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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Montag, 02.01.2023 | Bedeckt bei bis zu 14°C. | ||
+ RBB feiert Neujahr einen Tag zu früh + Giffey kündigt Konsequenzen aus Silvesternacht an + Michael Müller lernt Berlin von seiner schmutzigen Seite kennen + |
von Lorenz Maroldt |
„Schreckschusspistole ins Gesicht gehalten“ / „Augenverletzung durch Pfefferspray und stumpfe Gewalteinwirkung gegen eine Einsatzkraft“/ „Bierkisten und Feuerlöscher auf Fahrzeuge geworfen“ / „gezielter Beschuss mit Pyrotechnik während der Löscharbeiten“ / „Behinderung der Einsatzmaßnamen durch Barrikaden“ / „Plünderung von Einsatzfahrzeugen durch vermummte Personen“ / „Starke Beschädigung mehrerer Fahrzeuge durch Pyrotechnik“ / „15 verletzte Einsatzkräfte, davon eine stationär aufgenommen“. 1717 Einsätze registrierte die Feuerwehr (749 Brände, 825 Rettungseinsätze) – 691 mehr als im Jahr zuvor. Bei der Polizei sah es ähnlich aus, die Behörde meldet 18 verletzte Einsatzkräfte. In der Gropiusstadt wurden mehrere Streifenwagen mit Pyrotechnik beschossen, ein Beamter erlitt schwere Verbrennungen. In der Sonnenallee ging ein Reisebus in Flammen auf, in der Kiefholzstraße bewarfen mehrere Männer eine Familie mit Böllern und verletzten ein dreijähriges Kind am Bein und am Ohr. In Lichtenrade griffen Vermummte die Feuerwehrleute mit Stahlstangen und Böllern an, in Kreuzberg und Wedding wurden Barrikaden angezündet. Ein Randalierer warf einen Feuerlöscher in die Frontscheibe eines fahrenden Rettungswagens, andere lockten Feuerwehrwagen in Hinterhalte und plünderten sie. Es brannten Keller, Balkone, Wohnungen, Ärzte mussten Finger und Hände amputieren, mehrere Menschen erlitten schwerste Augenverletzungen, auch viele Kinder waren betroffen. Die Liste ist lang. Festgenommen wurden 5 Frauen und 98 Männer. | |||||
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Hier einige Reaktionen aus der Politik: + Franziska Giffey: „Die teils massiven Übergriffe auf Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr in der Silvesternacht verurteile ich auf das Schärfste. Dieses Ausmaß an Gewaltbereitschaft und Zerstörung erschüttert mich zutiefst. Es schadet unserer Stadt, es schafft Angst und Schrecken und hat mit dem feierlichen Begrüßen des neuen Jahres nichts zu tun. Wir werden erneut im Senat über die Ausweitung von Böllerverbotszonen sprechen und Konsequenzen aus dieser Silvesternacht ziehen müssen.“ + Bettina Jarasch: „Helfende anzugreifen, ist völlig inakzeptabel. Das verurteile ich. Wir brauchen künftig mehr Verbotszonen und gleichzeitig Orte, an denen Böller kontrolliert abgebrannt werden können, damit sich die Belastung für Feuerwehr, Polizei und ebenso die Natur reduziert.“ + Kai Wegner: „Es reicht! Der Rechtsstaat muss diese Gewalttäter endlich konsequent verfolgen, damit es diese Übergriffe gar nicht mehr gibt. Böllerverbotszonen in bestimmten Hotspots sind ein gangbarer Weg, aber ein großräumiges Verbot ist unverhältnismäßig. Nur weil sich ein paar Hundert Chaoten falsch verhalten, sollte man nicht Hunderttausenden Familien den traditionellen Spaß am Jahreswechsel nehmen.“ Es kommentiert Landesbranddirektor Karsten Homrighausen (der vor einer „unfassbare Qualität der Gewalt“ sprach): „Wir müssen diese Tradition überwinden.“ Einen ersten Schritt dahin stellt sich der Berliner CDU-Bundestagsabgeordnete Jan-Marco Luczak so vor: „Ich bin fürein vollständiges Böllerverbot. Nicht nur wegen der Exzesse einiger Krimineller, sondern auch zum Schutz von Umwelt, Klima und Gesundheit, zur Vermeidung von Lärm, Dreck und Kosten.“ Und wie wäre es mit dem Schutz der Millionen Tiere, die in dieser Stadt leben? Raketen will Luczak allerdings weiter erlauben, „um das neue Jahr gebührend zu begrüßen“. | |||||
