Sehr geehrte Damen und Herren,
ein warmer Oktobermorgen, ich sitze im Zug Richtung Lüneburg. Dort werde ich von über fünfhundert jungen Studentinnen und Studenten empfangen. „Warum haben wir zwei Ohren?“, frage ich sie. „Ein Ohr, um auf unsere innere Stimme zu hören: Was kann ich? Und ein Ohr, um den Ruf der Welt zu hören: Was soll ich?“ Die folgenden zwei Stunden reden wir darüber, wie wir die werden, die wir sein wollen. Und darüber, was die Welt von uns erwartet, wie wir Einfluss nehmen auf das, was uns umgibt.
Lange reden wir über das Für und Wider von Volksabstimmungen, über Bürgerräte und den Sinn und Unsinn von Parteien sowie gute und schlechte Arbeit in den Parlamenten. Und natürlich über Konflikte. Vor allem reden wir über das, was wir vermissen: Zusammenarbeit jenseits aller Streitigkeiten. Wir enden mit der Erkenntnis: Wir brauchen alle! Auf mich kommt es an! Die Welt wartet auf mich! Noch Tage danach bekomme ich motivierte Rückmeldungen junger Menschen.
Es folgen zwei Abende in verschiedenen Gemeinden. In der ersten kommen hundert ausgeloste Menschen zusammen, eingeladen von der Bürgermeisterin. „Wie geht es Ihnen in Ihrer eigenen Gemeinde“, will sie wissen. Der Gemeindesaal ist voll, alle Wählerschichten sind vertreten. Mein Kollege von Mehr Demokratie und ich moderieren den Abend mit unserem Dialogformat Sprechen & Zuhören. Es stellt sich heraus, dass die Menschen allesamt überraschend zufrieden mit ihrer Politik und Verwaltung sind. Und es gibt konstruktive Verbesserungswünsche. Die meisten wollen solche Abende am liebsten regelmäßig. Die Bürgermeisterin ist dafür offen.
In der zweiten Gemeinde sind wir bereits das sechste Mal. Auch hier sind alle Wählerschichten vertreten. Es geht um den Ausgang der vergangenen Landtagswahlen und um die ost- und westdeutsche Un-Einheit. Sehr persönliche Erfahrungen werden mitgeteilt und angehört. „Ich habe mit der Wende vor 35 Jahren meine Heimat verloren“, ist ein Satz, der mich bewegt. Und ich höre von verschiedenen älteren Damen: „Wir müssen so schlimm wählen, damit man uns hört! Ich hoffe, dass man uns jetzt endlich sieht! Ich hoffe, dass man sich jetzt endlich mit uns beschäftigt!“
In derselben Woche sitze ich noch bei zwei Veranstaltungen etwas anderer Art – mit vielen Politikerinnen und Politikern im Raum und auf den Podien. Bei der einen erfahre ich, dass der Bundestag nun doch keinen Bürgerrat zur Aufarbeitung der Coronapandemie einsetzt. Bei der anderen höre ich Politikerinnen und Politiker jammern: über den undemokratischen Zustand im Land und die „verheerenden“ Wahlergebnisse in den drei Ostbundesländern. Das müsse aufhören, die eigene Politik besser werden. Eine Lösung sei, zur Mitgliedschaft in der eigenen Partei aufzurufen. Erstaunlich ist dabei: Das sagt eine der drei Regierungsparteien, die gerade alle Chancen hat, es besser zu machen. Am nächsten Tag verkündet sie über die Medien das Aus für den Bürgerrat.
Ich bin sprachlos. So groß ist der Graben zwischen Politik und Bürgerschaft. In mir klingen noch die Stimmen aus den Dialogen mit den Bürgerinnen und Bürgern und den motivierten Studis nach, dazu die verzweifelten Reden regierender Politikerinnen und Politiker. Und schuld soll die Demokratie sein? Nein. Nicht mit mir.
Die Menschen, die mir in den vergangenen Wochen begegnet sind, sind nicht unzufrieden mit der Demokratie – sie sind unzufrieden mit der Politik! Mit dem ewigen Gezänk in der Regierung. Sie warten auf drängende Entscheidungen in allen Politikbereichen und müssen zusehen, wenn am Ende gar nichts entschieden wird. Nur weil man sich nicht einigen konnte. Nicht mal auf einen ausgelosten Bürgerrat.
Wir brauchen eine Zäsur, um in Ruhe darüber nachzudenken, was hier im Land gerade schiefläuft. Und wir müssen uns der Politik zuwenden. Sicher, die Demokratie hat Modernisierungsbedarf. Aber die Zusammenarbeit unter Politikschaffenden und Parteien muss besser organisiert sein! Darum muss sich jemand kümmern. Ich schlage dafür externe Hilfe vor. Und ich biete auch unsere Hilfe an.
Was wäre, wenn wir der Politik für ihre Zusammenarbeit externe Moderationsteams mit guten Formaten bis zum Ende der laufenden Legislaturperiode an die Seite stellen? Wir schlagen vor: Holt euch Hilfe und lasst eure Prozesse nach modernster Methodenkenntnis moderieren – professionell und effektiv. Wir beraten gerne. Wir wollen wirklich helfen. Wir garantieren Zusammenarbeit und konsensfähige Entscheidungen. Am Ende vielleicht sogar zufriedene Bürgerinnen und Bürger.
Das meine ich ernst!
Es grüßt Sie Ihre