Die Zinswende wird kommen! Die US-Notenbank FED hat in der letzten Woche viele überrascht, das zeigen jedenfalls die Marktreaktionen. Die Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen (Treasuries) ist mit etwa 4,5 Prozent auf den höchsten Stand seit 16 Jahren gestiegen. Kürzer laufende Anleihen bringen sogar noch mehr Rendite, 2-jährige US-Treasuries z.B. etwa 5,2 Prozent. Während die Anleiherenditen angezogen haben, kamen die Aktienkurse unter Druck. Hintergrund: Die US-Notenbanker haben betont, dass die Zinsen nun länger auf einem hohen Niveau bleiben sollen – und selbst eine weitere Zinsanhebung nicht ausgeschlossen ist. Ich denke, ich muss an dieser Stelle nicht auf die Details eingehen, Du hast bestimmt darüber gehört oder gelesen. In meinem aktuellen Video „Die FED kann dieses Problem NICHT kontrollieren!“ nehme ich ausführlich zur FED-Strategie Stellung – und ich erläutere auch, warum ich es für unwahrscheinlich halte, dass die US-Notenbank den restriktiven Kurs auf Dauer durchhalten kann. Doch kurzfristig sind die Pflöcke eingehauen, die Marktteilnehmer müssen sich auf die neuen Rahmenbedingungen einstellen. Das kann durchaus bedeuten, dass die Renditen am US-Anleihemarkt noch weiter steigen – und die Kurse entsprechend fallen. Zwei mögliche Szenarien – eine Schlussfolgerung Trotzdem: Der Höhepunkt beim Leitzins scheint fast erreicht. Mehr als eine weitere Zinserhöhung hält kaum jemand für wahrscheinlich – ausgeschlossen ist es jedoch nicht. Aber irgendwann wird die Zinswende kommen. Zwei Szenarien gibt es: 1. Die US-Notenbank hat Erfolg damit die Inflation zu senken, dann fallen auch die Renditen am Anleihemarkt. 2. Sie hat keinen Erfolg, die Inflation bleibt hoch und die Zinsen müssen noch weiter erhöht werden. In diesem Fall nimmt aber die Belastung für die Unternehmen stark zu, was auf die Gewinnaussichten drückt. Anleihen würden dadurch im Vergleich zu Aktien attraktiver. In beiden Szenarien würden die Kurse am Anleihemarkt über kurz oder lang wieder steigen. Ein weiterer wichtiger Punkt: Außerhalb der USA haben viele Notenbanken bereits das Ende der Zinserhöhungen verkündet oder angedeutet, darunter die Bank of England, die EZB und die Schweizerische Nationalbank. Die Notenbanken von Brasilien und Polen z.B. haben die Zinsen bereits wieder gesenkt. Sollte auch in den USA die Zinswende kommen bzw. immer deutlicher werden, dann könnte dies zu einem Startschuss für eine Rallye am Anleihemarkt werden. Denn gerade Pensionsfonds und Versicherungen könnten zu dem Schluss kommen, dass solche Renditen für Anleihen so schnell nicht wieder zu bekommen sind. Das ist aber nur eine Spekulation, wenn auch eine plausible. Klar ist: Der Anleihemarkt ist so attraktiv wie lange nicht mehr. Breit streuende Anleihe-ETFs Wer sich über die Auswahl einzelner Anleihen keine Gedanken machen will – das Angebot ist riesig! – der kann auf ETFs zurückgreifen. Aber auch hier gibt es hunderte, sortiert nach Emittentengruppen, Regionen und Laufzeiten der enthaltenen Anleihen. Im Gegensatz zu den Anleihen selbst haben ETFs in der Regel keine Laufzeitbegrenzung. Anleger profitieren zwar von der aktuellen Rendite der Anleihen beim Kauf, aber diese kann durch einen Kursrückgang aufgefressen oder überkompensiert werden. Wichtig zu wissen: Die Kurse einzelner Anleihen und damit auch die von Anleihe-ETFs reagieren auf Zinsveränderungen. Daher spricht man bei Anleihen und Anleihe-ETFs von einem Zinsänderungsrisiko. Wenn Du aber Anleihen bis zum Laufzeitende hältst und der Emittent der Anleihe nicht pleitegeht, dann spielt das für Dich keine Rolle, die Anleihe wird zu 100 Prozent zurückgezahlt. Anleihe-ETFs funktionieren anders. Hier werden ständig neue Anleihen hinzugekauft und andere verkauft, die