Laden...
|
Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Mittwoch, 07.09.2022 | Schauer bei spätsommerlichen 26°C. | ||
+ Nein oder doch ja? Eine Stadträtin biegt sich die Wahrheit zurecht + Senat lehnt fast die Hälfte die Kitaausbauanträge ab + Berlins Shopping-Malls werden zu Freizeitparks + |
von Lorenz Maroldt |
|
Guten Morgen, nicht nur die Präsidentin des Verfassungsgerichts hat Probleme mit ihrem Erinnerungsvermögen (CP v. 5.9.) – der Neuköllner Gesundheitsstadträtin Mirjam Blumenthal geht’s auch nicht viel anders. Dabei hätte sie nur kurz auf dem Smartphone noch mal ihre eigenen WhatsApp-Nachrichten checken müssen, als sie in der BVV von der CDU-Verordneten Elfriede Manteuffel folgende Frage gestellt bekam: „Spielte die Verwandtschaft des Herrn B. mit mutmaßlichen Angehörigen einer bekannten Familie eine Rolle für die Entscheidung, das Video auf dem Instagram-Kanal des Gesundheitsamtes Neukölln löschen zu lassen?“ (Drucksache 0317/XXI, „Zensur im Gesundheitsamt“). Das ordnen wir mal kurz ein: „Herr B.“ ist der Berliner Rapper Ali Bumaye („Sex ohne Grund“), und bei der „bekannten Familie“ handelt sich um die aus Rundfunk und Fernsehen bekannten Abou Chakers – Bumaye ist ein Cousin von Arafat Abou Chaker, der für den Weg zum Landgericht in Moabit kein Navi mehr braucht. Bumaye hatte im „Feierabendfunk“, einem Projekt des Gesundheitsamts, als Risikopatient (Eigenbeschreibung: „150 Kilo Fame“) Jugendliche über Corona informiert. Wenig später war das Video, zuvor hochgeladen bei YouTube, auch schon wieder gelöscht. Den Bezirksverordneten bestätigte Blumenthal, dass sie die Löschung veranlasst hatte, und nannte als Grund dafür u.a. fehlende Absprache bei Herstellung und Veröffentlichung. Dem Checkpoint sagte die SPD-Politikerin: Es möge ja sein, dass frauenverachtende und beleidigende Textzeilen „die Neuköllner CDU-Fraktion nicht stören. Für mich ist Herr Bumaye kein Vorbild für Jugendliche in Neukölln.“ (CP v. 13.5.). In weiteren Erklärungen zur Löschung des Videos nannte sie die Texte von Bumaye „extrem sexistisch“. Die Antwort der Stadträtin in der BVV auf die Frage, ob die verwandtschaftlichen Verhältnisse des Rappers dabei eine Rolle gespielt hatten, ist so kurz wie klar (und dauerhaft dokumentiert in der o.g. Drucksache): „Nein.“ Nein? Na, da schauen wir uns doch mal an, was Frau Blumenthal an einem frühen Märzabend um 21 Uhr per WhatsApp-Nachricht an ihren Amtsleiter schrieb: „Sehr geehrter Herr Savaskan, Ali Bumaye ist der Cousin von Abou-Chakar (sic!). Nehmen Sie das bitte sofort vom Netz. Bitte stellen sie sofort alle Kanäle an Öffentlichkeitsarbeit ein. Es gibt keine Veröffentlichungen mehr ohne meine Kenntnis. Details dazu nächste Woche. Beste Grüße Mirjam Blumenthal.“ Kein Wort über sexistische Texte oder fehlende Absprachen, kein Hinweis auf gewaltverherrlichende Songzeilen, nur die Feststellung: „Ali Bumaye ist der Cousin von Abou-Chakar“. Am nächsten Morgen meldete der Amtsleiter Vollzug: „Sehr geehrte Frau Blumenthal, habe ich wie gewünscht verfügt. Bitte um Rückmeldung, da ich hier keine Spur von Rassismus oder Sippenhaft entstehen lassen möchte. Beste Grüße, Nicolai Savaskan“. Da war die Spur dazu aber bereits gelegt. Was ihre Einschätzung der Texte von Bumaye betrifft, mag Blumenthal nicht ganz unrecht haben – beim Neuköllner Seniorenabend kämen die Songs deshalb vermutlich nicht