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Tagesspiegel Checkpoint vom Dienstag, 02.11.2021 | Geschlossene Wolkendecke bei bis zu 11°C. | ||
+ „Eine Frage nach dem Warum kann nicht beantwortet werden“: Noch mehr Korrekturen im Wahlergebnis + „Keine demokratische Legitimation“: Einspruch gegen Plenarsitzung am Donnerstag + „Exekutive dreht der Judikative die Rechner ab“: Richterin ist empört + |
von Anke Myrrhe |
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Guten Morgen, lässt sich das Chaos in Berlin messen? Eine Frage, die Philosophinnen in dieser Stadt ebenso umtreibt wie Burgerbuden-Betreiber. Für beide (und natürlich die Politik) haben wir weiteres Zahlenfutter gesammelt. Sie ahnen es, genau: Es geht, mal wieder, um die Wahlen. Denn zwischen dem vorläufigen und dem amtlichen Ergebnis der AGH-Zweitstimmen brutzeln ein paar, nun ja, heiße Unterschiede (über zwei berichteten wir bereits hier und hier). Frischer Stoff für Spekulationen, bitteschön: +++ Wahllokal 702 in Mitte: Im finalen Ergebnis büßt die AfD 70 Prozent der im vorläufigen Endergebnis verzeichneten Stimmen ein (erst 89, dann doch nur 26). Dafür wurde die Linke dort offenbar zunächst vergessen: Jetzt bekommt sie 89 statt 0 Stimmen. „Übertragungsfehler“, heißt es vom Bezirk Mitte, „schlicht ein versehentliches Missgeschick“ der Person, die die Ergebnisse eintrug. „Die Frage nach dem Warum kann nicht beantwortet werden.“ Kann ja mal passieren. +++ In Reinickendorf, Wahllokal 517, erlebte die AfD dafür ein kleines Stimmwunder: aus drei wurden 58. Die SPD erhielt statt der vorläufigen 13 Stimmen am Ende 96. +++ Besonders auffällig: In gleich zwei Spandauer Wahllokalen (401 und 410) wurden der CDU zunächst exakt 100 Stimmen mehr zugesprochen. Im amtlichen Endergebnis sind es 140 statt 240 beziehungsweise 37 statt 137. Dasselbe geschah in Spandau 410 der SPD – von 132 auf 32 Stimmen. Wieso Spandau gleich in 100er-Schritten korrigiert, wissen wir nicht, der Bezirk reagierte am Montag nicht auf Anfragen. Spandau 410 ist zudem das Lokal mit den berlinweit meisten Stimmkorrekturen (322). Vermutlich ein Schätzfehler. +++ Auf Rang zwei und drei landen die Wahllokale 6F und 4N in Marzahn-Hellersdorf – auch hier gab’s Zahlenmagie: Die SPD-Stimmen wurden glatt verdoppelt – 110 statt 55 im Briefwahlbezirk 4N. Ähnlich in 6F – SPD final mit 129 statt 72 Stimmen, CDU doch 146 statt 68. +++ Weiter geht’s mit Friedrichshain-Kreuzberg, Wahllokal 102: Den Grünen mussten 110 Stimmen wieder weggenommen werden, in Briefwahlbezirk 5AA gab‘s dafür 99 dazu. Womöglich ein Rechenfehler „z. B. beim Zusammenzählen der von verschiedenen Zählgruppen ermittelten Einzelwerte“ oder ein „Verständnisfehler“ bei der telefonischen Übermittlung, teilt der Bezirk mit. Hätten sie bloß das Fax genommen. +++ Im Wahllokal 303 in Charlottenburg-Wilmersdorf halbiert die FDP ihre Ergebnisse: Am Ende waren es 40 statt 80 Stimmen. Ähnliches in ChaWi 310: Hier kam die FDP von 53 auf 28 Stimmen. Aber keine Sorge, woanders wurde kräftig nach oben korrigiert: von 46 auf 66 (Briefwahlbezirk 5S) und 56 statt 37 (Lokal 509). „In elf Stimmbezirken“ waren laut Bezirkswahlleitung ChaWi Nachzählungen erforderlich. „Die Abweichungen (…) beruhen auf (…) rechnerischen Korrekturen und den Ergebnissen der Nachzählungen.