Liebe Leserin, Lieber Leser,
Parteitage gehören zur Bundesrepublik wie Weihrauch zur Messe – man muss sie nicht überbewerten, aber ihre Symbolik ist nützlich: für die Kursbestimmung, fürs Wir-Gefühl oder als PR-Maßnahme für die Außenwelt.
Der SPD-Bundesparteitag war nichts von alledem.
Kurs? Sagen wir so: Ich fühlte mich an die Zustandsbeschreibung erinnert, die ein altgedienter Sozialdemokrat mir vor kurzem von seiner Partei gab: Sitzen zwei Männer in einem Boot. Der eine fragt: „Wo rudern wir eigentlich hin?“ Der andere: „Keine Ahnung, aber wir kommen gut voran.“
Wir-Gefühl? Wohl eher ein Wir-gegen-ihn-Gefühl. Mehr als ein Drittel der Delegierten verpasste „dem Lars“ eine so schallende 64,9-Prozent-Ohrfeige als Parteichef, dass sie Klingbeil noch lange schmerzen wird. Die Gründe für diesen unfreundlichen Akt analysieren meine FOCUS-Kollegen Mike Szymanski und Janna Wolf übrigens hier.
PR-Maßnahme? Klar, wenn „Hauptsache, Name richtig geschrieben” schon als gelungene Imagepflege gilt, dann war dieser Parteitag ein grandioser Erfolg. Setzt man die Messlatte nur ein klein wenig höher, lässt er die Zuschauer und potentiellen Wähler allerdings ratlos zurück. |