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Liebe Leserin, lieber Leser, | | Pia Heinemann | Ressortleiterin Wissen |
| die neidvollen Blicke ruhen auf Tübingen. Die Universitätsstadt mit ihrem streitlustigen, lauten Oberbürgermeister Boris Palmer hat wieder einen Sonderweg eingeschlagen. Hier gilt nicht mehr die lähmende Leier "stay at home", sondern es gibt einen Weg der Freiheit für die Freizeit. Wer shoppen oder ins Kino will, kann an Teststationen einen Antigen-Schnelltest machen lassen – ein QR-Code auf einem Papierarmband dient dann als Eintrittskarte ins Amüsement. Andere Städte wollen nachziehen. Während sich die dritte Welle mit der schnellen Virusvariante B.1.1.7 aufbaut, wollen plötzlich alle Experimente wagen. Das kann man verstehen. Und tatsächlich ist Testen eine feine Sache, wenn man es richtig macht. Für das Tübinger Modell ist das noch nicht klar. Es hakt ein wenig. Es gab falsch-positive Befunde wegen zu niedriger Temperaturen, zwei der neun Teststationen mussten schließen, weil kein Personal für die Abstriche da war. Auch die wissenschaftliche Auswertung des Experiments ist nicht gesichert – die Forscher haben gerade zu viel anderes zu tun. Darüber hinaus hat der Antigentest das bekannte Problem, dass er maximal für einen Tag gilt, aber falsche Sicherheit suggeriert. Der Antigentest taugt, im besten Fall, als Partytest. Doch angesichts der schlechten Impfquoten und der dritten Welle ist in Deutschland gerade keine Partyzeit. Es ist nicht die Zeit für Experimente, sondern für kluges Testen nach bewährtem Rezept. Da könnte der Blick auf drei Kantone in der Schweiz weiterhelfen: Graubünden, Zug und Baselland führen seit Wochen Massentests durch. Hier wird nicht mit Abstrichen und Antigentests gearbeitet, sondern mit Spucke und PCR. Hier geht es auch nicht ums Freizeitvergnügen, sondern darum, Schulen und Betriebe virenfrei zu halten. Es ist ein Heidenaufwand, kostet irres Geld – und bei Hunderttausenden Tests wurden bislang nur wenige hundert Positive herausgefischt. Aber diese Teststrategie ist sicher, wissenschaftlich validiert. Infektionsketten werden verhindert und ein negatives Ergebnis hält nicht nur einen Shoppingnachmittag, sondern mehrere Tage lang. Die neue Variante B.1.1.7 befällt, anders als die vorhergehenden Varianten, leichter Kinder und Jugendliche. Laut RKI haben sich bei ihnen die 7-Tage-Inzidenzen in den vergangenen vier Wochen verdoppelt. Die ein oder zwei Antigentests pro Woche, die bislang vorgesehen sind, werden die Schulen nicht zum Normalbetrieb bringen. Sie bergen zudem das Risiko falscher Sicherheit und damit des Starts von Infektionsketten. Ein kluges Testen wie in der Schweiz, ein PCR-Gurgeltest, wäre ein sicherer Weg für die Schulen. Um mit Antigentests an Schulen nicht ins nächste Testdilemma hineinzuschliddern, sollten die Kultusminister der Länder die Osterferien nutzen. Vielleicht auch für einen Anruf in der Schweiz. Was den Tag heute bestimmt, darüber berichtet für Sie jetzt aus dem WELT-Newsroom mein Kollege Lennart Pfahler.
