Um die Frage zu beantworten, ob die Aktie vielleicht jetzt kaufenswert ist, nehme ich die Strategie und den inneren Wert der Aktie genauer unter die Liebe. Nachfolgend der große Strategie- und Depot-Check. Der wohl offensichtlichste Grund für die Schwäche sind die Kursverluste, die Buffett bei seinem Kraft Heinz-Investment (US-Kürzel: KHC) verbuchen musste. Hinzu kommt die Tatsache, dass der Markt bis vor kurzem verrückt nach spekulativen Wachstumsaktien war, die Buffett ja als Value-Investor eher meidet. Berkshire Hathaway war schlicht aus der Mode bei den Anlegern. In den letzten Wochen hat sich das aber bereits wieder geändert. Die Aktie hat sich von den Tiefs bei 195 US-Dollar Ende August bereits wieder bis auf aktuell 208 US-Dollar erhöht (ich beziehe mich hier immer auf die günstigeren B-Shares, die speziell für Privatanleger ausgegeben worden sind). Nachdem es am Gesamtmarkt zuletzt etwas stürmischer zuging haben einige offenbar ihre Sympathie für Buffett wiederentdeckt. Denn eins ist klar: Speziell in stürmischeren Zeiten und erst Recht in Krisenphasen hat die Aktie einen großen Reiz als sicherer Hafen. Buffett hat ja u.a. Energieversorger, Eisenbahnen und Konsumgüter-Unternehmen hoch in seinem Portfolio gewichtet. Sprich: langweilige "Old Economy"-Anlagen, die aber jede Menge Cashflows produzieren. Inzwischen hat Berkshire satte 119 Milliarden US-Dollar angehäuft, mehr als jemals zuvor. Das deutet start darauf hin, dass dem Orakel von Omaha, wie Buffett ja auch genannt wird, offenbar die Bewertungen der meisten Kaufkandidaten zu hoch sind und er lieber auf eine Korrektur am Markt wartet. Oder er nutzt die Liquidität zum Rückkauf eigener Aktien, die im Anschluss eingezogen werden. Das führt dann dazu, dass die Zahl der ausstehenden Aktien sinkt und jedem Aktionär ein größeres Stück vom Gesamtkuchen und damit von den Gewinnen gehört. Aktienrückkäufe sind eine sehr aktionärsfreundliche Maßnahme, vorausgesetzt sie werden danach eingezogen (und nicht wieder z.B. für Mitarbeiteroptionen oder bei Übernahmen auf den Markt geworfen), das Unternehmen kann sich die Rückkäufe leisten und die Bewertung der Aktie zum Zeitpunkt der Rückkäufe ist attraktiv. Denn nur dann macht es ja Sinn, das Cash des Unternehmens so zu investieren. Buffett selber liebt diese Art von Aktienrückkäufen und praktiziert sie nicht nur selber, sondern sucht auch nach Unternehmen, die das ähnlich handhaben wie z.B. Apple. Auf welchem Niveau aber ist die B-Aktie von Berkshire Hathaway günstig? Ein möglicher Orientierungsmaßstab ist der Buchwert des Unternehmens. Historisch wurde die Aktie in einer Range zwischen dem 1,2-fachen und dem 1,8-fachen Buchwert gehandelt. Das entspricht einer Kurs-Range von 189 bis 283 US-Dollar. Aktuell liegt der Kurs in etwa beim 1,35-fachen Buchwert. Das heißt, die Aktie ist momentan relativ günstig. Buffett selber hatte sich früher eine Grenze vom 1,2-fachen Buchwert gesetzt. Unterhalb dieser Grenze hielt er die Aktie für günstig genug, um Aktienrückkäufe zu tätigen. Diese Grenze hat er dann später auf das 1,3-fache nach oben gesetzt und inzwischen orientiert er sich lieber am Kurs selber statt am Buchwert. Das kommt daher, dass Berkshire Hathaway mehr und mehr nicht börsennotierte Beteiligungen im Portfolio hat, die dort mit dem Einkaufswert bewertet werden. Viele Firmen, die er bereits über Jahrzehnte hält, wie z.B. den erfolgreichen Versicherer GEICO, sind inzwischen aber ein Vielfaches ihres Buchwerts wert und werden auch weiterhin immer wertvoller. Der offiziell ausgewiesene Buchwert spiegelt damit den tatsächlichen Wert der Aktie immer weniger gut wider. Auf Grund dieser in den letzten Jahren tendenziell weiter ansteigenden stillen Reserven sollte die Aktie aus meiner Sicht eher am oberen Ende der oben