Als ich am 1. März 2017, also vor vier Jahren und neun Monaten, mit meiner Newsletter-Idee #trending an den Start ging, ahnte ich nicht, dass ich 1000 Ausgaben schreiben werde. Ich war zwar überzeugt von der Idee, hatte aber keine Ahnung, ob ich auch Sie von der Idee überzeugen kann. Inzwischen lesen mehr als 10.000 Leute #trending, meine Idee wurde ein Erfolg. Im Laufe der Zeit schrieben Sie mir zahlreiche, tolle Mails. Erst gestern erreichten mich Glückwünsche zur 999. Ausgabe - zur 1000. könne ja jeder gratulieren. Eine Leserin schilderte mir kürzlich ihre Angst davor, dass ich den Aufwand, den ich mit #trending betreibe nicht ewig betreiben könne und sie dann auf meinen Newsletter verzichten müsse. Dieser Tag ist nun leider gekommen. In meiner Brust schlagen zwei Herzen: Eins, das mir sagt, wie viel Freude es mir auch nach 1000 Ausgaben - meistens - noch macht, für #trending zu recherchieren, meine Rechercheergebnisse aufzuschreiben und einzuordnen. Das andere Herz jedoch sagt mir, dass es nach 1000 Abenden, die ich nicht mit Freunden, Büchern oder Netflix verbracht habe, sondern mit dem Schreiben von #trending, reicht. Das Recherchieren für und Schreiben von #trending geht allmählich an die Substanz. Und das liegt auch an den Themen. Unbeschwerte Phasen, in denen "das Netz" über lustige Videos, Kinotrailer oder Hauswinkelspinnen diskutiert, gibt es kaum noch. Stattdessen dominieren düstere Themen, nicht erst seit Start der Pandemie. Laute Minderheiten sorgen in sozialen Netzwerken durch ihre Lautstärke dafür, dass leise Mehrheiten (und Medien) sie zu wichtig nehmen. Was mich besonders bewegt, ist die Eskalation des Tons in den Diskussionen. Gefühlt sind Social-Media-Nutzer und -Nutzerinnen aus allen Richtungen seit dem #trending-Start 2017 immer weniger in der Lage, zuzuhören. Wegen eines aus dem Zusammenhang gerissenen Zitats werden Leute verteufelt - aus der Politik, der Wissenschaft, dem Journalismus und anderen Bereichen. Auch die Tendenz, sich eigene Meinungen zu bilden, indem man nur noch Headlines von Artikeln liest statt die Artikel selbst, ist bedenklich. Immer wieder gab es Social-Media-Aufreger mit zigtausenden Facebook- und-Twitter-Interaktionen, obwohl von dem eigentlichen Artikel aufgrund einer Bezahlschranke für Nicht-Abonnenten nichts zu lesen war. Nicht der Artikel wurde vor dem Liken, Teilen, Kommentieren, gelesen, sondern nur die Überschrift. Übergeigte Headlines reichen längst, um Social-Media-Aufreger zu erzeugen. Click- und Likebait, vor dem kaum ein Medium sicher zu sein scheint. Ich habe mich in vielen Phasen politischer Aufregerwellen und seit 2020 in vielen Phasen von Corona-Wellen immer wieder gefragt, ob ich dieses Missverhältnis zwischen lauter Minderheit und leiser Mehrheit durch meine Betrachtungen nicht verstärke. Die viel beschworene "Spaltung" der Gesellschaft sehe ich nämlich nicht. Allenfalls einen kleinen Spalt am Rande der Gesellschaft. Egal, zu welchen politischen Aufregern seriöse Umfragen und Studien erstellt werden - die Ergebnisse widersprechen fast grundsätzlich dem Ton in den sozialen Netzwerken. Auf der anderen Seite gehört es eben auch zum Journalismus, diese Tendenzen in den sozialen Netzwerken zu beobachten - und sie einzuordnen. Mir war es immer wichtig, nicht einfach aufzuzählen, welche Aufreger es gab, sondern auch versuchen zu erklären, warum sie zum Aufreger wurden. Nach 1000 Ausgaben brauche ich aber eine Pause von diesem tiefen Eintauchen in die sozialen Netzwerke, insbesondere in die dunklen Ecken. #trending endet nun. Es war mir ein Fest, Sie zu informieren, zu unterhalten, Sie zu erfreuen und manchmal auch zu ärgern. Und hoffe nun auf Ihr Verständnis für meinen Entschluss. Bleiben Sie MEEDIA und meinen zahlreichen Analysen dort gewogen. PS: Mitte Januar werden Sie als #trending-Abonnentinnen und -Abonnenten einen neuen Newsletter von mir und MEEDIA bekommen - mit vielen Daten, Analysen und auch ein, zwei Ideen aus #trending. Der noch namenlose Newsletter wird dann aber wöchentlich erscheinen und nicht mehr täglich. Falls Sie mir bis dahin noch etwas auf den Weg geben möchten: Sie erreichen mich jederzeit per Mail. |