“ Die Korrekturen sind im amtlichen Endergebnis enthalten, am Ergebnis – und an den Mandaten – ändert sich nichts. Trotzdem bleibt die Frage: Ist das in diesem Ausmaß normal? Ja, sagt die Landeswahlleitung: Die Veränderungen lägen „etwas höher“ als bei der AGH-Wahl 2016. Das sei aber „aus Sicht der Landeswahlleitung nicht als ungewöhnlich anzusehen“. Oder besser gesagt: Berliner Normalität. Denn in anderen Bundesländern läuft es durchaus besser. In Hessen beispielsweise wurden die Ergebnisse der sechs großen Parteien um insgesamt 613 Stimmen korrigiert (Gewinne und Abzüge verrechnet). In Berlin waren es mit 1987 mehr als dreimal so viele – bei knapp der Hälfte der Einwohner. (Warum wir trotzdem lieber hier wohnen: siehe Encore!) | |||||
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Apropos Neuauszählung: Das neugewählte Parlament soll – wie geplant – am Donnerstag zum ersten Mal tagen. Das Landesverfassungsgericht hat einen Eilantrag von Marcel Luthe abgelehnt, der erreichen wollte, dass mit der ersten Sitzung bis zum Ergebnis der Wahlprüfung gewartet wird. Die Mängel seien so gravierend, dass dem neuen Parlament die demokratische Legitimation fehle, hatte Luthe argumentiert. Das Gericht wies den Antrag gestern mit der Begründung ab, das Parlament müsse spätestens sechs Wochen nach der Wahl zusammentreten. Luthe hingegen will das nicht hinnehmen und hat am Abend eine Anhörungsrüge erhoben. Der Entscheidung des Gerichts sei nicht zu entnehmen, „dass sich das Gericht mit den Argumenten des Antragstellers auseinandergesetzt hat“, schreibt der fraktionslose Abgeordnete in seiner Begründung. „Denn um festzustellen, ob hier eine Frist zwischen Wahlen und erstem Zusammentreten (zwingend) einzuhalten ist, muss zunächst geklärt werden, ob überhaupt eine (den demokratischen) Grundsätzen genügende Wahl stattgefunden hat.“ Zweifel daran sind durchaus angebracht (siehe CPs 27.9. ff.). | |||||
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Jetzt aber zu den neuesten Trends:Frisch vom Campingplatz komme ich hier gerade ins Homeoffice geschlumpst und erfahre vom modischen Missfallen meiner künftigen Regierenden Bürgermeisterin (CP von gestern). Doch den Schuh zieh ich mir jetzt gar nicht erst an, sondern lasse lieber Uwe Szelag sprechen, ehemaliger Baustadtrat in Wilmersdorf: „Ich fühle mich an den Anfang der 70er Jahre zurückversetzt“, schreibt uns Szelag. „Als frisch gewählter Bezirksverordneter in Wilmersdorf erschien ich in meiner neuen Jeans und einem weißen Hemd, allerdings ohne Krawatte und Jackett (es war ein warmer Maitag).“ Bei der CDU und der SPD, „komplett im schwarzen Anzug mit Krawatte“ erschienen, habe das „starke Entrüstung“ ausgelöst: Ihm und den anderen vier Mitgliedern der Fraktion der Alternativen Liste (Vorgängerin der Grünen) sei vorgeworfen worden, „wir würden mit der schmuddeligen Alltagskleidung den Respekt vor dem Wähler nicht bezeugen. Im Ältestenrat erhielten wir später eine kollektive Rüge und die Androhung, bei Wiederholung gegebenenfalls von den Sitzungen ausgeschlossen zu werden.“ Giffeys Äußerungen, schreibt Szelag, beleuchteten eine politische Einstellung, „die wohl insgesamt dem alten Westberliner Gedankengut entliehen ist!“ Oder, wie Giffey sagen würde: Ordnung muss eben sein. Da wir bald von Stilikone Olaf Scholz regiert werden, kann ohnehin nichts mehr schiefgehen. (Weitere Modetipps gibt’s im Comic, aber nur für stilbewusste Abonnentinnen.) Und was meinen Sie? Sollten Politiker mehr auf ihr Äußeres achten? | |||||
