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Die ganz großen Aufreger-Themen gab es am Wochenende hierzulande nicht in den sozialen Netzwerken. Vor allem der journalistische Artikel, der am Samstag die meisten Facebook- und Twitter-Interaktionen erreicht hat, ist dennoch erwähnenswert, weil er ungewöhnlich für einen solchen Spitzenplatz ist. So gewann das Essay des Spiegel-Online-Redakteurs Stefan Schultz mit dem Titel "Was nach der Leistungsgesellschaft kommt" die Social-Media-News-Charts. Inhalt der 2.000 Worte: die Theorie der Ich-Entwicklung von Jane Loevinger. Die besagt, dass "jedes Ich einer festen Reihenfolge von Entwicklungsstufen" folgt und "dabei immer differenzierter und komplexer" wird. Schultz: "Es ist [...] mittlerweile Konsens, dass Loevingers Theorie zumindest eine gute Orientierung gibt, was mit unserer Persönlichkeit im Laufe unseres Lebens passiert. Und dass sich dadurch vieles erklären lässt, was ansonsten nur schwer zu verstehen ist; die Entstehung unserer Leistungsgesellschaft, der zeitgleiche Aufstieg der Grünen und der AfD." Seine Folgerung aus der Theorie: Unserer Gesellschaft könnten fundamentale Veränderungen bevor stehen, weil sich die Verteilung der Ich-Entwicklungsstufen "immer mehr auf spätere Stufen zu verlagern" scheint. Kurz zusammen gefasst, meint Schultz auf Basis der Forschung u.a. von Thomas Binder, dass Menschen der Stufe E7, Individualisten und Pluralisten, immer mehr werden. "Politisch gesehen sind Pluralisten große Verfechter von Diversität. Sie unterstützen die Gleichwertigkeit aller Geschlechter, sexueller Orientierungen, Ethnien, sozialer Schichten, Beziehungs- und Lebenskonzepte. "Die große Frage nach einem wirklich gerechten System würde in der Folge wahrscheinlich konsequenter gestellt", sagt Ich-Forscher Binder." Die Folgen einer solchen Entwicklung von mehr Menschen zur Stufe E7 wären beispielsweise eine bessere "Verteilgerechtigkeit und die Gleichstellung von Gesellschaftsgruppen" in der Wirtschaft, der Verlust des Reizes am Leistungsideal, und einiges mehr. Die wohl wichtigste Rolle bei dieser Entwicklung spielt die Arbeitswelt: Künstliche Intelligenz, Robotik & Co. können dazu führen, dass die Produktivität so steigt, dass die Regierungen sich ein bedingungsloses Grundeinkommen für ihre Bürger leisten könnten. Die wegfallenden Jobs würden allerdings auch viele in Krisen stürzen: Sie fühlen sich abgehängt, und haben ein Problem mit der Aussage: "Dann mache ich jetzt eben etwas anderes mit meiner Zeit". Fazit: Der Techniktrend in der Arbeitswelt "kann die gesellschaftliche Entwicklung ebenso beschleunigen wie ihre Spaltung". Ein spannendes Stück, das 11.600 Likes & Co. auf Facebook und Twitter erreicht hat. |