Liebe Leserin, Lieber Leser,
täusche ich mich, oder wurde in puncto Republik-Rettung zuletzt nur noch übers Geldausgeben gesprochen statt übers Geldverdienen? 900 Milliarden Euro neue Schulden werden heute beschlossen. Deshalb will ich Ihnen mal eine kleine Geschichte erzählen, die alle großen Dramen jener Wirtschaft illustriert, die am Ende doch immer die Rechnung zahlt.
Neulich traf ich Holger Loclair (Foto unten), 74, vielleicht der erfolgreichste Familienunternehmer Ostdeutschlands. Seine Firma Orafol verkauft weltweit selbstklebende Hightech-Folien. 3000 Beschäftigte sorgen für einen Jahresumsatz von rund 900 Millionen Euro. Es wird Sie überraschen, wie Loclair die schwarz-rote Operation Gießkanne sieht. Aber wir sollten ihn vielleicht zuerst mal seine deutsch-deutschen Polit-Erfahrungen beschreiben lassen.
Loclair war Direktor des kleinen VEB Spezialfarben Oranienburg, als die Mauer fiel. Davor hatten sie Angst, dass die Hinterhof-Butze von der SED wegrationalisiert werden könnte. Danach bekam Loclair als „Ossi“ erst einen Kredit, als er einen westdeutschen Partner vorweisen konnte. „Das war damals Politik.“ Immerhin ging’s dann endlich aufwärts für Orafol – bis die Ära von Angela Merkel immer bleierner wurde.
Eines blieb zunächst: „Man kannte noch die Bedeutung einer starken Wirtschaft. Davon haben wir uns meilenweit entfernt.“ Loclairs Schlüsselerlebnis: die Ampel. Unter Grünen-Wirtschaftsminister Robert Habeck bekam er das Gefühl, als energieintensives Unternehmen „schlicht nicht mehr erwünscht“ zu sein. „Wir mussten uns geradezu entschuldigen für unser gutes Geschäft.“ Loclairs Eindruck war, „dass man es durchaus darauf anlegte, bestimmte Industrien zu vergraulen“. |