Heute wichtig: Koalitions-Krise – Quanten-Computing – Facebook-Urteil
● Ampel-Krise: Wann zerbricht die Regierung? |
● Börsen-Wette: Aktionäre und die US-Wahl |
● High-Tech: Quantencomputer knackt Militär-Codes |
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Liebe Leserin, Lieber Leser, wie auch immer das Rennen ums Weiße Haus ausgeht: Es hätte niemals so knapp werden dürfen. Im Januar 2021 lag Donald Trumps Beliebtheitswert bei niederschmetternden 34 Prozent. Er war Geschichte. Warum konnte er aus diesem Loch herausklettern? Ein Grund: sein Genie. Ein anderer: die Demokraten… „Fight! Fight! Fight!” skandieren kampfeslustig gut 4.000 Trump-Anhänger in der Konzertarena von Macon, im Swing-State Georgia. Ich stehe am Rand der Bühne, neben den Menschen, die im TV direkt hinter Trump zu sehen sein werden. Als der 78-Jährige vier Stunden später zu den Klängen von „Proud to be an American” erscheint, ist er energiegeladen – trotz der zwei Wahlkampf-Termine zuvor –, aber sein Publikum schwächelt. Die hinteren Ränge leeren sich während der 90-Minuten-Rede. Selbst Trump-Fans bekommen irgendwann Hunger. Gewählt haben die meisten eh längst. Ihn natürlich. Warum? „He took a bullet for us”, sagen viele hier. Das hat etwas von „Jesus, der am Kreuz für uns alle gestorben ist.” Aber auch Trumps Botschaften sind eingesunken: Steuern runter! Auf Trinkgeld und Überstunden, nicht nur für Unternehmen. Und: Kein Krieg! Denn Amerikas Feinde fürchten Trump, und so muss kein US-Soldat mehr in Ländern sterben, deren Namen niemand kennt. |
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| Kopf an Kopf bis zum Schluss: Kamala Harris und Donald J. Trump (© action press, Reuters) |
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Doch die wichtigste Botschaft, daran lässt Trump auch hier keinen Zweifel: Grenzen zu! Illegale Migration ist sein Kernthema, und dort sind die Demokraten angreifbar. Biden und Harris haben die Grenze zu Mexiko lange vernachlässigt – das größte Wahlkampfgeschenk für Donald Trump. Mitten in seiner Rede bittet er die Mutter von Mimi Ramirez auf die Bühne. Die 25-Jährige wurde Ende Oktober in Georgia ermordet, der Verdächtige ist ein illegaler Einwanderer aus Mexiko. Mit Trump als Präsident, vermittelt die aus Puerto Rico stammende Mutter, wäre das nicht passiert. Er nimmt sie in den Arm. Bei Migration (und bei Trans-Witzen) jubelt die Menge am lautesten. „Illegale haben Amerika besetzt”, ruft Trump, er werde „diese Okkupation” beenden. Hinter mir streckt Anna das Schild „Trump will fix it” in die Höhe. Sie kommt aus der Dominikanischen Republik, musste zehn Jahre auf ihre Einbürgerung warten und ärgert sich jetzt über „die Illegalen”, denen Kamala Harris „schon nach einem Jahr den US-Pass gibt.” Annas Tochter ist daheim geblieben. Sie wählt Harris – „leider. Wegen der Gehirnwäsche an den Schulen.” Auch das werde Trump in Ordnung bringen. |
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| Nach 90 Minuten Trump: FOCUS-Autorin Tanit Koch am Sonntagabend im US-Bundesstaat Georgia (© privat) |
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Die Menschen hier sind Mittelschicht. Gläubig. Patriotisch. Familienbewusst. Freundlich. Typische Amerikaner, die sich vom Team Harris als „Nazis” und „Abfall” diffamiert fühlen, was sie noch mehr zusammenschweißt. Und in jedem Gespräch merke ich, wie Trumps Gift wirkt: Sie zweifeln am Rechtsstaat, an der Echtheit der Wahlen, an staatlichen Institutionen. Trumps jahrelange Rhetorik hat die demokratische DNA seiner Anhänger umgeschrieben. Sollte er gewinnen, regiert wieder ein Giftmischer im Weißen Haus. Sollte Harris siegen, werden das viel zu viele Amerikaner für Wahlbetrug halten. Wie blicken Sie auf die Präsidentschaftswahlen? Schreiben Sie uns an feedback@focus-magazin.de |
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| Nach Krisen-Gespräch: Robert Habeck verlässt gestern das Kanzleramt (© dpa) |
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Ampel-Krise: Die nächsten Schritte |
