#trending // die "Tagesschau" und TikTok Die "Tagesschau" des Ersten hat als eine der ersten journalistischen Marken aus Deutschland den Schritt auf die Bewegtbild-Plattform TikTok gewagt, die insbesondere bei Unter-30-Jährigen extrem populär ist. Man möchte dort "neben TikTok-typischen eher humorigen Kurzvideos" auch "das Potential ausloten, das diese Plattform für die Vermittlung von Nachrichten bietet", so Marcus Bornheim, Erster Chefredakteur ARD-aktuell. Die ersten Erfolge der "Tagesschau" auf dem neuen Verbreitungsweg sind beachtlich: Am späten Abend hatte das Account bereits 25.000 Follower eingesammelt, der erste Post kam auf über 85.000 Likes. Ein gefundenes Fressen war das "Tagesschau"-Debüt auf der Plattform für "Bild", wo ja sehr gern kritisch über öffentlich-rechtliche Aktivitäten berichtet wird. Unter der Headline "'Tagesschau' pumpt Geld in umstrittene China-App: TikTok-Ärger für die ARD" schreiben gleich drei Autoren Sätze wie "Unsere Rundfunkgebühren fließen jetzt offiziell nach China!" Unabhängig davon, dass man ja durchaus darüber diskutieren kann, welche Gefahren von einer solchen Plattform ausgehen - und wie sehr sie unter dem Einfluss der chinesischen Regierung steht - ist es einfach daneben, schon in der Headline und im ersten Satz zu behaupten, die "Tagesschau" würde Geld in die App "pumpen" oder "Gebührengelder" würden nach China "fließen". Schließlich muss die ARD kein Geld dafür bezahlen, Videos dort hochzuladen. Und wenn "Bild" die Mitarbeiter meint, die für die Produktion der Videos bezahlt werden: Auch dieses Geld fließt ja nicht nach China. Selbst wenn TikTok mit den "Tagesschau"-Videos Geld verdienen würde - was nicht der Fall ist - wären das keine "Gebührengelder". Was den "Bild"-Artikel noch unappetitlicher macht: Axel Springer betreibt auf TikTok ebenfalls ein Angebot, dessen Start noch vor einer Woche - wie "Bild" schreiben würde - "feierlich verkündet" wurde. Über "Hawaiitoast", so der Name des Accounts, auf dem die Axel Springer Akademie mit der Plattform experimentiert, heißt es dort: "Das Reporter-Team will mit 'Hawaiitoast' zeigen, dass auch journalistische Formate und ernsthafte Themen in der bislang für Spaßvideos und Playback-Clips bekannten App funktionieren können." Ein Satz fast identisch zur "Tagesschau"-Mitteilung. Zwar erwähnt die Pressemitteilung von Axel Springer auch, dass "die Risiken der nicht unumstrittenen Plattform selbst [...] wie etwa Jugendschutz und Persönlichkeitsrechte" thematisiert werden sollen, doch Akademie-Direktor Marc Thomas Spahl sagt direkt im Anschluss: "Aber wir dürfen das riesige Potenzial nicht vernachlässigen, junge Leute dort für Journalismus zu gewinnen, wo sie ihre Zeit verbringen." Dass auch die "Tagesschau" die "Risiken der nicht unumstrittenen Plattform" thematisiert - wie zuletzt zum Beispiel am 2. November oder sehr ausführlich am 26. Februar - das erwähnt "Bild" nicht, dafür aber, dass das Haus-eigene Angebot das natürlich tue. Mit anderen Worten: Was Axel Springer darf, darf die "Tagesschau" noch lange nicht. |