ganz so gut an. Allerdings dürfte der erfolgreiche Rapper, selbst in Neukölln geboren, die Jugendlichen mit einer Botschaft des Gesundheitsamts vermutlich besser erreichen als, sagen wir mal, SPD-Fan Roland Kaiser oder eine Dixieland-Kapelle. Trotz seines Stammbaums. Oder auch vielleicht gerade deswegen. Obwohl das eigentlich niemanden etwas angeht und auch nichts zur Sache tut. Für die entscheidende politische Frage ist das ganze Drumherum aber völlig irrelevant – und diese Frage lautet: Hat die Stadträtin in der BVV die Wahrheit gesagt? Die richtige Antwort ist so kurz wie klar: „Nein.“ Der Amtsleiter ist inzwischen freigestellt, er darf das Haus nicht mehr betreten – die Stadträtin wirft ihm u.a. vor, in einer anderen Angelegenheit Anweisungen missachtet zu haben. Und es gibt neue Vorwürfe, gegen beide Hauptakteure. Welche das sind, und mit welchen Mitteln hinter den Kulissen des Gesundheitsamts Neukölln gekämpft wird, hat Hannes Heine recherchiert – seinen Bericht finden Sie hier (Abo). | |||||
|
| |||||
| |||||
| |||||
|
Und weiter geht’s mit einer neuen Folge aus der Reihe „Theorie und Praxis“, heute: das Kitaausbauprogramm. Theorie: „Die Koalition setzt das Kitaausbauprogramm bedarfsgerecht mit einem Schwerpunkt auf den kommunalen Landesanteil fort.“ (Koalitionsvertrag, S. 103) Praxis: Von 245 Projektanträgen für 19.000 Kitaplätze wurden 109 Anträge für 9481 Plätze abgelehnt – auch dort, wo dringender Bedarf besteht. Die Gründe laut Senat: „vielfältig“. Genauer geht’s nicht, weil „eine Datenerhebung über die Ablehnungsgründe nicht geführt wird“. (Staatssekretär Aziz Bozkurt, Anfrage der CDU) Abgelehnt wurde u.a. ein Projekt des renommierten Trägers Fröbel in Hellersdorf-Nord, einem Gebiet mit dem höchsten Nachholbedarf. Doch damit nicht genug: Der erfahrene Antragsteller, der etliche Kitas in Berlin betreibt und bereits ein Grundstück am vorgesehenen Standort neben der „Arche“ gepachtet hatte, wurde zudem aufgefordert, seine eingereichten Papiere bis zum 15.10.22 gefälligst selbst abzuholen („zu unserer Entlastung“, heißt es in dem Ablehnungsschreiben der Jugendverwaltung). Und damit ist die Sache nach Berliner Art erledigt. Weitere Kindereien aus der Jugendverwaltung zum Kitaausbauprogramm mit dem irreführenden Titel „Auf die Plätze, Kita, los!“ können Sie heute von Susanne Vieth-Entus recherchiert und aufgeschrieben im Tagesspiegel lesen (Abo). | |||||
|
| |||
| |||
|
Frage an Berlinkenner: Was findet nach Auffassung des Rechtsamts von Mitte derzeit in der Ukraine statt? Richtig, ein „Konflikt“. Und weil nach Erkenntnissen des Rechtsamts „nicht davon auszugehen“ ist, „dass dieser Konflikt schnell bzw. in absehbarer Zeit gelöst wird“, sieht das Rechtsamt auch keine Eilbedürftigkeit für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, ob die „Berlin Story“-Macher Enno Lenze und Wieland Giebel auf der Straße Unter den Linden einen abgeschossenen russischen Panzer ausstellen dürfen (das Bezirksamt hatte das abgelehnt, CP von gestern). Neben dem üblichen Klimbim, den das Bezirksamt zur Ablehnung eines Sondernutzungsantrags vorträgt (das „Erscheinungsbild“ der Straße Unter den Linden als „Bestandteil eines umfangreichen Denkmalbereichs“ werde durch die Aufstellung von Kriegsgerät „erheblich beeinträchtigt“, und die Anziehungskraft des Panzers wäre so hoch, dass mit einer „akuten Unfallgefahr“ gerechnet werden müsse), fährt das Rechtsamt noch ein ganz schweres Geschütz auf: Die Aufstellung des Panzers vor der russischen Botschaft sei kein Kunstobjekt, denn „es fehlt an einer schöpferischen Komponente“. Es kommentiert Pablo Picasso: „Wenn ich wüsste, was Kunst ist, würde ich es für mich behalten.