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Die Bundesregierung ringt um ihren Fortbestand. Kanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) trafen sich gestern zum Krisen-Gipfel. Weitere sollen in den nächsten Tagen folgen. Diese Etappen stehen an: Koalitionsausschuss: FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai schließt einen Ampel-Kollaps im Anschluss an das Treffen am Mittwoch nicht aus. „Das wird man sehen”, sagte er gestern. SPD-Chef Lars Klingbeil spricht von einer „Woche der Entscheidungen“. Zu klären sei, ob alle Koalitionspartner noch „genug Puste“ für den weiteren Weg haben. Haushaltsbereinigungssitzung: Trotz zahlreicher offener Fragen zum Etat 2025 rückt die Koalition bislang nicht von dem Termin am 14. November ab. Eine Einigung zu möglichen Wirtschaftskonzepten muss also schnell her. Die SPD-Parteichefs erteilten dem Lindner-Papier jedoch erneut eine Absage. Haushaltsabstimmung: Der Bundestag soll Ende November den Haushalt verabschieden. Ohne beschlossenen Etat scheinen Neuwahlen im Frühjahr unausweichlich. Einigt sich die Koalition jedoch, könnte Olaf Scholz selbst im Fall eines Ampel-Endes in einer Minderheitsregierung mit den Grünen weiter regieren. Innerhalb der SPD wird diese Möglichkeit zumindest diskutiert. Darauf angesprochen, sagt Parteichefin Esken: „Wir sind bereit, mit der Situation – so wie sie sich entwickelt – umzugehen. Und wir sind darauf auch gut vorbereitet.“ |
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| Marie-Agnes Strack-Zimmermann (© dpa) | Marie-Agnes Strack-Zimmermann: „Die letzten vier Jahre sind vergeudet worden“ Wahltag in den USA – wie schätzt die Europa-Politikern und Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) die Folgen ein? Im FOCUS-Interview analysiert sie die Vorbereitungen auf eine potenzielle Präsidentschaft Donald Trumps. Ihr Fazit: „Die letzten vier Jahre sind vergeudet worden in der Hoffnung: Wird schon nicht so schlimm.“ Sehen Sie hier das gesamte Interview auf LinkedIn | |
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| Die Wall Street schaut gebannt auf die US-Wahl (© Reuters) |
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So könnte die US-Wahl die Börsen beeinflussen |
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Auch bei Investoren steigt die Spannung mit Blick auf die USA. Was bedeutet der Wahlausgang für die Börse? Ein Überblick: Die Wirtschaftspolitik der Kandidaten: Donald Trump: Der Republikaner will Steuern für Unternehmen senken. Er plant einen Basiszoll von 20 Prozent auf alle Einfuhren und 60 Prozent auf Importe aus China. Außerdem will Trump neue Öl-Pipelines und mehr Fracking genehmigen. Kamala Harris: Die Demokratin beabsichtigt höhere Unternehmenssteuern, will den grünen Umbau der Wirtschaft forcieren und Familien beim Hauskauf unter die Arme greifen. Börsen-Szenario 1: Trump gewinnt Das Dax hat seit Jahresbeginn rund 14 Prozent zugelegt. Der S&P500 20,6 Prozent. Dieser Kursanstieg dürfte bei einem Wiedereinzug Trumps ins Weiße Haus weitergehen, erwarten Experten. Der Regierungswechsel von Demokraten zu Republikanern sei „statistisch das stärkste Szenario an der Börse“, sagt Jochen Stanzl von CMC Markets. Börsen-Szenario 2: Harris gewinnt Ein solches Ergebnis dürfte bei US-Investoren auf Zurückhaltung stoßen, glaubt Robert Halver von der Baader Bank. Harris stehe nicht im Verdacht, der „Wall Street besondere Sympathien entgegenzubringen“. Dafür entfalle die Gefahr von Strafzöllen, was gut für den Dax sei. Börsen-Szenario 3: zunächst kein klarer Wahlsieger Knifflig. Finanzmärkte mögen keine unklaren Verhältnisse, vor allem, falls Trump eine mögliche Niederlage nicht akzeptieren sollte. Dann könnten Investoren schnell nervös werden, Aktien verkaufen und sich so in Sicherheit bringen. |
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93,7 Punkte: So tief lag das Beschäftigungsbarometer des Münchner ifo Instituts im Oktober, der niedrigste Stand seit Juli 2020. Damals lastete die Corona-Pandemie auf den Unternehmen. Jetzt ist es die flaue Konjunktur. Die Lage am Arbeitsmarkt entwickle sich „seit Monaten negativ, nicht stark, aber kontinuierlich“, so ifo-Umfrageleiter Klaus Wohlrabe gestern. |