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Gewöhnt hat sich halb Schöneberg inzwischen an die Baustelle auf der Hauptstraße: Seit dem Frühjahr werden hier zwischen Kaiser-Wilhelm-Platz und Kleistpark die Rohre ausgewechselt, Bauzeit für den 350 Meter langen Abschnitt: mehr als ein Jahr. Während auf der gesperrten Spur Richtung Norden wild geparkt und Party gemacht wird, laufen im Bezirk die Wetten, dass danach sicher auch nichts besser wird. Denn die Wasserbetriebe (die hier gerade das Trinkwassernetz erneuern) können normalerweise nichts anderes tun, als den Vor-Baustellen-Zustand wiederherzustellen (Grund: Nichtzuständigkeit für alles andere). Und der ist hier: Berlin in a nutshell (= Horror): Rasende Rüpel, schutzlose Radler und Bus-Karawanen (M85 / M48 / 106 / 187 / 204), die sich an Zweite-Reihe-Parkern vor Dönerbuden, Bio-Märkten und Kitas vorbeischleichen. Die ganz normale tägliche Lebensgefahr. Zaghafte Anfrage bei der Verkehrsverwaltung, was da im Sommer 2022 wieder aufgepinselt wird. Überraschende Antwort: Nein, es soll nicht alles wieder werden, wie es früher einmal war! Auf Anregung des Bezirks (das ist der, für den Kreuzberg Radwege bauen muss) soll es in Post-Baustellen-Zeiten „eine deutliche Verbreiterung der Busspur zur besseren gemeinsamen Nutzung durch Busse und Radverkehr, samt verlängerter Geltungsdauer geben“, teilt die Verkehrsverwaltung mit. Klasse, da kriegen die Zweite-Reihe-Parker noch etwas mehr Platz. Doch halt: „Die Pläne der BVG liegen vor, eine Anordnung durch SenUVK gibt es noch nicht, weil die Prüfung noch andauert“, schreibt uns ein Sprecher. „Die Umsetzung übernimmt dann der Bezirk.“ Dann ist ja alles gut: Da es dort momentan „keinen Planer für den gesamten Bereich des Rad- und Fußverkehrs“ gibt (Zitat der Stadträtin Christiane Heiß), versenken wir die Pläne am besten gleich mit den Rohren in der Erde. (Und ich gewinne wenigstens die Wette). Warum es so lange dauert, die Rohre auszutauschen, und wie es weitergeht auf der Baustelle, lesen Sie heute im Bezirksnewsletter meiner Kollegin Sigrid Kneist. | |||||
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Und wo wir gerade so frisch beim ITDZ in der Leitung rumhängen: Nach unserer Meldung zum Online-Portal der Polizei-Bußgeldstelle („Die eingegebene Adresse ist nicht eindeutig“, CP von gestern), haben wir gleich mal nachgefragt, woran das liegen kann. Antwort: „Der genannte Fehler beim Online-Portal der Bußgeldstelle ist aktuell bei uns in Prüfung und Bearbeitung. Das Portal basiert auf einem älteren Formularmanagementsystem. Dieses ist bereits für eine Überführung in den neuen Basisdienst ‚Digitaler Antrag‘ vorgesehen, der Verwaltungsdienstleistungen auf Basis einer einheitlichen, modernen Software für eine durchgängige digitale Beantragung durch Bürgerinnen, Bürger und die Wirtschaft nutzbar macht.“ Alles klar, wir buchen mal einen Grundkurs in Verwaltungsdienstleistungsdeutsch und melden uns dann morgen wieder. | |||||
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