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Tagesspiegel Checkpoint vom Dienstag, 21.04.2020 | Sonnig, aber windig, max. 18°C. | ||
+ Senat diskutiert heute über Shutdown-Lockerungen für Berlin + Eltern von Kita-Kindern verzweifeln an monatelanger Schließung + Senat verteilt Tablets an bedürftige Schüler + |
von Stefan Jacobs |
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Guten Morgen, Der Senat will heute über Lockerungen für Berlin entscheiden. Strittig war nach der gestrigen Vorbereitungsrunde der Staatssekretäre noch, was für Malls, Auto- und Möbelhäuser sowie Kirchen gelten soll. Die Bildungsverwaltung soll ein Konzept für die sukzessive Schulöffnung und die Kinderbetreuung erarbeiten, wobei auch Hygienefragen noch zu klären sind. Die Bibliotheken sollen ab 11.5. nur für die Ausleihe öffnen, die Uni-Bibliotheken schon am 27.4., Museen öffnen ebenfalls ab 11.5., Sportanlagen (für Einzelkämpfer, nicht für Mannschaften) wohl schon früher. Offen ist noch, was aus Großveranstaltungen wird – und was eine Großveranstaltung genau ist. Anfang Mai soll die Eindämmungsverordnung wieder aktualisiert werden. | |||||
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Mund-Nasen-Schutz soll auch in Berlin zum Mask Have werden, wenn es nach dem Regierenden Bürgermeister geht. Die Frage ist nur: Woher nehmen, wenn nicht nähen? Auch deshalb ist sich R2G in dieser Frage uneins – und wird es wohl vorerst bei der „dringenden Empfehlung“ belassen, die aber spätestens in der nächsten zu kurz geratenen U- oder S-Bahn zur realen Gefahr werden kann. Das RBB-Inforadio meldete Montag zum Thema übrigens: „Auch Berlin führt Maskenpflicht in Geschäften und im Öffentlichen Nahverkehr ein. Das hat Ministerpräsident Söder angekündigt.“ Nach einer Urlaubswoche mit Kinderbespaßung in Gardenien am Stadtrand schien mir die Meldung nicht abwegig, aber dann kam die Korrektur: Bayern war gemeint. Die Erfahrung lehrt, dass der Rest der Republik dem Beispiel spätestens übermorgen folgen wird. | |||||
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Die Aussicht, dass Kitas erst im August (= nach fünf Monaten) wieder in den Regelbetrieb gehen sollen, lässt viele Eltern verzweifeln. Sie können schon jetzt nicht mehr, stehen wegen der Mehrfachbelastung aus Kinderbetreuung und Homeoffice buchstäblich vor dem Zusammenbruch. Mehr als tausend haben sich an Schulsenatorin und Bundesfamilienministerin gewandt. Und mehr als 25.000 haben eine Online-Petition an die Bundeskanzlerin unterschrieben, in der sie eine monatliche Sonderzahlung von 1000 Euro fordern, um Betreuung finanzieren oder weniger arbeiten zu können. Wie groß die Erwartungen sind und wie schlimm die Lage für Eltern und Kinder ist, zeigt ein Blick ins Netz oder auch ins CP-Mailfach. Beispielhaft hier der Fall von Katja B., die ihren Alltag als Teil eines berufstätigen, nicht systemrelevanten Elternpaares zweier Kinder (3/12) beschreibt: 4.30-7 Uhr Homeoffice, 7-20 Uhr Kinderbetreuung plus Haushalt, 20-23 Uhr Homeoffice (ergibt Minusstunden auf dem Arbeitszeitkonto). Ein Leben auf Verschleiß für die Gesundheit – die der Risikogruppen, die sich im Baumarkt und bald wieder im Möbelhaus tummeln können, während die Kinder weder Freunde treffen noch auf den Spielplatz dürfen, was kein Luxusproblem ist, sondern die physische und psychische Gesundheit der ganzen Familie gefährdet. Immerhin hat Franziska Giffey (die 2021 Regierungschefin von Berlin werden will) gestern „die Spielplatzfrage“ zumindest erwähnt. | |||||
