Liebe/r Leser/in, und? Rühren auch Sie bisweilen verbales Gift an? Ein kleiner Fluch kann eine feine Magie entfalten. Leise (am besten lautlos) ausgesprochen, schadet er niemand; aber er gewährt den bösen Gedanken Auslauf. Die sich manchmal einfach abreagieren müssen. Wenn mal wieder jemand nichts verstanden hat, dummes Zeug redet, Vertrauen missbraucht, manipuliert, intrigiert – uns also in die Quere kommt, unsere gute Idee vermasselt, unser fantastisches Projekt sabotiert. Alles kaputtmacht. Diese Pappnase. Dieser Trottel. Den würden wir am liebsten ... Ja? Was würden wir am liebsten mit dem tun? Richtig: Wir würden ihn am liebsten auf den Mond schießen. Was wir nicht tun. Weil wir kein Unmensch sind. Weil es dort an allem mangelt. Auf dem Mond gibt es keine Steckdose, keine Glasfaser, kein Lieferando. Tagsüber steigen die Temperaturen auf etwa 130 Grad, nachts sinken sie auf etwa minus 160 Grad. Im extraterrestrischen Exil wären unsere vertrottelten Pappnasen also ziemlichen Belastungen ausgesetzt. Die wir ihnen nicht wirklich wünschen. Auch wenn wir sie leise (oder lautlos) dorthin fluchen. Schon bald aber können wir alle pappnasigen Trottel mit gutem Gewissen ins All expedieren. Auf dem Mond haben Forscher jetzt den Eingang zu einer riesigen Höhle entdeckt. Möglicherweise führt der Schacht in ein weitverzweigtes Höhlensystem. Die sublunare Welt, so hoffen die Wissenschaftler, könnte irgendwann Astronauten Schutz gewähren und ihnen einen längeren Aufenthalt ermöglichen. In der Höhle wären sie vor gefährlichen Strahlen sicher, die Temperaturen wären konstant, und trotz der geringen Schwerkraft würden ihre Habseligkeiten nie weiter als bis zur Höhlendecke fliegen. Wo eine Höhlenwand ist, wird auch irgendwann eine Steckdose sein. Sicher dauert es noch ein bisschen, bis auf ImmoScout24 die ersten Eigentumshöhlen am Ufer des Meeres der Ruhe angeboten werden. Bis dahin aber sollten wir den Mond unbedingt nutzen, ums uns der irdischen trottelnasigen Pappen zu entledigen. In den Höhlen mag es nicht kuschelig sein, aber die auf den Mond Verfluchten könnten es dort aushalten. Irgendwie wären sie auch Pioniere. So wie einst die Strafgefangenen in Tasmanien. Ich sehe allerdings eine Gefahr: Wenn das Zum-Mond-Schießen in Mode kommt, wenn jeder jeden hemmungslos und mit gutem Gewissen verfluchen kann, dauert es nicht mehr lange, bis irgendjemand auch uns auf den kargen Trabanten verwünscht. Deshalb würde ich Sie herzlich bitten, sich über die Höhlen im Stillen zu freuen. Und wenn ich es recht bedenke: Fluchen Sie weiterhin leise. Am besten lautlos. | Mit vielen Grüßen Markus Krischer, stellvertretender Chefredakteur FOCUS Magazin |
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