Menschen, die ihn bestaunen, Menschen, die ihm folgen, Menschen, die seine Visionen verwirklichen. Musk schwankt zwischen einem begnadeten Zukunfts-Visionär wie Jules Verne und einem Märchenerzähler vom Schlage eines Baron von Münchhausen. Die Welt hat Anteil an seinen Visionen und Eskapaden, denn er teilt es ihr via Twitter mit – ein Unternehmen, das er gerade zu 44 Mrd. US-Dollar nicht zu kaufen versucht. Oder vielleicht doch? So ganz klar ist das nicht. Jedenfalls ist es ihm viel zu teuer – dabei hat er den Kaufpreis selbst aufgerufen. Und nun soll er planen, 75% der Belegschaft zu entlassen. Denn Twitter habe unglaubliches Potenzial. Klingt verwirrend? Ist es auch. Aber das sind nur die jüngsten Äußerungen Elon Musks zum Thema Twitter. Auch bzgl. Tesla, seinem bisher größten Erfolg als Unternehmer, haut er oft und wirr Tweets in die Welt. Manchmal ist er dabei völlig zugekifft, wie er selbst zugibt. Da er sich auch zu Geschäftszahlen und Aktienkursen äußert, obwohl er CEO mehrerer Unternehmen ist, hat auch die US-Börsenaufsicht SEC auf den Plan gerufen, die gegen Kursmanipulationen vorzugehen hat. Geradezu legendär sind diesbezüglich Musks Tweets zu Bitcoin und Dodgecoin vor anderthalb Jahren, als er den Hype bei den Meme-Stocks und Krypto-Währungen mit anheizte. Musk kann über Twitter mit seinen Followern direkt kommunizieren. Der reichste Mensch der Welt gibt ihnen so das Gefühl, einer von ihnen zu sein – allein das zeigt, welches Potenzial in Twitter steckt! Und wenn er mal wieder über die Stränge schlägt und ihn das „böse Establishment“ anzählt, ob nun Börsenaufsicht, Politik, Bill Gates oder Warren Buffett, dann verklärt sich das Ganze in Richtung Robin Hood-Saga. Wobei Musk keinen Reichtum unter den Armen verteilt, anders als Bill Gates oder Warren Buffett. Mit seinem Auftreten steht sich Elon Musk oft selbst im Weg – und damit auch seinen Firmen. So sagte er während der Telefonkonferenz zu den gerade eben vorgelegten Quartalszahlen von Tesla: „Jetzt bin ich der Meinung, dass wir die aktuelle Marktkapitalisierung von Apple weit übertreffen können. Ich sehe einen Weg für Tesla, mehr wert zu sein als Apple und Saudi Aramco zusammen.“. Meine Güte, ein CEO sollte solche Aussagen tunlichst vermeiden. Er sollte sich um sein Unternehmen kümmern, um dessen Business, und nicht über seinen Aktienkurs philosophieren. Aber... Musk ist diesbezüglich kein Ersttäter, denn im Mai 2017 äußerste sich derart, dass Tesla bald mehr als Apple wert sein könnte. Zur Einordnung: Damals war Apple 772 Mrd. US-Dollar schwer und Tesla gerade mal 51 Mrd. Heute ist Apple erneut das wertvollste Unternehmen der Welt mit einer Marktkapitalisierung von 2,3 Billionen US-Dollar, während Tesla bei 650 Mrd. US-Dollar liegt – nachdem sich der Kurs innerhalb des letzten Jahres halbiert hat. Musks Aussagen sind also unangebracht, aber nicht unangemessen. Tesla und die Zahlen Apropos Kursabsturz... Tesla hat seine Zahlen zum 3. Quartal vorgelegt und die Aktie ging danach auf Tiefflug. Sie unterbot ihre Tiefs aus dem Sommer und markierte ein neues Jahrestief. Dabei waren die Zahlen auf den ersten Blick gar nicht so schlecht. Tesla erzielte im 3. Quartal einen Umsatz von 21,45 Mrd. US-Dollar und lag damit unterhalb der Erwartungen. Der Umsatz im Automobil-Bereich belief sich auf 18,69 Mrd. US-Dollar und damit um 55% über dem Vorjahreswert. Beim bereinigten Gewinn konnte Tesla mit 1,05 US-Dollar je Aktie die Erwartungen von 0,99 US-Dollar hingegen klar übertreffen. Der Nettogewinn erreichte im 3. Quartal 3,3 Mrd. US-Dollar (Q3/21: 1,62 Mrd.), wobei die Bruttomargen im Automobil-Bereich mit 27,9% exakt auf dem Niveau des Vorquartals lagen. Der freie Cashflow stieg um fast 150% auf 3,3 Mrd. US-Dollar und trug dazu bei, dass Teslas Barmittel und marktfähige Wertpapiere in der Bilanz auf 21,1 Mrd. US-Dollar anstiegen. Allerdings hat es hier Verschiebungen aus dem 2. Quartal gegeben, als das Shanghaier Werk viele Wochen lang stillstand wegen des Lockdowns aufgrund Chinas Null-Covid-Strategie. Im Laufe des Quartals hatte Tesla mit steigenden Rohstoff- und Energiepreisen, Problemen bei der Auslieferung von Fahrzeugen an Kunden und einer hohen Fluktuation in der Führungsetage zu kämpfen. „Die Inflation der Rohstoffkosten beeinträchtigte unsere Rentabilität zusammen mit den Ineffizienzen der neuen Fabriken in Berlin und Texas und der Produktion der neuen 4680-Batterien“, teilte Tesla mit. Zudem habe man negative Wechselkurs-Auswirkungen von 250 Mio. US-Dollar verbuchen müssen. Die Fahrzeug-Produktion lag im 3. Quartal bei 365.000 Stück, der Absatz bei 