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Die vorab heftig umstrittenen Abi-Prüfungen sind am Montag offenbar überwiegend geordnet gestartet, auch wenn einzelne Schüler bekundeten, dass sie unter anderen Bedingungen wohl fitter gewesen wären – und andere trotz einer ersten juristischen Niederlage weiter gegen Prüfungen unter den aktuellen Umständen kämpfen, weil sie sich übermäßig benachteiligt sehen. Das Problem sind dabei nicht die Sitzabstände bei der Prüfung, sondern die Bedingungen, unter denen sie zu Hause lernen müssen. Für Abstand zwischen den Tischen war am Premierentag überall gesorgt. Und für Desinfektionsmittel? Wir schalten kurz rüber ins Marie-Curie-Gymnasium, wo die Schulleitung den Abiturienten vorab geschrieben hatte: „Bringen Sie, soweit gewünscht oder erforderlich, gerne eigene Schutzhandschuhe, Atemschutzmasken und eigenes Desinfektionsmittel mit. Die Schule wird dies nicht zur Verfügung stellen.“ Immerhin hat die Bildungsverwaltung gestern noch einmal klargestellt, dass Schüler und Schülerinnen, die mit besonders gefährdeten Angehörigen zusammenleben, die Prüfungen separat schreiben können. | |||||
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Apropos Wissenschaft: Was bei Gerhard Schröder „Basta!“ hieß, firmiert bei Angela Merkel unter „Öffnungsdiskussionsorgien“: Schluss damit! Das ist angesichts des Ausmaßes, in dem die Grundrechte eingeschränkt sind, gewagt, aber leuchtet ein als Wallung der Wissenschaftlerin, die genauer als andere erkennt, dass R=1 auf Dauer nicht reicht, um das Coronavirus im Zaum zu halten. Ganz zu schweigen vom politischen Horror, das Land nach einer zu großzügigen Lockerung noch einmal radikal stilllegen zu müssen. Die Indizien, dass die Leute mutiger bzw. übermütig werden, häufen sich. 19 Strafanzeigen und 126 Ordnungswidrigkeiten meldete die Berliner Polizei am Montag aus den vorangegangenen 24 Stunden. Das waren mehr als an den Tagen zuvor – bei ähnlichem Personaleinsatz der Beamten. | |||||
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Während Praktiker fordern, sozial benachteiligte Kinder so schnell wie möglich zurück in die Schulen zu holen, will die Bildungsverwaltung 9500 besonders bedürftigen Schülern Tablets zur Verfügung stellen. In einem auf 20.4. datierten Brief bittet sie Schulleitungen und Klassenlehrer, ihren Bedarf anzumelden – abgestuft nach Priorität von 1 bis 4. Einsendeschluss ist morgen. „Eine Rückfrage bei den Elternhäusern sollte aus Zeitgründen nicht erfolgen.“ Noch was? Ja: Wenn die Schüler mit höchster Priorität versorgt sind, werden die übrigen Geräte „nach dem 'Windhund-Prinzip' (Eingang der Bedarfsmeldung)“ verteilt. Also auf dieselbe Weise, auf die im März die Soforthilfe an Kleinstunternehmer verteilt wurde, die dann nicht reichte. Der Unterschied ist nur, dass der Senat damals zunächst behauptete, es sei genug für alle da und gebe keinen Grund zur Eile. | |||||
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Während das Abgeordnetenhaus mit vorsorglich gelichteten Reihen weiter tagt, läuft der Parlamentsbetrieb in den Bezirken nach den Osterferien teils ruckelig an – und in Tempelhof-Schöneberg beschränkt er sich auf Krach: Nur SPD und Linke waren am Montag dafür, die April-BVV in verkleinerter Besetzung stattfinden zulassen. Die Grünen, Partner der SPD in der lokalen Zählgemeinschaft, lehnten ebenso wie CDU, FDP und AfD ab, berichtet meine Kollegin Sigrid Kneist (ausführlicher heute Nachmittag im Leute-Newsletter). Das brachte SPD-Fraktionschefin Marijke Höppner auf die Palme, von deren Wipfel aus sie sagte: „Während an den Supermarktkassen, in den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen Menschen trotz der Corona-Krise arbeiten, erlauben sich diese Fraktionen eine Auszeit bis Ende Mai ohne Plenarsitzung. Und das bei Fortzahlung der Aufwandsentschädigung. In einer der größten Krisen der Nachkriegszeit muss auch die BVV handlungsfähig und handlungswillig sein.“ | |||||
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