genannte Kurs-Range notieren. Übrigens: Der bekannte Value-Investor und bekennende Buffett-Fan Bill Ackman, der in seinem Pershing Square-Hedgefonds im Moment ungefähr 8,6 Milliarden US-Dollar verwaltet, sieht das offenbar ähnlich. Er hat im zweiten Quartal Berkshire-Aktien im Umfang von 685 Millionen US-Dollar gekauft. Und noch ein Prominenter hat zuletzt wieder Berkshire-Aktien gekauft: Ajit Jain, der Chef der Berkshire-Versicherungssparte, hat im Dezember B-Shares im Umfang von 20 Millionen US-Dollar zu 197,68 US-Dollar je Aktie gekauft, nachdem er noch im November bei 219,69 US-Dollar Aktien in kleinerem Umfang verkauft hatte. Prall gefüllte Kriegskasse als großes Plus in Krisenzeiten Seine Stärke richtig ausspielen wird Buffett dann, wenn die US-Wirtschaft in eine Rezession abgleitet oder es zu einem regelrechten Crash an den Aktienmärkten kommt. Dann kann Buffett diesen enormen Cashberg in qualitativ hochwertige Unternehmen investieren, die sich in temporären, konjunkturell bedingten Schwierigkeiten befinden. Sein guter Ruf und seine Glaubwürdigkeit helfen ihm dabei, in diesen Phasen gute Deals zu machen. In 2009 hat er ja inmitten der Finanzkrise äußerst vorteilhafte Deals mit Größen wie dem Investmentbank-Riesen Goldman Sachs (GS) oder dem Chemie-Giganten Dow Inc. (DOW) sowie dem in Privatbesitz befindlichen Süßwaren-Krösus Mars Inc. abgeschlossen. Er hat ihnen Milliarden US-Dollar an Cash zur Verfügung gestellt, damit diese die Krise besser meistern konnten und sich dieses Investment nicht nur gut verzinsen lassen, sondern zusätzlich auch eine Fülle an Aktienoptionen mit niedrigen Ausübungspreisen abgestaubt, die er dann später ausüben konnte und die Aktien danach teilweise mit gigantisch hohen Buchgewinnen am freien Markt wieder verkauft – weil die Aktien dieser Firmen sich längst wieder erholt hatten. Das ist übrigens auch mit ein Grund dafür, warum zu den größten Beteiligungen im Portfolio so vielen Banken zählen. Ein weiterer sehr erfolgreicher Deal aus 2009 war die Übernahme von Burlington Northern, der zweitgrößten Eisenbahngesellschaft der USA. Hier hat er 34 Milliarden US-Dollar bezahlt. Aktuell wird der Wert von Burlington auf 73 bis 104 Milliarden US-Dollar geschätzt. Aktuell aber hortet er Cash. In der Zwischenzeit sticht die einzig große und relativ neue Wette im Portfolio von Berkshire heraus: Apple! Buffett und seine Mitstreiter haben momentan über 50 Milliarden US-Dollar in Apple investiert, was die Aktie zur mit Abstand größten Position im Aktienportfolio macht. Wichtig zu verstehen ist dabei, dass Apple für Buffett kein Technologie-Investment ist. Er schätzt Apple wegen der enormen Stärke des Markennamens und der riesigen Cashberge, die aus dem operativen Geschäft angehäuft werden. Im Hintergrund sieht er dabei das Apple-Ökosystem, das seine Nutzer quasi einschließt und nicht mehr entkommen lässt. Das ist für Buffett der Prototyp des ökonomischen Burggrabens, den er ja bei seinen Investments sucht. Zudem gefällt ihm, dass Apple in riesigem Umfang eigene Aktien zurückkauft und diese dann einzieht, eben so wie Berkshire Hathaway das selber auch tut. Das führt dazu, dass ihm ein immer größerer Anteil an Apple gehört, selbst wenn er keine Aktien zukauft. Wenn man einen Vergleich heranziehen möchte könnte man sagen, dass Apple in dem Sinne aus Buffetts Sicht eher Coca-Cola ähnelt, einer anderen großen Position im Portfolio, als z.B. Cashverbrennern wie die Ride Hailing-Aktien Uber oder Lyft. Wieviel eigene Aktien kauft Berkshire in 2019 zurück? Nachdem die Berkshire-B-Aktie selber zwischenzeitlich bis auf 195 US-Dollar gefallen war, fragen sich viele Beobachter in welchem Umfang Buffett wohl eigene Aktien zurückgekauft hat. Sein kongenialer Partner Charlie Munger hatte auf der Berkshire-HV in