Steigen die Kurse wirklich wegen Zinssenkungshoffnungen?
Steigen die Kurse wirklich wegen Zinssenkungshoffnungen? von Sven Weisenhaus Die Technologieaktien in den USA – weiterhin getrieben vom Dauerbrenner NVIDIA, der fast täglich neue Kursrekorde aufstellt – zeigen kaum Schwäche. Im Gegenteil: An der Nasdaq konnten die Aktienindizes ebenfalls bereits wieder auf ein neue Rekordhochs steigen. Das ist ganz im Sinne der Saisonalität, an deren Muster sich der Nasdaq Composite somit weiterhin hält – auf eine äußerst beeindruckende, aber auch extreme Weise (Übertreibung, siehe dazu auch „Ein faszinierender, fast unheimlicher Kursverlauf“). Der Bullenmarkt setzt sich fast nur noch an der Nasdaq fort Derweil zeigen sich die Anteilseigner übriger Werte deutlich nervöser. Der Dow Jones muss daher in diesen Tagen immer wieder schnelle Kursrücksetzer hinnehmen, die er dann mühsam wieder aufholen muss, eben so wie unser heimischer DAX. Zwar haben wir es dabei immer noch lediglich mit Konsolidierungen zu tun, die von großen Korrekturen noch weit entfernt sind, doch mehren sich die Rückschläge und damit die Verkaufsbereitschaft der Anleger. Die Kauflaune bündelt sich derweil wieder auf immer weniger Aktien – aus dem Service-Sektor, zu dem der Technologiebereich mit den Werten wie NVIDIA gehört. Die Industrie schwächelt, während der Service-Sektor brummt Und das macht mit Blick auf die aktuellen Einkaufsmanagerdaten auch Sinn. Denn gestern berichtete ich, dass laut den Umfrageergebnissen des Institute for Supply Management (ISM) die US-Industrie weiterhin schwächelt, abgesehen von der Eintagsfliege vom März (siehe „Warum brechen die Ölpreise ein?“). Und heute zeigen die Daten, dass der Service-Sektor der USA wieder brummt. Mit einem Wert von 53,8 liegt der entsprechende ISM-Einkaufsmanagerindex im Mai wieder deutlich oberhalb der Wachstumsschwelle von 50 Punkten. Und damit scheint hier der kurze Einbruch vom Vormonat nur eine Eintagsfliege gewesen zu sein. Zumal auch die von S&P Global befragten Manager im Mai deutlich zufriedener mit den Geschäften waren als im Vormonat. Das ließ den entsprechenden Dienstleistungs-Index um starke 3,5 Punkte steigen. Er legte von 51,3 auf 54,8 Zähler zu und erreichte somit das höchste Niveau seit genau einem Jahr. Dies katapultierte den Gesamt-Einkaufsmanagerindex sogar auf das höchste Niveau seit mehr als 2 Jahren (!). In einem solchen Umfeld ist kaum mit baldigen Zinssenkungen der US-Notenbank (Fed) zu rechnen. Zumal bei den ISM-Daten der Service-Preisindex zwar von 59,2 auf 58,1 Punkte nachgab, er damit aber immer noch meilenweit oberhalb der Schwelle notiert, die zwischen Inflation und Deflation unterscheidet. Sind die Kurse wirklich wegen Zinssenkungshoffnungen gestiegen? Die Verunsicherung der Anleger und die Konzentration bzw. teilweise vielleicht auch „Flucht“ in große und marktdominierende und somit vermeintlich sichere Werte ist daher verständlich. Man kann aber grundsätzlich auch sagen, dass der Markt nur bedingt wegen der Hoffnung auf Zinssenkungen, wie es in den Mainstream-Medien meist berichtet wird, so weit gestiegen ist, sondern weit überwiegend wegen des brummenden Dienstleistungssektors der USA, der immerhin fast 70 % des Bruttoinlandsprodukts ausmacht. Jedenfalls gilt es weiterhin zu beachten, dass die Rally am Aktienmarkt schon sehr weit gelaufen und deutlich stärker ausgefallen ist als das Wachstum der Wirtschaft und die Gewinne der Unternehmen. Ich wünsche Ihnen jedenfalls weiterhin viel Erfolg an der Börse Ihr Sven Weisenhaus www.stockstreet.de
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