“ Hier dazu auch zwei Lektüre-Tipps für den Noch-Bürgermeister von Mitte: Johann Wolfgang von Goethe („Die Kunst ist eine Vermittlerin des Unaussprechlichen“) und Paul Klee („Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar“). | |||||
|
In den Einkaufszentren der Stadt vollzieht sich ein Wandel: Die Shopping Malls werden zur „Tech Village Berlin“ (Media Markt im Alexa) mit Piazza, Wandverkleidung aus Moos und „Erlebniswelt“, zum Sport- und Vergnügungspark „Playce“ (Potsdamer Platz Arkaden) mit zweigeschossigem Biertank, atmenden Kronleuchtern, Spielzeug-Super-Store und gigantischem Basketball-Laden, oder auch zum „Edeka Center No. 1“ (Forum Steglitz) im „Mixed-Use-Center mit Nahversorgungscharakter“ sowie Dienstleistungs- und Freizeiteinrichtungen. Na, da sind wir jetzt ja mal auf Ihre Meinung gespannt: | |||||
|
|
| |||||
| |||||
| |||||
|
Um die Berliner Shopping-Malls geht es auch am Freitag in unserem Checkpoint-Podcast „Berliner & Pfannkuchen“ – und Sie können gerne mitreden – unsere Frage dazu: „Wie sieht für Sie das perfekte Einkaufszentrum der Zukunft aus?“ Schicken Sie uns dazu bitte gerne Ihre Sprachnachricht an die Nummer 0172 9939576 – wir freuen uns auf Ihre Ideen! | |||||
|
| |||||
| |||||
| |||||
|
Wenn Sie gestern unsere Tagesspiegel-Website besucht haben, werden Sie es gleich bemerkt haben: Hier ist ja alles neu! Und ja, tatsächlich: Wir haben unseren Auftritt für Sie komplett neu gestaltet, sortiert und mit neuen Nutzungsmöglichkeiten versehen. Es ist ein wesentlicher Schritt zur Erneuerung unserer gesamten Marke. Der Tagesspiegel gehört bereits heute zu den wichtigsten und größten Nachrichten- und Medienwebseiten in Deutschland. Diese Position werden wir in den nächsten Monaten weiter ausbauen. Dafür bieten wir Ihnen künftig mehr Inhalte, eine klare Orientierung, mehr Übersichtlichkeit und ein gutes Lesegefühl. Wenn Sie genau wissen wollen, was sich alles ändert und woran vor allem meine Kollegen Thomas Weyres und Christian Tretbar mit ihren Teams monatelang hart gearbeitet haben, können Sie das hier in aller Ruhe nachlesen. Und falls Sie noch kein Abo haben: Testen Sie uns! Wir sind sehr gespannt auf Ihr Feedback. Schreiben Sie uns Ihre Meinung, Ihre Kritik, oder, wenn es gar nicht anders geht, gerne auch Ihr Lob. Sie erreichen uns unter christian.tretbar@tagesspiegel.de und lorenz.maroldt@tagesspiegel.de. Zur Anmeldung für den kostenlosen Probemonat unseres Tagesspiegel-Plus-Abos, das auch die Checkpoint-Vollversion umfasst, geht es hier. | |||||
|
|
|
|
| |||||
|
| |||||
|
| |||
| |||
|
| |||||
|
| |||||
|
| |||||
| |||||
| |||||
|
| |||||
|
| |||||
|
| |||||
|
| |||||
| |||||
| |||||
|
| |||||
|
| |||||
|
| |||||
| |||||
| |||||
|
| |||||
|
| |||||
|
| |||||
| |||||
| |||||
|
| |||
|
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
|
| ||||
|
| ||||||
| ||||||
| ||||||
|
| |||||
| |||||
| |||||
|
| ||||||
|
| |||
|
| |||
|
|
|
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
| |||||
|
| |||
| |||
| |||
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Laden...
Laden...
© 2024