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WAS HEUTE SCHLAGZEILEN MACHT |
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Quelle: Gregor Fischer/dpa |
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Spahn warnt, Gesundheitssystem könnte an Grenze kommen
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) warnt vor einer baldigen Überlastung des deutschen Gesundheitssystems. "Momentan steigen die Zahlen zu schnell und die Virusvarianten machen die Lage besonders gefährlich", sagte Spahn am Freitag in Berlin. "Wenn das ungebremst weitergeht, laufen wir Gefahr, dass unser Gesundheitssystem im Laufe des Aprils an seine Belastungsgrenze kommt." RKI-Chef Lothar Wieler bedankte sich für die Kooperation der Bürger. "Es ist wichtig, dass alle mitmachen. Nutzen Sie die Ostertage, um das Virus auszubremsen", so sein Appell. Die Gefahr einer dritten Welle sei real: "Sie könnte die erste und zweite übertreffen." Keine landesweite Corona-Notbremse in NRW ab Montag Nordrhein-Westfalen wird ab Montag doch keine landesweite Corona-Notbremse ziehen. Nur in Kommunen mit hoher Inzidenz müssen unter anderem Läden, Sportstätten und Kultureinrichtungen schließen. Das geht aus der am Freitag veröffentlichten Corona-Schutzverordnung hervor. Die Kommunen dürfen Ausnahmen für Menschen mit tagesaktuellem negativem Corona-Test erlauben. Ganz Frankreich soll Hochinzidenzgebiet werden
Die Bundesregierung will noch am Freitag ganz Frankreich als Corona-Hochinzidenzgebiet einstufen. Die Entscheidung bedeutet, dass die Grenze dann nur bei Vorliegen eines negativen Corona-Tests überquert werden dürfte. Grund für die Entscheidung sei, dass die Sieben-Tage-Inzidenz in Frankreich deutlich über der Schwelle von 200 liege. Die Regelung solle in der Nacht zu Montag in Kraft treten. Der negative Corona-Test für den Grenzübertritt dürfe nicht älter als 48 Stunden sein, hieß es in Regierungskreisen weiter. Eine Ausnahme solle es für Pendler geben: Sie müssten sich nur zwei Mal pro Woche testen lassen. Dafür sollten gegebenenfalls Teststationen in Grenznähe aufgebaut werden. ZDF-Umfrage: Starke Verluste für Union – Grüne legen zu
Die CDU/CSU hat im neuen ZDF-"Politbarometer" stark an Zustimmung verloren. Die Grünen konnten deutlich zulegen, wie die am Freitag veröffentlichte Umfrage ergab. Wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre, käme die Union nur noch auf 28 Prozent, das ist ein Rekord-Rückgang um sieben Punkte auf ihr Vor-Corona-Niveau. Die SPD könnte mit 15 Prozent (minus eins) rechnen, die AfD mit zwölf Prozent (plus zwei) und die FDP mit neun Prozent (plus zwei). Die Linke bliebe bei sieben Prozent. Deutlich verbessern könnten sich die Grünen mit 23 Prozent (plus vier Punkte). Damit hätte eine Koalition aus CDU/CSU und Grünen eine Mehrheit, eine Koalition aus CDU/CSU und SPD aber nicht mehr. Knapp nicht reichen würde es für ein Bündnis aus Grünen, SPD und FDP und Grün-Rot-Rot wäre ebenfalls nicht mehrheitsfähig.
