Liebe Frau Do, die K-Frage bei der CDU wird unübersichtlich. Jetzt sind es vier Kandidaten, und alle kommen sie aus NRW: Norbert Röttgen, wie Friedrich Merz einst bei Angela Merkel in Ungnade gefallen, nutzt die Gunst der Stunde und formuliert seinen Machtanspruch. Unser Berliner Korrespondent Gregor Mayntz, der die Nachricht von Röttgens Kandidatur für den Parteivorsitz gestern exklusiv vor allen anderen vermelden konnte, hat sich mit dem früheren Bundesumweltminister, seinen Plänen und seinen Chancen beschäftigt. Genau genommen ist der Außenpolitiker der erste der Vier, der sich ganz offiziell erklärt hat. Wer sich aber als Erster meldet, hat meistens schon verloren. Cui bono, wem also nützt Röttgens Manöver? Und wem schadet es? Politik läuft zuweilen über Bande, wir werden sehen, wo sich die vier Kandidaten – und alle weiteren, die vielleicht noch kommen – am Ende wiederfinden. Nicht über jedes Stöckchen, das einem hingehalten wird, muss man springen. Das gilt auch für uns Journalisten. Wir müssen abwägen, ob wir, wenn wir über etwas berichten, die Sache größer machen, als sie es eigentlich verdient. Und manchmal wird diese Falle auch bewusst aufgestellt. Dass die AfD dem Anschein nach rassistische Malbücher in Krefeld verteilt hat, könnte in diese Kategorie fallen, zumal sie nun die Auflage erhöhen will. Trotzdem haben wir uns entschieden, den Vorgang aufzugreifen. Mir geht es dabei vor allem um den Begriff der Kunstfreiheit, auf den die AfD sich beruft. Wieder behauptet sie, ausgegrenzt und unterdrückt zu werden. Das ist schlicht falsch, in vielen kommunalen Parlamenten, allen Landtagen und im Bundestag sitzen ihre Abgeordneten, sie stellt Rundfunkräte und ist in vielen Institutionen per Proporz vertreten. Wer sich auf das Grundrecht der Kunstfreiheit beruft, muss auch das der Meinungsfreiheit ertragen. Die AfD muss also ihren Schund verbreiten dürfen, aber man darf das abscheulich finden. Apropos: Weil derzeit schnell von einem Tabubruch die Rede ist, zuletzt bei der Wahl eines FDP-Ministerpräsidenten mit den Stimmen der AfD, hat sich unser Kulturchef Dr. Lothar Schröder mit diesem Begriff in einem sehr lesenswerten Essay beschäftigt. Was ist eigentlich zu Recht oder zu Unrecht ein politisches Tabu, wann wird es gebrochen, und was passiert danach? Auf solche Fragen müssen wir Antworten finden, weil einige Politiker zunehmend, siehe Stöckchen, auf kurzfristige Empörung setzen. Empörung stellt sich häufig ein, wenn sich rechtsfreie Räume auftun. Unser Reporter Christian Schwerdtfeger hat in Gelsenkirchen Razzien begleitet, bei denen Familien kontrolliert wurden, die zu Unrecht Kindergeld kassiert haben sollen. Die Verdächtigen stammen fast ausschließlich aus Südosteuropa, viele aus Bulgarien und Rumänien. Seine Reportage zeigt, wie die Polizei gegen den Missbrauch vorgeht und auf welche Schwierigkeiten sie dabei stößt. Dass es diese Razzien überhaupt gibt, ist nötig und ein gutes Zeichen. Der Staat muss Bedürftigen nach den geltenden Regeln helfen, aber er darf sich nicht betrügen lassen. Und dann erreichte uns am späten Abend noch diese Meldung aus dem Fußball: Lutz Pfannenstiel, Sportvorstand bei Fortuna Düsseldorf, hat den Verein zum Saisonende um eine vorzeitige Auflösung seines Vertrags gebeten. Hintergrund sollen private Gründe sein - der glücklose Manager kommt allerdings auch einer möglichen Ablösung zuvor; seine Bilanz nach 15 Monaten Amtszeit gilt als durchwachsen. RP ONLINE hat die Details zu Pfannenstiels Demission. Gestern war ein facettenreicher Tag für mich in meinem neuen Job als Chefredakteur der Rheinischen Post. Nachmittags hatten wir zum 22. Prinzenempfang geladen, Tollitäten aus dem gesamten Verbreitungsgebiet waren gekommen. Auch für mich als Karnevalsnovizen war es eine großartige Stimmung, eine Feier der Leidenschaft. Sogar Tränen flossen, es wurde getanzt, geschunkelt, gesungen, der Karneval präsentierte sich ausgelassen, tolerant, weltoffen. Ich kann mich nur bedanken: für die vielen prächtigen Orden, die Bützchen und vor allem die überwältigende Offenheit, auf die ich nach meinen ersten sieben Wochen im Rheinland stoße. Abends durfte ich mir dann die Ausstellung „Sichtweisen“ im Kunstpalast Düsseldorf ansehen, die heute offiziell startet. Es handelt sich um eine Auswahl von 200 der insgesamt gut 3000 Fotos, für die Düsseldorf vor einem Jahr unterm Strich acht Millionen Euro hingeblättert hat. Wer findet, dass Kultur auch Aufgabe des Staates ist, kann den Ankauf nur gut finden. Was für eine grandiose Sammlung! Aber schauen Sie selbst. Lassen Sie uns mit der Liberalität des Karnevals und dem weiten Blick der Kunst in den Tag gehen. Herzlich Ihr Moritz Döbler Mail an die Chefredaktion senden P.S.: Wenn Ihnen dieser Newsletter gefällt, empfehlen Sie die "Stimme des Westens" weiter! |