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Wir schalten kurz um zur Neujahrsansprache der Regierenden Bürgermeisterin – Zusammenfassung: Seitdem sie regiert, ist alles gut. Vor allem in den SPD-geführten Verwaltungen brummt’s: Kita, Schule, Wohnungen, Wirtschaft – da hat Berlin „nichts von seiner Anziehungskraft verloren.“ Außerdem läuft die Stadt „der offenen Arme und offenen Herzen“ (…) „in Krisen zur Höchstform auf“, wenn alle anpacken und „wir auf die Kraft des Miteinander“ vertrauen. So, irgendwas Wichtiges vergessen? Ach ja: „Für Berlin beschämend sind die Fehler, die vor meiner Amtszeit bei den Wahlen 2021 gemacht wurden.“ Schöne Grüße auch von dieser Stelle an Michael Müller. (Die Langfassung gibt‘s hier.) | |||||
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Das Berliner Wahljahr eröffnen wir aus gegebenem Anlass mit einer Lektion politischer Aufklärungskunde: Was macht die/der Regierende Bürgermeister/in eigentlich beruflich? Ok, schauen wir zunächst in die Berliner Verfassung (Art. 58): „… vertritt Berlin nach außen… führt den Vorsitz im Senat… bestimmt und überwacht die Richtlinien der Regierungspolitik… hat das Recht, über alle Amtsgeschäfte Auskunft zu verlangen.“ Immerhin! Und jetzt schauen wir mal in den „Spiegel“, wo der Ex-Regiermeister Michael Müller bei einer Autofahrt mit dem Reporter Christoph Hickmann über eine Straßenlaterne am Roten Rathaus sinniert: „Diese Laterne, die brennt Tag und Nacht. Wir haben alles versucht, die auszuschalten, hat alles nix genützt. Auf allen Ebenen angerufen, alles probiert. Diese Laterne ist ein ewiges Thema. Die wird noch brennen, wenn wir beiden längst Geschichte sind.“ Herrlich! Wurden jemals die Spielregeln des Behördenpingpongs in der Hauptstadt der organsierten Unzuständigkeit erleuchtender zusammengefasst als in diesen fünf Sätzen? Wir stellen also fest: In Berlin ist es sogar den Laternen egal, wer unter ihnen gerade Regierende(r) Bürgermeister(in) ist. Übrigens: Müller tut es „natürlich weh“, dass die Wahl wiederholt werden muss. Schon lange habe er darauf gedrängt, die Landeswahlleiterin abzulösen, aber auf ihn habe ja keiner gehört. Schöne Grüße auch von dieser Stelle an Franziska Giffey. (Mehr von und über Müller und Giffey gibt’s heute weiter unten im „Telegramm“.) | |||||
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Die Bedeutung der Laterne für die Berliner Politik ist ab sofort auch wieder ganz konkret in der Stadt zu sehen (und in den Baumärkten, wo die Kabelbinder knapp werden): Der Straßenwahlkampf hat begonnen. Aber die Begeisterung zumindest der Neuköllner Grünen fürs Plakatieren scheint etwas unterkühlt zu sein – in einer Nachricht an ihre Freundinnen und Freunde erklärt Wahlkampfmanagerin Sophie Kamrad das so: „Dieser Wahlkampf ist besonders – denn er ist nicht nur viel kürzer als sonst, sondern auch im Winter.“ Tatsache! Dazu der Blick auf den Berliner Wetterbericht von gestern und heute: Sonntag 16 Grad und trocken, Montag 14 Grad und trocken… Bei so einem Sauwetter ist es selbstverständlich schwer, genug Ehrenamtliche aus den eigenen Reihen zu finden. Die Grünen suchen deshalb „weitere helfende Hände“ fürs Plakatieren in der ersten Januarwoche, und zwar als Honorarkräfte. Der Stundenlohn: 15 Euro. Ach ja, falls Sie mitmachen und an einer Laterne hochklettern, die Tag und Nacht leuchtet: Sagen Sie bitte der Regierenden Bürgermeisterin Bescheid, die kümmert sich darum. Offiziell durfte ab Mitternacht plakatiert werden, aber traditionell geht es in Berlin schon vorher los: Wie üblich informierten die Stadträte die Parteien darüber, dass die Ordnungsämter vom frühen Abend an beide Augen zudrücken würden. Aber auch diese Sperrfrist durchbrachen einige Kandidaten – schon vor 18 Uhr hingen ihre Plakate anden Laternen wie sonst nur im Morgengrauen die Handtücher über den Liegen der Pools von Mallorca. Und hier noch ein kleiner Hinweis für Kirsten Bauch, ebenfalls aus gegebenem Anlass: Auch für Bezirksbürgermeisterinnen aus Charlottenburg-Wilmersdorf gelten die Ausführungsvorschriften des Berliner Straßengesetzes (§11, Sondernutzung): „Das Anbringen von Wahlwerbung an Verkehrseinrichtungen (z.B. Maste mit Verkehrszeichen, Signalgebern) ist nicht gestattet.“ | |||||
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