diesem Jahr angekündigt, dass man bei diesem Thema sehr flexibel sei und gegebenenfalls durchaus kräftig zuschlagen würde, wenn es die eigene Aktie im Sonderangebot gäbe. Im vergangenen Jahr hatte Berkshire eigene Aktien im Umfang von rund 3,5 Milliarden US-Dollar zurückgekauft. Für Buffets Verhältnisse war das wenig. Im zweiten Quartal dieses Jahres wurden Aktien in einer Kursspanne zwischen 198,90 US-Dollar und 207,53 US-Dollar zurückgekauft. Insgesamt dürfte der Umfang in 2019 steigen. Immerhin spülten Buffetts operative Beteiligungen dem Großmeister im vergangenen Jahr 37,4 Milliarden US-Dollar in die Taschen. Prinzipiell bin ich der Ansicht, dass wir als Anleger weniger darauf schauen sollten, welche Änderungen Buffett von Quartal zu Quartal im Portfolio vornimmt. Denn viele Transaktionen oder auch Nicht-Transaktionen sind vor dem Hintergrund regulatorischer Vorschriften zu sehen. So achtet Buffett beispielsweise darauf, dass er bei keiner seiner zahlreichen Bankbeteiligungen über die 10-Prozent-Grenze kommt. Denn dann würde seine Beteiligung als "systemrelevant" gelten und Buffett hätte wesentlich große Dokumentationspflichten, die er umgehen möchte. Insofern macht es dann auch keinen Sinn, wenn Anleger versuchen, die Änderungen im Portfolio von Buffett sklavisch nachzuvollziehen. Viele Beteiligungen gehören Berkshire ja ohnehin zu 100 Prozent und sind damit nicht nachbildbar für Privatanleger – es sei denn natürlich sie kaufen die Berkshire-Aktie direkt. Darüber hinaus halte ich es z.B. auch für fragwürdig, ob Buffett z.B. Coca-Cola heute noch in derart großem Umfang kaufen würde. Coca-Cola ist ja mit 9,70 Prozent Gewichtung nach wie vor die drittgrößte Position im Aktien-Portfolio von Berkshire Hathaway. Er hält 400 Millionen Aktien im Wert von 20,37 Milliarden US-Dollar. Dass er nicht verkauft bzw. Teilverkäufe durchführt liegt aus meiner Sicht auch daran, dass daraus ein gigantischer Steueraufwand entstünde. Die erste Position hatte er bereits 1988 gekauft. Damals hatte die Aktie noch bei splittbereinigt ca. 2,50 US-Dollar notiert. Der aktuelle Kurs liegt bei 54,47 US-Dollar. Was dafür umso wichtiger ist, ist der Aufbau von Berkshire Hathaway und das herausragende Versicherungsgeschäft, das zum Kern der Erfolgsgeschichte zählt. Dort wird besonders auf profitables Geschäft und die Generierung von Float Wert gelegt statt auf reines Prämienwachstum. Buffett bekommt über Investments in Versicherungen Zugriff auf diesen Float. Das heißt, er kann die monatlich eingehenden Versicherungsprämien investieren, bevor sie irgendwann als Versicherungsleistungen ausgezahlt werden müssen. Er hat so quasi einen Investitionshebel. Der Float ist eine Art zinsloser Kredit. Hier der 10-Jahres-Chart der B-Aktie in US-Dollar: Berkshire Hathaway Inc. (ISIN: US0846707026) | | WKN / Kürzel | Börsenwert | KGV 18/19e/20e | Kurs | A0YJQ2 / BRK.B | 515 Mrd. USD | 21 / 21 / 20 | 209,45 USD | Mein Fazit: Die aktuelle schlechte Phase von Warren Buffett bzw. das Desinteresse vieler Anleger für Value-Aktien hat Berkshire Hathaway aus Bewertungssicht relativ günstig gemacht. Wer eine noch höhere Sicherheitsmarge haben möchte, kann versuchen, einen Rücksetzer unter 200 US-Dollar abzuwarten. Erste Positionen können aber bereits jetzt aufgebaut werden. Das Geschäftsmodell und die Konstruktion von Berkshire sind einzigartig und machen das Papier zu etwas besonderem. Hinweispflicht nach §34b WpHG: Die Geldanlage-Report-Redaktion ist in den genannten Wertpapieren / Basiswerten zum Zeitpunkt des Publikmachens des Artikels nicht investiert. Es liegt daher kein Interessenskonflikt vor. Die in diesem Artikel enthaltenen Angaben stellen keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar.
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