Er wettete mit großem Einsatz gegen Tesla und gegen Cathie Woods ARK Innovation ETF, in dem Tesla die größte Position ist. Ende des 2. Quartals hielt Burrys Investment-Firma Scion Shorts auf 235.500 Anteile des ARK Innovation ETF im Gesamtwert von 31 Millionen US-Dollar und Puts auf 1.075.500 Tesla-Aktien. Doch die Kursentwicklung lief gegen Burry und so stellte er seine Short-Positionen glatt und kassierte die Verluste, wie sein 13F per Ende des 3. Quartals zeigte. Er verkaufte seine Tesla-Puts damit bei Kursen zwischen 600 und 800 US-Dollar, während der Kurs aktuell um die 1.000 notiert. Die Verlustbegrenzung kam also noch rechtzeitig. Die größten Fonds-Positionen im ARK Innovation ETF Die starken Kurseinbrüche setzen auch den ARK-ETFs kräftig zu. Im Flaggschiff-ETF ARK Innovation ist Tesla schon lange die größte Position und lag selten unter 12 Prozent Gewichtung. Neben Elon Musk, der für knapp 1 Milliarde US-Dollar Tesla-Aktien auf den Markt geworfen hat, trennte sich auch Cathie Wood von einem erheblichen Anteil – der Kurseinbruch tat sein Übriges. Daher liegt Tesla zwar weiterhin auf dem Spitzenplatz, bringt aber nur noch 8,3 Prozent auf die Waage. Quasi eine Art Negativrekord. Dies sind die 5 Top-Werte im ARK Innovation ETF per 10.12.2021: 1. Tesla 8,3% 2. Roku 6,1% 3. Teladoc Health 5,9% 4. Zoom 5,5% 5. Coinbase 5,1% 40 Prozent schlechter als der NASDAQ Der ARK Innovation ETF weist seit Jahresbeginn eine Performance von -13,4 Prozent auf, während der NASDAQ bei +27,8 Prozent liegt. Cathie Woods Anleger haben in diesem Jahr also nicht nur ordentlich Geld verloren, sondern ihre Underperformance gegenüber der Benchmark liegt bei über 41 Prozent. Das ist ein Katastrophenergebnis und nicht schönzureden! Der ARK-Short Als wäre das nicht schon schlimm genug, wird Cathie Wood nun noch zusätzlich Salz in die Wunde gestreut. Matt Tuttle, CEO von Tuttle Capital, hält Cathie Wood für völlig überbewertet und setzt jetzt sogar sein Geld gegen sie. Dazu hat er den „Tuttle Capital Short Innovation“ Fonds aufgelegt, der ursprünglich sogar als Anti-Ark-ETF benannt war. Der Fonds wettet dabei mit Swaps gegen die einzelnen ARK-Positionen. Tuttle ist sicher: „Unser ETF ist eine großartige Absicherung gegen den Einbruch wachstumsstarker Aktien“ und bisher liegt er goldrichtig. Denn seit dem 9. November liegt der Fonds zweistellig im Plus, während der ARK-ETF weiter absäuft. Doch Tuttle wettet nicht einfach gegen Wachstums-Unternehmen, sondern explizit gegen Cathie Woods Auswahl. Hintergrund ist, dass Woods vor 7 Jahren gegründete ARK Invest nicht einfach Börsen-Indizes nachbildet, sondern gezielt Unternehmen herauspickt und diese entsprechend hoch in ihren ETFs gewichtet. Obwohl also ETF auf dem Produkt drauf steht (was für eine passive Anlagephilosophie steht), erfolgt eine aktive Aktienauslese – und zwar tagtäglich. Cathie Wood setzt auf disruptive Technologien aus so unterschiedlichen Bereichen wie Genomik, Fintech, Raumfahrt und Robotik. Sie war früh investiert in Unternehmen wie Netflix, Salesforce oder Tesla und hat damit große Gewinne eingefahren. Doch mittlerweile setzt sie hauptsächlich auf „unprofitable Tech-Unternehmen“, wie Tuttle kritisiert. Den großen strategischen Rahmen, wie Cathie Wood ihn gerne formuliert, kann er nicht nachvollziehen. Woods Problem mit dem ARKK sei vielmehr, dass er fast ausschließlich auf kleine ausgewählte Unternehmen setzt, die in keinen anderen Indizes abgebildet werden. Bei steigenden Kursen würden diese eher marktengen Werte hochkatapultiert, an schwachen Tagen sinke der Fonds hingegen viel stärker als der Index der großen Tech-Werte. Dem „Handelsblatt“ zufolge hätten tatsächlich 33 der 44 Unternehmen in Woods Portfolio in den vergangenen 12 Monaten Verluste geschrieben und die 11 profitablen würden von Marktbeobachtern überwiegend als überbewertet eingestuft. Unser Fazit Bei Cathie Wood ist der Lack ab. Wie zu erwarten war. Sie war der große Star im Jahr 2020 mit überragender Rendite, so dass ihre ARK-ETFs im 3-Jahres-Durchschnitt auf Renditen zwischen 135 und 195 Prozent kamen. Das hat viele neue Anleger angelockt und die haben nun erhebliche Verluste zu verzeichnen. Es ist zu befürchten, dass Cathie Wood noch einige Zeit schlechter als der Markt abschneiden wird. Nicht nur, weil