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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Montag, 23.09.2019 | Leicht bewölkt bei max. 22°C. | ||
+ Raumfahrer Sigmund Jähn ist gestorben + Merkel fliegt mit maximaler CO2-Last zum Klimagipfel + Wie unterscheidet man echte von unechten Berlinern? + |
von Lorenz Maroldt |
Guten Morgen, als Sigmund Jähn am 26. August 1978 von der Erde abhob, hatte er von Marx das „Manifest“, von Goethe den „Faust“ und vom DDR-Fernsehen das Sandmännchen im Gepäck. Einen Tag später jubelte das „Neue Deutschland“ auf der Titelseite: „Der erste Deutsche im All ein Bürger der DDR“. Am Sonnabend ist Jähn, der 82 Jahre alt wurde, in Strausberg bei Berlin gestorben. In seinem Nachruf für den Tagesspiegel schreibt heute Checkpoint-Autor Robert Ide: „Er war ein Vorbild, wie es die DDR immer haben wollte im Wettlauf mit dem Westen, der bis zu den Sternen reichte. Für die Menschen aber blieb Sigmund Jähn immer eines auf eine andere, angenehme Art: ein gutherziger Mensch aus dem Vogtland, sein Vater Sägewerksarbeiter, seine Mutter Näherin, er selbst als Junge manchmal Helfer in der Forstwirtschaft. Geprägt davon blieb Sigmund Jähn immer am Boden. Gleichzeitig war er ein Traumfahrer für ein ganzes halbes Land.“ 21 Jahre vor Jähn hatte die Sowjetunion eine junge Hündin Namens „Laika“ mit der „Sputnik 2“ in den Orbit geschickt – als erstes Lebewesen überhaupt. Sie starb nur ein paar Stunden nach dem Start. Der Schriftsteller Günter Kunert, 1929 in der Berliner Chausseestraße geboren, widmete Laika 1963 ein Gedicht, das inmitten der Diskussion über die Folgen des Klimawandels wieder sehr aktuell wirkt: In einer Kugel aus Metall, Dem besten, das wir besitzen, Fliegt Tag für Tag ein toter Hund Um unsre Erde Als Warnung, Daß so einmal kreisen könnte Jahr für Jahr um die Sonne, Beladen mit einer toten Menschheit, Der Planet Erde, Der beste, den wir besitzen. Gestern wurde auch der Tod von Günter Kunert bekannt – einen Nachruf von Katrin Hillgruber finden Sie hier. | |||||
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Zu den weiteren Schlagzeilen des heutigen Tages: „Vier Minister, drei Flieger“ hat die „Berliner Zeitung“ auf dem Weg nach New York gezählt (hier beginnt heute der Klimagipfel). Wer bei unserem Kurs „Mathe mit dem Checkpoint“ aufgepasst hat, weiß: In jedem dieser Flugzeuge sitzen exakt 1,333 Minister (da sind sie wenigstens nicht alleine). Ok, wer bietet mehr? Hier, die „Morgenpost“ kommt sogar auf „Fünf Minister in vier Flugzeugen“ – macht nur noch 1,25 Kabinettsmitglieder pro Maschine. So, was noch… ach ja: Bei uns im Tagesspiegel sind‘s „Vier Flugzeuge für eine Kanzlerin und vier Minister“, womit wir bei einem Maschine-Mensch-Verhältnis von 1:1 auf Ministerebene angekommen wären. Übrigens: Bei der „Mopo“-Meldung „Verdächtige Flaschen im Ministerium“ handelt es sich nicht um eine Kritik am Regierungspersonal. Bemerkenswert an den Flugplänen der Bundesregierung ist nicht nur der erhöhte CO2-Ausstoß, sondern auch der Umstand, dass anders als gewohnt kein Flieger wegen irgendwelcher Defekte am Boden bleiben musste – das muss an der abgehobenen Klimapolitik des Merkel-Kabinetts liegen. | |||||
