Das TOUR Tech-Briefing zur 5. Etappe |
|
Fotograf: Getty Velo |
Vom 1. bis zum 23. Juli messen sich die besten Radsportler der Welt bei der Tour de France. Über Sieg und Niederlage entscheiden dabei nicht nur die Beine, sondern auch das Material. Das TOUR Tech-Briefing zur 5. Etappe. |
Tour de France 2023 - 5. Etappe: Pau - Laruns | 162,7 Kilometer |
|
Das Höhenprofil der 5. Etappe, Fotograf: A.S.O. |
Es geht in die Berge. Eine kletterfeste Fluchtgruppe könnte eine Chance haben, durchzukommen und um den Etappensieg zu fahren. Aber welche Maschine wählt ein Fahrer, der sich etwas vornimmt? Ein leichtes Bergrad? Oder doch lieber eine möglichst aerodynamische Maschine? |
Für den ersten Teil der Etappe ist die Sache klar: Ein Aerorad würde helfen, vom Feld wegzukommen und energieschonend in Richtung des ersten Anstiegs zu rollen. Doch dann bäumt sich der Col de Soudet auf, 15,2 Kilometer lang und im Schnitt 7,2 Prozent steil. Zudem ist der Straßenbelag rau. Im weiteren Verlauf ist dann der noch steilere Col de Marie Blanque zu erklettern (7,7 Kilometer mit im Schnitt 8,6 Prozent), der in der Spitze sogar bis zu 13,6 Prozent Steigung aufweist. |
Leicht ansteigende Zielgeraden auf 5. Etappe der Tour de France 2023 |
Und schließlich müssen Fluchtgefährten ja auch noch geschlagen werden. Würde die Fluchtgruppe am Ende um den Sieg sprinten, hätten die Fahrer es mit einer leicht ansteigenden Zielgeraden zu tun (10 Meter auf 1000 Meter). All diese Faktoren gilt es zu bedenken, um das richtige Material auszusuchen. |
Angenommen, die Fluchtgruppe erklettert den Col de Soudet mit gleichmäßigem Krafteinsatz nachdem im Tal ein Vorsprung herausgefahren wurde: Wäre ein Aerorad ein großer Nachteil? Nein, wer nicht voll am Limit fährt, könnte das Mehrgewicht kompensieren. Und wer voll am Limit fahren müsste, um in der Gruppe mitzukommen, wäre ohnehin chancenlos. Nach diesem Kalkül wäre das Aerorad bis zum Fuße des Col de Marie Blanque daher nützlich, um Energie zu sparen und sich die Verfolger vom Hals zu halten. |
Die wahrscheinlichste Sollbruchstelle für eine Fluchtgruppe wäre die zweite Hälfte des Marie Blanque, da es hier deutlich steiler wird. Wer um den Etappensieg fahren will, muss hier eine Attacke mitgehen können. Wir simulieren daher einen Antritt 3,7 Kilometer vor dem Gipfel des Marie Blanque. Die Fahrzeit bis zum Gipfel beträgt rund 15 Minuten. |
Zahl des Tages: 9 Sekunden |
Vorsprung bringt das Leichtrad bei einer Attacke an der Schlüsselstelle des Marie Blanque gegenüber den schwereren Aero-Boliden. Ganz vorne fahren in diesem Szenario die leichtesten Räder in unserer Liste: Giant und Wilier. |
Die Wahrscheinlichkeit, die entscheidende Attacke mitgehen zu können, steigt also, wenn der Fahrer auf einem möglichst leichten Rad sitzt. Hält man das Szenario, das wir hier zeichnen, für wahrscheinlich, ist ein leichtes Bergrad daher die Maschine der Wahl. |
Um die rauen Pyrenäenstraße zu entschärfen und Grip und Rollwiderstand zu optimieren, bieten sich nicht zu schmale Reifen an. Fahrer mit Sinn für Gummi-Feintuning könnten von 28 auf 30 mm breite Tubeless-Reifen gehen, um bestmöglich über diese Straßen zu rollen. |
Das (fast) gesamte Feld im Überblick |
|
*, Fotograf: Robert Kühnen |
*) Die Berechnungen beruhen auf den von TOUR in Labor und Windkanal getesteten Rädern. Die Maschinen bei der Tour de France können in Details davon abweichen. Auch Last-Minute-Prototypen konnten wir natürlich noch nicht untersuchen. Hintergründe zur Simulation. |
Unser Experte |
|
Fotograf: Robert Kühnen |
Robert Kühnen ist studierter Maschinenbauer, schreibt für TOUR über Technik- und Trainingsthemen und entwickelt Prüfmethoden. Die Simulationsrechnungen verfeinert Robert seit Jahren, sie werden auch von Profi-Teams genutzt. |
|
>> TOUR on Tour: Exklusive News aus dem Fahrerlager im Liveblog |
>> Zum Tour de France Special |
>> Zum BIKE Magazin |
|
|