Technologie-Aktien momentan nicht mehr ganz so sehr angesagt sind und wir uns auf Zeiten steigender Zinsen und weniger lockerer Geld-Politik zu bewegen, in denen Wachstums-Aktien tendenziell schlechter abschneiden als Value-Aktien. Sondern auch, weil ihr Anlagevolumen noch immer so groß ist, dass sie ihrer ursprünglichen Erfolgsstrategie, kleine innovative Wachstums-Unternehmen herauszupicken, nicht mehr folgen kann. Und wenn sie es doch tut, dann haben diese Unternehmen ein so geringes Gewicht in ihren ETFs, dass sie keine Rolle spielen für die Performance. Cathie Wood wird also vom Fluch der Größe heimgesucht, der auch Warren Buffetts Bilanz drückt. In seinen ersten 20, 30 Jahren konnte er viele kleine Unternehmen kaufen und durchschnittliche Jahresrenditen von weit über 20 Prozent pro Jahr einfahren. Doch schon seit vielen Jahren ist Berkshire Hathaways Vermögen so groß, dass er sich auf „Elefanten“ konzentrieren muss. Das schränkt sein Anlageuniversum massiv ein. Und wenn er mal ein kleines Top-Unternehmen kauft, wirkt es sich auf sein Depot kaum aus. Doch es ist eine Sache, sich von Cathie Wood abzuwenden und „ihre“ Aktien nicht mehr blind zu kaufen. Eine ganz andere ist es, gegen Cathie Wood zu wetten und eigene Shorts zu platzieren. Wer es dennoch versuchen will, kann tagesaktuell die Veränderungen in Cathie Woods ETFs einsehen unter ark-funds.com/funds. Einige Broker bieten an, dass man Aktien leer verkaufen kann, also eine Verkaufsorder platziert, ohne die Aktie im Depot zu haben. Im Ergebnis hat man dann einen negativen Aktienbestand im Portfolio. So ließen sich leicht die 5 oder 10 größten Werte von Cathie Woods ARK Innovation-ETF mit entsprechender Gewichtung shorten und man würde sich so seinen eigenen Anti-ARK-Short zusammenstellen. Dabei sollte man allerdings die Risiken im Blick behalten, denn wenn der Kurs der betreffenden Aktie wieder ins Laufen kommt, dann sind den eigenen Verlusten im Depot praktisch keine Grenzen gesetzt. Hält man dagegen „normale“ Aktien im Depot, ist das Risiko immer auf maximal 100 Prozent begrenzt – sofern man nicht auf Kredit spekuliert. Ich selbst halte mich von Shorts fern, ich bin also ein „Long-only-Investor“. Ich kaufe keine Aktien, sondern Anteile an Unternehmen, das ist ein wesentlicher Unterschied. Was Cathie Wood so treibt, ist mir dabei ziemlich egal. Ob sie Aktien kauft, oder verkauft, hat für mich keine direkte Relevanz. Aber es interessiert mich in Einzelfällen durchaus und ich schaue mir ihre Begründungen an, weil ihre Ausführungen und Ansichten nicht nur heiße Luft sind, sondern fundiert. Manchmal komme ich zu ähnlichen Ergebnissen, oft teile ich ihre Ansichten nicht oder jedenfalls nicht vorbehaltlos. „Habe den Mut, Dich Deines eigenen Verstandes zu bedienen.“ – Immanuel Kant – Am Ende bleibt es dabei: Man sollte sich immer seine eigenen Gedanken machen und niemals nur die Ansichten von anderen übernehmen. Denn dann ist man auch bei der Verkaufsentscheidung total von anderen abhängig. Und es wäre wohl klüger, Buffetts Rat zu folgen und lieber in einen marktbreiten ETF zu investieren anstatt sich selbst am Stock-Picking zu versuchen.
Die heutige Ausgabe entstand wieder in Zusammenarbeit mit Michael C. Kissig, Value Investor und Betreiber des Blogs „iNTELLiGENT iNVESTiEREN“. | | Offenlegung wegen möglicher Interessenkonflikte: Der Autor ist in den folgenden besprochenen Wertpapieren bzw. Basiswerten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Kommentars investiert: Coinbase Weitere Informationen dazu findest Du hier... Meine neuesten Videos
Viel Erfolg bei Deinen Finanzentscheidungen & ein schönes Wochenende wünscht Dir Dein Armin Brack Chefredakteur Geldanlage-Report >> Die nächste Ausgabe erscheint am 18. Dezember Wir freuen uns über Lob, Kritik und Anregungen. Gerne kannst Du uns auch Themenvorschläge unterbreiten. Fragen und Anregungen bitte per Mail an redaktion@geldanlage-report.de Tradesignal® ist eine eingetragene Marke der Tradesignal GmbH. Nicht autorisierte Nutzung oder Missbrauch ist ausdrücklich verboten! Hier kommst Du zu Tradesignal Online. Geldanlage-Report weiterempfehlen! Wir würden uns freuen, wenn Du den Geldanlage-Report Deinen Freunden und Kollegen weiterleiten würdest! Kostenlose Anmeldung unter www.geldanlage-report.de |