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WORÜBER HEUTE DISKUTIERT WIRD |
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Quelle: REUTERS/Fabrizio Bensch/File Photo |
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Es war eine Meldung, die Mitte der Woche für Kopfschütteln sorgte: Das Land NRW soll der Stadt Wuppertal verboten haben, 2000 Impfdosen zu verabreichen. Der Grund: Die Stadt habe die Impfung der über 80-Jährigen bereits vollständig gewährleistet. Andere Kommunen waren weniger weit. Man wollte die Impfreihenfolge nicht durcheinanderbringen. Johannes Slawig, Leiter des Wuppertaler Krisenstabs, kritisierte: "Die Langsamen geben das Tempo vor." Mittlerweile hat das Land eingelenkt und Wuppertal die Verimpfung der vorrätigen Dosen an chronisch Erkrankte erlaubt. Und doch drängt sich der Verdacht auf, dass es auch an der mangelnden Flexibilität der Länder liegt, dass es mit den Corona-Impfungen nicht schneller vorangeht. Ein weiteres Problem: Von 3,63 Millionen Dosen des Impfstoffs AstraZeneca, der für ein paar Tage vorübergehend ausgesetzt war, waren bundesweit bis einschließlich Mittwoch nur 2,18 Millionen verimpft, das entspricht einem Anteil von 60 Prozent. 1,45 Millionen Dosen sind noch ungenutzt. Und doch ergab eine Abfrage von WELT bei den Gesundheitsministerien der Länder, dass eine Freigabe der Impfdosen für andere Gruppen, also eine Öffnung der starren Reihenfolge, nicht im größeren Stile angedacht ist. In Berlin wehrt sich der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) nun sogar gegen Vorwürfe, Dosen würden ungenutzt lagern. "Es stimmt einfach nicht, dass Impfstoff zur Verfügung steht, der rumliegt“" sagte Müller im rbb am Donnerstag. Er reagierte damit auf Kritik des FDP-Fraktionsvorsitzenden Sebastian Czaja, der ein schnelleres Impftempo anmahnte – und widersprach auch den Daten, die das Impf-Dashboard des Bundesgesundheitsministeriums abbildet. Denn dort wird – auch für Berlin – weiterhin eine deutliche Differenz zwischen ausgeliefertem und verabreichtem Impfstoff angezeigt.
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WAS HEUTE NOCH WICHTIG WIRD |
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Quelle: Jens Büttner/dpa-Zentralbild |
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Nach jahrelangen Diskussionen hat der Bundestag am späten Donnerstagabend die Einführung eines Lobbyregisters beschlossen. Das Gesetz verpflichtet professionelle Interessenvertreter dazu, sich in ein öffentlich einsehbares Register einzutragen und dort Angaben über ihre Auftraggeber zu machen. Die Diskussion um Transparenz und Lobbykontrolle ist damit allerdings noch nicht vorbei. Die Oppositionsparteien fordern eine Verschärfung der Richtlinien. Das neue Gesetz reiche nicht aus. Ab 13 Uhr werden verschiedene Gesetzentwürfe und Anträge diskutiert. Neuen Zündstoff dürfte ein Bericht des "Spiegel" bieten: Demzufolge hat der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete Mark Hauptmann für die Vermittlung von Maskengeschäften rund eine Million Euro an Provision erhalten.
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Jan Küveler und Boris Pofalla sprechen in ihrem neuen Podcast über mögliche Auswege aus dem Lockdown, die die Politik nicht bedenkt – Jonathan Meeses Diktatur der Kunst und Hakim Beys "Temporäre Autonome Zone". Außerdem: DJ Hell, Lana Del Rey und Wong Kar-Wai. Ich wünsche Ihnen einen schönen Nachmittag – und erholsame Tage! Der 5-nach-12-Newsletter verabschiedet sich nämlich in die Osterferien. Weiter geht es nach den Feiertagen am 6. April. Ihnen und Ihrer Familie wünschen wir schon einmal ein frohes Fest! Pia Heinemann Ressortleiterin Wissen |
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MEINE WELTPLUS-EMPFEHLUNGEN FÜR SIE |
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| Die Liste der Impfstoff-Trödler | Unbenutzt herumliegenden Impfstoff kann sich Deutschland nicht leisten. Doch aktuelle Statistiken belegen, dass knapp 1,5 Millionen AstraZeneca-Dosen auf Abnehmer warten – Tendenz steigend. WELT-Berechnungen zeigen, dass die regionalen Unterschiede beim Impftempo zunehmen.
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| „Die Maßnahmen nehmen Lebenszeit“ | Paul van Dyk ist einer der erfolgreichsten DJs der Welt und hat die meiste Zeit seines Lebens SPD gewählt. Jetzt will er aber in die FDP eintreten. Ein Gespräch über Solidarität, Covidioten und das Prekariat.
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| Trumps heikles Erbe | 2,5 Millionen Impfungen pro Tag: Aus deutscher Perspektive herrschen in den USA paradiesische Zustände. Doch drei Gruppen stehen den Vakzinen kritisch gegenüber – weil sie der Regierung misstrauen. Aus ganz unterschiedlichen Gründen.
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