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Zurück auf den Boden der Tatsachen – willkommen in Berlin: Der freiwillige „autofreie Sonntag“ geriet zur unfreiwilligen Demonstration – die Leitzentrale meldete von der Stadtautobahn und anderen Stellen der Stadt Staus wegen erhöhten Verkehrsaufkommens. Zwar erklärte die BVG ihre Sonderpreisaktion zum Erfolg, doch für eine klimafreundliche Verkehrswende reicht das ÖPNV-Angebot nicht (schon gar nicht, wenn im Winter wieder viele von ihren Fahrrädern steigen). RBB-Moderatorin Sarah Zerdick twitterte dazu das trostlose Bild einer Haltestelle in der Uckermark und schrieb: „Ich würde gern in Brandenburg leben und in Berlin arbeiten. Aber der Bus fährt hier alle zwei Stunden. Das letzte Mal um 17 Uhr.“ | |||||
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Seit Beginn der Sommerferien wird die Robert-Koch-Schule in der Dieffenbachstraße saniert – und seitdem brennt dort Tag und Nacht Licht, die Baustellenstrahler illuminieren die Schlafzimmer auf der anderen Straßenseite zuweilen wie einen OP-Raum. Bauarbeiter, Bauleiterin, Hausmeister und Schulleiter erklärten sich für unzuständig, und das Schulamt stellte fest: „Wir können niemanden außerhalb seiner Arbeitszeiten zum Lichtausmachen verpflichten.“ Doch dann meldete sich schnell und freundlich ein Mitarbeiter der Abteilung Bauen, Planen und Facility Management des Bezirksamts, kündigte „eine neue Schaltung“ an und versprach: „Wir werden die Firmen dazu anhalten, auch noch die restlichen Flurlichter nach Verlassen der Baustelle abzuschalten. So hoffe ich auf Verbesserung der Umwelt- und Kostenbilanz und Ihrer Schlafqualität.“ Das war am 6. September. Und hier ein aktuelles Bild, aufgenommen in der Nacht zum Sonntag – alles beleuchtet wie ein offener Kühlschrank. | |||||
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Der Medienwissenschaftler Stephan Russ-Mohl macht sich in der „Neuen Zürcher Zeitung“ über unsere arme Stadt her („Bizarres aus Absurdistan“) – als Kronzeuge dient ihm u.a. ein Newsletter Namens „Checkpoint“ (Notiz an mich selbst: Scheint gut zu sein, dieser „Checkpoint“, international anerkanntes Niveau, unbedingt mal reinschauen). In einem Punkt allerdings irrt der Autor – zum Projekt Bergmannstraße schreibt Russ-Mohl, dieses habe „unter anderem aus riesigen, die Fahrbahn blockierenden Felsbrocken, sogenannten Parklets“ bestanden, „unwirtlichen Sitzecken, die mitten auf der Straße die Kommunikation unter den Nachbarn stimulieren sollten“. Also, nochmal sortieren: Die Parklets waren aus Holz, die standen am Straßenrand und auf denen sollte man sitzen,die Felsbrocken waren aus Mecklenburg, die hatten Spitzen und sollten Falschparker blockieren. Aber egal, kann passieren – Hauptsache, wir waren mal wieder in einer wichtigen österreichischen Zeitung! | |||||
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Unter dem Motto „Musik zum Spaß – Session mit Gerhild“ trafen sich einmal die Woche ein paar Wilmersdorfer Hobbysänger im Nachbarschaftshaus am Schoelerpark – bis die Fahnder der Rechteverwertungsgesellschaft „Gema“ davon hörten, denn wie schon Wilhelm Busch wusste: „Musik wird oft gefunden, weil sie mit Geräusch verbunden. Da die zum Privatvergnügen nachgesungenen Werke nicht angemeldet waren, verlangte die Gema als „Schadensersatz“ rückwirkend für mehrere Monate eine „Vergütung mit 100 Prozent Kontrollkostenzuschlag“. Erst als Cay Dobberke von unserem „Leute“-Newsletter ChaWi nachfragte, ob’s bei der Gema irgendwo piept, wurde die Forderung zurückgezogen. Gerade nochmal Glück gehabt! p.s.: Hiermit gebe ich bekannt, dass ich gleich unter der Dusche „White Riot“ pfeifen werde. Damit die Gema-Fahnder nicht so früh aufstehen müssen. Statt Gebühren zu zahlen, überweise ich allerdings lieber eine kleine Spende an die Joe-Strummer-Foundation. | |||||
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