Strengere Corona-Regeln in NRW | Von New York lernen | Kanzleramtschef im Interview
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Rheinische Post

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Stimme
des Westens

Moritz Döbler

17. Oktober 2020

Liebe Frau Do,

die hohen Infektionszahlen und die andauernde Debatte über die richtigen Corona-Maßnahmen wirken wie ein Trommelfeuer, das auf die ohnehin schon herbstliche Stimmung drückt. Für den Präsidenten des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, ist eine Abriegelung von Risikogebieten inzwischen denkbar – das hatte er im Frühjahr noch abgelehnt. Gregor Mayntz bewertet den Radikalvorschlag in seiner Analyse. Nicht bei der Prävention, aber in der Einstellung lässt sich vielleicht von New York, das die Pandemie noch stärker getroffen hat, etwas lernen. „New York hat sich vorher so sehr über die alltägliche Hektik definiert. Es gab so wenig Zeit für die Menschen, sich wirklich miteinander zu beschäftigen. Corona hat etwas wachgerüttelt“, erzählt Aaron Lisman, der Auftritte für notleidende Musiker in seiner Nachbarschaft organisiert. Der IT-Spezialist kommt in einer wunderschönen Reportage von Luzia Ogureck vor: „New York? New York!“

Die Debatte um die richtige Antwort auf die Pandemie muss natürlich trotzdem geführt werden. Nach dem Gipfeltreffen mit den Ministerpräsidenten zeigt sich Kanzleramtschef Helge Braun froh über die gefassten Beschlüsse, macht aber in einem Interview, das Gregor Mayntz und Jan Drebes geführt haben, deutlich, dass wohl noch schärfere Maßnahmen erforderlich werden. Für den CDU-Politiker ist die weitere Reduzierung von sozialen Kontakten unausweichlich. „Wenn wir Schule und Wirtschaft aufrechterhalten wollen, können wir noch einkaufen gehen, aber unser Freizeitverhalten müssen wir auf ein absolutes Minimum reduzieren“, sagt Braun. „Die klassische Geselligkeit in der Gastronomie darf es aus meiner Sicht in den nächsten Wochen nicht geben“.

Im Kanzleramt mit dabei war auch Ministerpräsident Armin Laschet, der gestern das Landeskabinett zu einer Sondersitzung zusammenrief: NRW bleibt bei strengen Kontaktregeln und führt für Risikogebiete eine Sperrstunde von 23 bis 6 Uhr ein. Den Stand der Dinge in NRW beschreibt Maximilian Plück. Die aktuellen Inzidenzwerte und andere wichtige Indikatoren finden Sie stets aktuell in unserem Daten-Dossier, die jüngsten Nachrichten rund um die Pandemie in unserem Corona-Newsblog. Ein weiterer wichtiger Termin steht für Laschet heute an, nämlich der sogenannte Pitch auf Einladung der Jungen Union, bei dem er mit den beiden anderen Kandidaten für den CDU-Vorsitz, Friedrich Merz und Norbert Röttgen, auf der Bühne zusammentrifft. Gefragt sind von den dreien „konkrete Antworten auf die Frage, wie man die 20er Jahre gestalten will“, wie Junge-Union-Chef Tilman Kuban in einem Interview mit Kerstin Münstermann sagt.

Einen weiteren schwierigen Bühnenauftritt hatte Laschet schon gestern zu absolvieren. Auf den Düsseldorfer Rheinwiesen hatten sich Stahlarbeiter von Thyssenkrupp versammelt, die am liebsten die Krise ihres Arbeitgebers mit einem Staatseinstieg lösen würden. Doch danach sieht es nicht aus, der britische Stahlhersteller Liberty hat inzwischen sein Interesse mit einem Angebot untermauert. Der Aktienkurs des deutschen Traditionskonzerns legte zu Tagesbeginn prompt zu, stieg zwischenzeitlich sogar um knapp 25 Prozent und schloss am Abend immerhin noch mit einem Plus von 10,78 Prozent bei 4,61 Euro. „Thyssenkrupp ist kein Ein-Euro-Geschäft“, sagte Laschet und erntete damit nach anfänglicher Zurückhaltung der Demonstranten Applaus. Jana Marquardt, Birgit Marschall und Maximilian Plück fassen die Lage zusammen.

Über den Wolken müsse die Freiheit wohl grenzenlos sein, sang Reinhard Mey schon 1974. „Alle Ängste, alle Sorgen, sagt man / Blieben darunter verborgen und dann / Würde, was uns groß und wichtig erscheint / Plötzlich nichtig und klein.“ Das Problem daran: In Corona-Zeiten können wir nicht mehr einfach irgendwo hinfliegen. In seiner ausführlichen Analyse beschreibt Martin Kessler, was das für die Luftfahrtbranche und das Reisen bedeutet. Hoffentlich kommen Ihnen am Wochenende auch unter den Wolken alle Ängste und Sorgen trotzdem nichtig und klein vor. Genießen Sie die Zeit, bis Montag!

Herzlich

Moritz Döbler

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