nicht mehr den Kriterien entsprechen. Setzt ein Anleihe-ETF z.B. auf Anleihen mit einer Restlaufzeit von mindestens einem Jahr, dann werden Anleihen verkauft, deren Restlaufzeit darunter fällt. Eine Haltedauer bis zum Laufzeitende ist nicht vorgesehen. Bei den neuen iBond-ETFs von iShares ist das anders, doch das ist ein eigenes Thema, auf das ich hier einmal eingehen kann. Wegen der unbegrenzten Laufzeit ist bei Anleihe-ETFs der durchschnittliche Zinskupon der im ETF enthaltenen Anleihen weniger relevant als die Effektivverzinsung. Das ist die durchschnittliche aktuelle Rendite der Anleihen im ETF. Nicht zu verwechseln ist sie mit der Ausschüttungsrendite, die sich an den Zinskupons orientiert. Bei Unternehmensanleihen oder bei Anleihen von Emittenten mit schlechterer Bonität ist die Effektivverzinsung höher als z.B. bei Staatsanleihen von Industriestaaten, dafür ist aber auch das Risiko größer. So bietet der Xtrackers Global Government Bond ETF (WKN: DBX0NM), in dem ausschließlich Staatsanleihen aus Industrieländern enthalten sind, aktuell eine Effektivverzinsung von 3,54 Prozent. Beim iShares Global Aggregate Bond ETF (WKN: A0RGEQ) beträgt diese derzeit 3,92 Prozent, was z.B. daran liegt, dass hier auch Unternehmensanleihen und Anleihen aus Schwellenländern enthalten sind. 40% der Anleihen im ETF sind von US-Emittenten, 11,4 aus Japan, 9,4% aus China. Der Rest verteilt sich auf zahlreiche andere Länder. Dass die Rendite in der Regel etwas höher ist, wenn auch in Unternehmensanleihen investiert wird, zeigt sich auch an der Effektivverzinsung von 5,35 beim global in Unternehmensanleihen investierenden iShares Global Corporate Bond ETF (WKN: A1J0YD). Breit anlegende ETFs, die sich wie die drei genannten auf Anleihen mit gutem Rating („Investment Grade“ oder besser) fokussieren, zeigen einen ähnlichen Kursverlauf mit den gleichen Auf und Abs, in dieser Hinsicht ist es nicht entscheidend, ob nur Staatsanleihen enthalten sind oder auch Unternehmensanleihen. Das zeigt der Vergleichschart der letzten 3 Jahre:
Bei der Rendite und zeigen sich aber deutliche Unterschiede: Bei allen drei ETFs war sie in den letzten 3 Jahren negativ, weil die meist niedrigen Zinserträge durch Kursverluste aufgefressen wurden. Am besten hat hier der ETF mit den Unternehmensanleihen (iShares Global Corporate Bond ETF) abgeschnitten, vor allem wegen der deutlich höheren Zinserträge als bei Staatsanleihen. Das dürfte auch in Zukunft so sein. Allerdings bergen Unternehmensanleihen ein höheres Ausfallrisiko als Staatsanleihen. In Zeiten einer Rezession mit vielen Unternehmenspleiten kommen diese stärker unter Druck. Staatsanleihen sind in solchen Krisenzeiten und auch bei Marktturbulenzen stärker gefragt und profitieren dann von ihrem Status als sicherer Anlagehafen. Mein Fazit Die Rendite von Anleihen ist gestiegen, das macht diese Anlageklasse auch im Vergleich zu Aktien wieder attraktiver. Dennoch liegen die Renditen von Anleihen von Emittenten mit guter Bonität immer noch unter der aktuellen Inflationsrate, sind real also negativ. Sinken die Inflations- und/oder die Zinserwartungen wieder, dann würden die Renditen fallen, und der Kurs der Anleihen im Gegenzug steigen. Noch sieht es nicht danach aus, aber das ist nur eine Frage der Zeit. Breit streuende Anleihe-ETFs sind eine einfache Möglichkeit am Anleihemarkt zu investieren. Wer besonders auf Sicherheit setzen möchte, sollte ETFs mit Staatsanleihen bevorzugen. Liegt der Fokus auf Unternehmensanleihen, dann ist nicht nur die Rendite etwas höher, sondern auch das Risiko bzw. die Kursschwankungen.
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Herzliche Grüße und bis kommende Woche Dein Lars Erichsen Chefredakteur Rendite-Report www.rendite-report.de |