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5 nach 12 - Was ist heute wichtig? Das Mittags-Update von WELT-Chefredakteur Ulf Poschardt
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Woche endet mit einer Nachricht, die Hoffnung macht: Bei der Eindämmung des Coronavirus sind in Deutschland offenbar bedeutende Erfolge erzielt worden. „Wir haben es geschafft, das exponentielle Wachstum zurückzubringen zu einem linearen Wachstum“, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn am heutigen Vormittag (siehe Foto). Der Ausbruch sei nun wieder „beherrschbar geworden“. Auch Lothar Wieler, Chef des Robert-Koch-Instituts (RKI), sprach von einem positiven Zwischenergebnis. Die Reproduktionszahl liege aktuell bei 0,7 – das heißt, jede Person stecke im Durchschnitt nur noch 0,7 andere Menschen an, sagte Wieler. Eine Reproduktionsrate von 1 oder weniger gilt unter Epidemiologen als Voraussetzung für den erfolgreichen Kampf gegen die Ausbreitung des Virus. RKI-Chef Wieler hatte am Dienstag gesagt, um die Epidemie abflauen zu lassen, müsste die Reproduktionszahl unter 1 liegen.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und RKI-Chef Lothar Wieler
Lothar Wieler erklärte jetzt zur Reproduktionszahl: „Ob das stabil ist, werden wir sehen. Das Virus ist in diesem Land und das bleibt ja in diesem Land.“ Es gebe keine „Tilgung“, es könne immer wieder zu Neuansteckungen kommen. Bundesweit seien zuletzt mehr als 3000 neue Infektionen am Tag gemeldet worden, sagte der RKI-Chef. Zudem würden immer mehr medizinische Angestellte erkranken. Die Zahlen seien um rund sechs Prozent im Vergleich zur Vorwoche gestiegen. Diese Woche sei zudem wie erwartet der größte Anstieg bei den Todesfällen zu beobachten. Die Letalitätsrate liege nun bei 2,9 Prozent.
 
Anfang kommender Woche werden einige Abiturienten erstmals wieder in ihre Schulen zurückkehren. Zunächst werden in Berlin die Prüfungen in Latein geschrieben. Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und auch Schleswig-Holstein haben für den Wochenbeginn ebenfalls Prüfungen terminiert. In Nordrhein-Westfalen können sich ab Donnerstag Abiturienten und Prüflinge in der Klasse 10 und in Berufskollegs, wenn sie wollen, in Unterrichtsräumen auf ihre Prüfungen vorbereiten, die ab dem 12. Mai beginnen. Im bevölkerungsreichsten Bundesland sind das allein 148.000 Schülerinnen und Schüler. Bayern öffnet erst ab dem 27. April die Schulen zunächst für Abschlussjahrgänge, und Baden-Württemberg hat den 4. Mai für die Rückkehr der ersten Schüler anvisiert.
Von Johann Wolfgang Goethe, dem deutschen denkenden Dichter, stammt der Satz: „Prüfungen erwarte bis zuletzt.“ Vor der alles entscheidenden Prüfung stehen allerdings nicht die Schüler, sondern die Schulen selbst: die vorgegebenen Hygienestandards einzuhalten. Wie es derzeit um Deutschlands Klassenzimmer bestellt ist, erfahren Sie hier.
 
Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hat eine Verkürzung der Sommerferien ins Gespräch gebracht. „Bis auf Ausnahmen bleiben die Schulen noch einige Zeit geschlossen. Daher frage ich mich, ob die Verantwortlichen in den Ländern darüber nachdenken, die Schulferien in der Sommerzeit etwas zu verkürzen“, sagte er den Kollegen der „Augsburger Allgemeinen“. Ein solcher Schritt böte Schülern die Gelegenheit, den durch die Corona-Pandemie versäumten Unterrichtsstoff nachzuholen. „Im Moment ist ohnehin noch aus vielen Gründen unklar, wann und wie man im Sommer verreisen kann“, so Schäuble. „Das Urlaubskonto vieler Eltern dürfte durch die Krise jetzt schon strapaziert sein.“ Deshalb könne er die verstehen, „die sich fragen, wie sie da noch sechs Wochen Sommerferien organisieren sollen“.
 
Eine andere Normalität erlebt auch die deutsche Parteienlandschaft seit Corona: CDU/CSU erreichen Umfragewerte wie seit Jahren nicht mehr, die Sozialdemokraten gewinnen hinzu und die große Koalition funktioniert. Im heute veröffentlichten „Deutschlandtrend“ erreicht die Union 38 Prozent. Im Vergleich zur Erhebung von vor zwei Wochen ist das ein Plus von drei Prozentpunkten. Es ist zugleich der beste Unionswert in der Befragung von Infratest Dimap seit August 2017. Die SPD gewinnt einen Prozentpunkt hinzu und liegt nun bei 17 Prozent. Die große Koalition käme damit insgesamt auf 55 Prozent der Wählerstimmen.
 
Ich wünsche Ihnen ein Wochenende mit viel Sonne, innen und außen.
Bleiben Sie gesund,

Ihr



Ulf Poschardt


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