Warum ist Tesla mehr wert als BMW? Liebe Leser, "an dieser Aktie scheiden sich die Geister". An der Börse ist das ein Satz, der eine Zahlung ins Phrasenschwein nach sich zieht, denn bei jeder Aktie gibt es immer Käufer und Verkäufer – also Anleger, die einen Kursanstieg erwarten und solche, die mit einem Absturz rechnen. Doch beim Elektroautokonzern Tesla wird das Ganze auf die Spitze getrieben und daher trifft die Phrase in diesem Fall tatsächlich zu. Vor einigen Wochen habe ich an dieser Stelle schon einmal Tesla analysiert und auf die Aussage des Hedgefonds-Managers Mark Spiegel verwiesen, der für die Aktie ein Kursziel von null Dollar verkündete. Tesla: Kursziel 0 Dollar oder 1.000 Dollar? Aber Tesla hat eben auch sehr viele Fans und Anleger, die von der goldenen Zukunft der Aktie überzeugt sind. So fabuliert z.B. der Fondsmanager und Milliardär Ron Baron davon, dass die Aktie im Jahr 2020 bei 1.000 Dollar liegen könnte. Das ist ebenfalls eine gewagte Prognose, denn bereits jetzt "ist viel Phantasie im Kurs enthalten", wie es so schön in der Börsensprache heißt. Das ist aber lediglich eine beschönigende Umschreibung dafür, dass sich für die hohe Bewertung der Aktie keine vernünftige Begründung mehr finden lässt, außer der Hoffnung auf riesiges Gewinnwachstum in der Zukunft. Bei Tesla ist das so. Die Aktie hat in den letzten sechs Monaten ihren Wert nochmals verdoppelt: Während der Technologieindex Nasdaq 100 seit Mitte Mai auf der Stelle tritt, ist die Tesla-Aktie weiter nach oben geschossen. Kennzahlen: Tesla Inc. WKN / ISIN: | A1CX3T / US88160R1014 | Marktkapitalisierung: | 62,010 Mrd. USD | Umsatz 2017e: | 11,530 Mrd. USD | Verlust pro Aktie 2017e / 2018e: | -5,72 / -0,74 USD |
Das Unternehmen Tesla ist mehr wert als BMW – zu Recht? Inzwischen ist Tesla an der Börse mehr wert als die deutsche BMW, einer der erfolgreichsten und gewinnstärksten Autobauer weltweit. General Motors, Ford oder Fiat Chrysler hat der kalifornische Konzern schon längst hinter sich gelassen – allerdings nur an der Börse, nicht bei Umsatz und Gewinn. Der Umsatz von BMW z.B. ist aktuell zehnmal so hoch wie der von Tesla und die Bayern erzielen Gewinne. Das ist Tesla bisher noch nicht gelungen und in schöner Regelmäßigkeit wird der so genannte Break-even, also der Punkt ab dem die roten Zahlen zu schwarzen werden, in die Zukunft verschoben. Elon Musk beherrscht das Spiel mit dem Kapitalmarkt Die Aktionäre von Tesla haben bisher jede Enttäuschung in dieser Hinsicht geschluckt und dem Unternehmen die Treue gehalten. Das liegt nicht zuletzt am charismatischen Vorstandsvorsitzenden Elon Musk, der mit immer neuen Zukunftsvisionen die Anleger in Euphorie versetzt. Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass kaum jemand das Spiel mit den Kapitalmärkten so gut beherrscht wie er. Nur so kann er immer wieder neue Aktionäre und Geldgeber zur Finanzierung seiner Zukunftsvisionen gewinnen. Und Geld braucht Tesla, vom Verdienen ist man noch weit entfernt. Die Wachstumspläne kosten immer mehr Geld Das liegt auch an den teuren Plänen. Jüngstes Vorhaben: Der Bau eines Werkes in Shanghai. Das könnte den lukrativen chinesischen Markt öffnen, wird aber erst einmal sehr, sehr teuer. Die aktuellen Prognosen besagen, dass Tesla 2019 erstmals einen Nettogewinn erzielt. Ich lehne mich