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| Modell eines Quanten-Chips von IBM (© dpa) |
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Quantencomputer knackt Militär-Codes |
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Chinesische Forscher haben mit einem Quantencomputer extrem verschlüsselte Systeme ausgehebelt. Worum geht’s? Quantencomputer haben eine millionenfach höhere Rechnerleistung als herkömmliche Rechner. Die Forschergruppe von der Universität Shanghai setzte einen kanadischen Quantencomputer vom Typ D-Wave Avantage für eine experimentelle Cyberattacke auf Computersysteme ein, die von Banken, Militär und kritischer Infrastruktur benutzt werden. Dabei gelang es, das Verschlüsselungsverfahren AES-256 zu knacken, das als „military-grade encryption“ bekannt ist. Was bedeutet das? Bisher galt AES-256 als „quanten-sicher“. Die Verschlüsselungstechnologie wird auch von großen Cloud-Anbietern wie Amazon, Oracle und IBM genutzt. Jetzt ist klar, dass Quantencomputer eine „echte und substantielle Bedrohung“ für alle gängigen Sicherungsverfahren sind, sagt Forschungsleiter Wang Chao. Gibt es eine Lösung? Das müssten neue, noch kompliziertere und teurere Verschlüsselungssysteme sein, die von einer unschlagbaren Intelligenz entwickelt werden – von Quantencomputern. |
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| Atommüll-Zwischenlager in Gorleben (© dpa) |
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Atommüll-Endlager weiter gesucht |
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Mehr als vier Jahre nach dem ersten Zwischenbericht gibt es wenig Hoffnung auf eine zügige Endlager-Lösung. Einziger Fortschritt: Statt 54 Prozent im Jahr 2020 kommen nun 44 Prozent der Landesfläche Deutschlands dafür infrage, teilte die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) gestern mit. Aktuell werden 27.000 Kubikmeter hochradioaktiver Müll aus mehr als 60 Jahren Atomkraft in 16 oberirdischen Zwischenlagern in Gorleben, Lubmin und Ahaus sowie auf dem Gelände von Ex-Atomreaktoren gebunkert. Gesucht wird ein Ort in der Tiefe, der den strahlenden Abfall für eine Million Jahre sicher verwahrt. Das Umweltministerium rechnet damit, dass ein solches Endlager bis 2050 gefunden sein wird – 20 Jahre später als geplant. |
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Gewinner: Neustart für Dieter Hecking, 60! Erst im Mai wurde er als Sportvorstand des 1. FC Nürnberg entlassen, jetzt coacht er den VfL Bochum. Der Bundesligist kämpft als Tabellenletzter gegen den Abstieg. Vor zwei Wochen hat der Verein den bisherigen Trainer Peter Zeidler gefeuert. Jetzt liegen alle Hoffnungen auf dem gebürtigen Castroper Hecking. | |
Verlierer: Nach nur 18 Monaten muss Peter Herweck, 58, seinen Posten als CEO von Schneider Electric räumen. Entlassungsgrund: Unstimmigkeiten über die Firmenstrategie des französischen Siemens-Konkurrenten. Neuer Chef wird Olivier Blum, 54, derzeit Leiter des Energiemanagement-Geschäfts. Die Aktie von Schneider Electric brach am Montag um mehr als fünf Prozent ein. | |
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… ist der Kampf für bessere Umgangsformen in den sozialen Medien mühsam, aber lohnend. Jüngster Fall: Ein Mann hatte 2021 den Satz „Merkel im Ahrtal…daß sich die dumme Sch***** nicht schämt…“ (Sternchen vom FOCUS Briefing) auf Facebook gepostet und – um alle Missverständnisse auszuschließen – mit sieben lächelnden Kothaufen-Emojis verziert. | | Neues Urteil: Eine Beleidigung bleibt eine Beleidigung (© dpa, Fotolia) | Das Landgericht Kaiserslautern hatte noch verneint, dass es sich hier um eine strafbare Politiker-Beleidigung handelt. Schließlich habe der Verfasser nur 417 Facebook-Freunde. Dem Oberlandesgericht Zweibrücken war der Freundeskreis allerdings egal. Es stellte jetzt klar, ganz ohne Emojis: Für die Strafbarkeit kommt es „einzig auf den Inhalt der Äußerung an und nicht auf sonstige Umstände.“ Herzlich | | Tanit Koch |
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