343.000. Im September lieferte Tesla in seinem Werk in Shanghai 83.135 Elektrofahrzeuge aus und damit so viele wie noch nie in einem Monat seit der Eröffnung des Werks Ende 2019. In Grünheide hat man allerdings weiterhin Probleme. Und so positiv die Zahlen auf den ersten Blick auch klingen, sie scheinen deutlich zu niedrig zu sein, um Tesla ehrgeiziges Absatzziel von +50% für das Gesamtjahr noch erreichen zu können. Dazu wäre ein Spitzenquartal nötig. Befremdlich niedrig sind die weiterhin vergleichsweise niedrigen Aufwendungen für Forschung & Entwicklung von nur 733 Mio. US-Dollar. Manche meinen ja, eine Software-Firma hätte da nicht mehr nötig, aber Tesla bewegt sich in mehreren hochwettbewerbsintensiven Märkten mit finanzstarken Konkurrenten, so dass F&E unablässig sind, wenn man hier auch künftig eine führende Rolle spielen will. Bei der installierten Solarleistung gab es nach dem starken Vorquartal wieder einen Rückgang. Die 94 MW liegen unter den 106 MW aus Q2/2022 aber dennoch beinahe doppelt so hoch wie in Q1/2022. Der Bruttoertrag der Sparte lag in Q3/2022 bei erfreulichen 104 Mio. US-Dollar. Abgesehen von der EV-Produktion waren die Ergebnisse von Tesla interessant. Die installierte Solarkapazität war mit 94 Megawatt ziemlich lau, ein Plus von 13% im Jahresvergleich, aber ein Rückgang von mehr als 10% gegenüber dem Stand von vor 3 Monaten. Die installierte Energiespeicherkapazität stieg jedoch sprunghaft auf 2,1 Gigawatt an, gegenüber 1,3 Gigawatt vor einem Jahr und 1,13 Gigawatt im 2. Quartal 2022. Tesla baute sein Kundendienstnetz weiter aus und erweiterte seine Flotte in den letzten 3 Monaten um 41 Laden- und Servicestandorte sowie 79 mobile Serviceeinheiten. Das Unternehmen verfügt nun über fast 4.300 Supercharger-Stationen mit fast 38.900 Anschlüssen und ist bestrebt, seinen wachsenden Kundenstamm mit den nötigen Ressourcen zu versorgen, damit sie auf der Straße bleiben können. Unser Fazit Elon Musk ist ein toller Unternehmer und Tesla ist ein tolles Unternehmen. Tesla steht vor gewaltigen Wachstumsschüben und ist Innovationsführer. Inzwischen wirtschaftet man profitabel und verdient mit seinen Autos gutes Geld. Die steigenden Stückzahlen und die dadurch sinkenden Stückkosten treiben Umsatz und vor allem Gewinne an. Gewinne, die in weitere Bereiche fließen, die die Dekarbonisierung unserer Welt vorantreiben. Dabei kämpft auch Tesla mit großen Herausforderungen und Problemen. Ausstehende Genehmigungen, Rückrufaktionen, Produktionsmängel, Rückschläge beim Autopiloten und an vielen anderen Stellen, der Abgang von Schlüsselmitarbeitern. Aber Tesla ist auch innovativ beim Lösen seiner Probleme. Elon Musk ist die treibende Kraft hinter all dem. Je mehr er sich anderen Projekten widmet, desto weniger Zeit bleibt für Tesla. Der Aktienkurs ist in diesem Jahr ein Trauerspiel – dass der Gesamtmarkt kräftig unter Druck steht, ist dabei nur ein schwacher Trost. Musk hat die zunehmenden Klagen von einflussreichen Aktionären aufgegriffen und stellte ein baldiges umfangreiches Aktienrückkaufprogramm in Aussicht. Im Board würde gegenwärtig ein Volumen von 5 bis 10 Mrd. US-Dollar diskutiert, das dann im kommenden Jahr starten könnte. Das beeindruckte den Markt aber kaum, denn im Maximum ginge es um 1,5% des Aktienkapitals und das dürfte kaum ausreichen, um dem Kurs solide Impulse zu verschaffen. Am Ende bleibt die Tesla-Aktie eine Glaubensfrage. Das Unternehmen entwickelt sich positiv und kann momentan seine Marktbeherrschende Stellung im EV-Markt behaupten. In China fährt die chinesische Konkurrenz aber allen anderen Wettbewerbern davon. In Europa und den USA rollen die etablierten Autohersteller immer mehr Elektro-Modelle aus und allein das wird Teslas Absatzchancen begrenzen. Zumal Tesla weiterhin mit massiven Qualitätsproblemen zu kämpfen hat und hier seinen europäischen Konkurrenten, allen voran den deutschen Premium-Herstellern, weit hinterherhinkt. Ob sich die Aktie als gutes Investment erweist, bleibt also abzuwarten. Denn sie ist weiterhin extrem hoch bewertet, trotz des Kursabsturzes. Eine interessante Depot-Beimischung ist die Tesla-Aktie allemal, aber auch eine lohnende. Wir werden sehen...
Die heutige Ausgabe entstand wieder in Zusammenarbeit mit Michael C. Kissig. | | Offenlegung wegen möglicher Interessenkonflikte: Die Redakteure/Autoren sind in den folgenden besprochenen Wertpapieren bzw. Basiswerten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Kommentars investiert: Tesla Weitere Informationen dazu findest Du hier... Meine neuesten Videos
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