vermutlich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich behaupte, dass auch dieser Termin angesichts der neuen Investitionspläne nicht zu halten ist. Das gilt auch für die aktuellen Wachstumspläne: 2018 sollen 500.000 Fahrzeuge produziert werden, 2016 waren es gerade einmal gut 80.000. Dieser Sprung ist für jede Firma eine gewaltige Aufgabe und kaum zu schaffen. Zudem ist Tesla schon jetzt von den eigenen Produktivitätszielen weit entfernt. Viele spekulieren auf einen Kursrückgang der Tesla-Aktie Mit diesen Zweifeln stehe ich nicht allein, viele Anleger halten die Aktie für sehr stark überbewertet, wie z.B. der eingangs erwähnte Mark Spiegel. Und was machen Hedgefonds-Manager in diesem Fall? Sie tätigen Leerverkäufe und spekulieren damit auf einen Kursrückgang. Das funktioniert, indem sie sich die Aktie gegen eine Gebühr bei Banken oder Fonds oder einem Broker leihen und sie dann an der Börse verkaufen. Fällt die Aktie dann wie erwartet, dann können sie sie billiger zurückkaufen und erzielen einen Spekulationsgewinn. Bei Tesla ist der Umfang der Leerverkäufe aktuell extrem hoch, fast 30 Prozent der an der Börse handelbaren Aktien, des so genannten Free Float, wird aktuell für Leerverkäufe eingesetzt. Zum Vergleich: Bei den ebenfalls nicht billigen Aktien von Facebook oder Amazon betrifft das nur etwa 1 Prozent der Aktien! Leerverkäufer geraten unter Druck und müssen die Aktie zurückkaufen Die Krux dabei: Das war auch schon so, bevor die Tesla-Aktie in den letzten Monaten nochmals nach oben geschossen ist. Durch den Kursanstieg geraten aber immer mehr Leerverkäufer unter Druck. Sie sitzen auf Verlusten und müssen entweder Geld nachschießen oder die leerverkauften Aktien teurer zurückkaufen und die Verluste abschreiben. Durch diesen Rückkauf entsteht an der Börse Nachfrage und der Kurs wird weiter nach oben getrieben. Das kann zu einem Teufelskreis werden und so weit gehen, dass es zu einem so genannten "Short Squeeze" kommt. Das heißt, immer mehr Leerverkäufer müssen quasi um jeden Preis zurückkaufen, wenn sie nicht pleitegehen wollen. So weit ist es bei Tesla noch nicht, aber der Kursanstieg der letzten Monaten hat sicher damit zu tun, dass viele Leerverkäufer ihre Short-Spekulation aufgegeben haben. Mein Fazit: Was bedeutet das für Sie als Anleger? Ich versuche meine Einschätzungen zu Tesla in vier Punkten zusammenzufassen: 1. Ich maße mir kein Urteil darüber an, ob Tesla langfristig in der Lage ist den weltweiten Automarkt aufzurollen. 2. Tesla hat offenbar tolle Produkte und ist in einem Zukunftsmarkt tätig, aber die Aktie ist nach allen Bewertungsmaßstäben zu teuer. 3. Der Kursanstieg der letzten Monate hat auch markttechnische Gründe, denn viele Leerverkäufer lösen ihre Short-Spekulationen auf. 4. Kurzfristig kann das den Kurs weiter nach oben treiben, mittelfristig wird die Aktie aber wegen der übertrieben hohen Bewertung wieder zurückkommen. Selbst wenn Sie von Tesla überzeugt sein sollten: Für langfristig orientierte Anleger ist meiner Ansicht nach die aktuelle Bewertung der von spekulativem Geld getriebenen Aktie zu hoch. Für kurzfristig orientierte Anleger kann es zwar interessant sein, auf einen weiteren Kursanstieg zu setzen. Aber auch hier ist das Risiko von Rückschlägen groß. 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