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Liebe/r Leser/in,

„Wir müssen wieder mehr streiten in der Sache!“ Ein Wunsch, den der Vorsitzende der CDU-Grundsatzkommission, Carsten Linnemann, für die Erarbeitung des neuen Grundsatzprogramms seiner Partei hegt. Und der wurde sogleich erfüllt. Mit der Mittelstands- und Wirtschaftsunion sowie der Jungen Union wollen gleich zwei bedeutende Parteigliederungen eine Mitgliederbefragung über die Einführung einer Frauenquote erzwingen.

Treibende Kraft hinter dem Vorstoß, mit dem sich bereits kommende Woche der CDU-Vorstand befassen dürfte, ist Gitta Connemann, die neue Chefin der Mittelstandsunion (und Nachfolgerin in dieser Position von Carsten Linnemann). Eine Frau also will zusammen mit der Parteijugend die Frauenquote in der CDU verhindern – mithilfe der Basis! Denn unter den Parteimitgliedern ist die Frauenquote deutlich unbeliebter als im Vorstand oder bei den Parteitagsdelegierten.

Der Streit geht um Grundsätzliches: Die CDU versteht sich bislang als eine Partei, die für Chancengerechtigkeit und eben nicht für Ergebnisgerechtigkeit eintritt. Auch deshalb können sich viele in der Partei nicht mit der Quote anfreunden. Eine Quote schreibt eben das Ergebnis von Wahlen in den Gremien vor: Die Hälfte der zu Wählenden müssen Frauen sein. Grüne, Linke und SPD haben seit Längerem Quotenregelungen und können auf zum Teil erheblich höhere Frauenanteile in Gefolgschaft und Parlamenten verweisen als CDU und CSU. Daraus zieht die Frauen-Union den Schluss, dass ohne Quote die Gleichstellung im politischen Betrieb nicht zu erreichen sei. Es geht um ein wichtiges Anliegen, wie ein Blick auf unsere Regierung zeigt.

Möglicherweise wäre Olaf Scholz nicht Bundeskanzler geworden, wenn er nicht versprochen hätte, sein Kabinett zur Hälfte mit Frauen zu besetzen. Andererseits wäre dann Christine Lambrecht höchstwahrscheinlich nicht Bundesverteidigungsministerin geworden. Und Nancy Faeser wäre weiter in Hessen statt im Bundesinnenministerium aktiv. Und vielleicht wäre Robert Habeck ohne Quote Kanzlerkandidat der Grünen und Kanzler geworden. Schon diese Beispiele zeigen, dass man in der Politik manches anstoßen, aber meistens nicht die Ergebnisse festlegen kann. Viele Grüne und Linke können ja bis heute nicht fassen, dass mit Angela Merkel 2005 die erste Bundeskanzlerin aus einer Partei ohne Quote kam – und gleich 16 Jahre lang blieb.

Diese 16 Jahre könnten ein Argument für die neue CDU-Führung sein, über die Einführung einer Quote noch einmal gründlich nachzudenken und vor allem: ergebnisoffen zu diskutieren. Denn eine Union, die mit einer gewissen Zuverlässigkeit und lediglich mit einigen Jahren oder Jahrzehnten Abstand nachholt, was andere Parteien längst anbieten, macht sich eher beliebig. Das war ja genau die Taktik von Merkel: die Übernahme wichtiger Inhalte vor allem der Grünen und der SPD, um so die Unterschiede zur Union zu verwischen und die Wähler anderer Parteien zu demobilisieren. Merkel hat das gestärkt, aber den rechten politischen Rand auch.

Die CDU sollte ohnehin darüber nachdenken, ob sie sich als „Volkspartei der Mitte“ vor allem über den Begriff der „sozialen und ökologischen Marktwirtschaft“ definieren möchte und ob sie an erste Stelle das Ziel einer beschleunigten Klimaneutralität setzen will. In dieser Pauschalität setzt sie damit auf Kernkompetenzen anderer Parteien, vernachlässigt die eigenen und beschädigt so ihre Glaubwürdigkeit. Nur ein Beispiel: Beim Thema Klimaschutz würden mich die Positionen der CDU zur Atomkraft oder zum Fracking-Gas interessieren. Gerade bei der Kernkraft kann ja der überstürzte Ausstieg nach der Katastrophe in Fukushima nicht die letztgültige Antwort sein. Schon gar nicht, wenn man bedenkt, dass weltweit die Technologie von Kleinreaktoren erforscht wird. Denn spannend wird es in der Politik immer, wenn es konkret wird. Die CDU sollte also die Frage möglichst konkret beantworten, was eine ökologische Marktwirtschaft im Kern ausmacht, was der Begriff im Spannungsfeld zwischen industrieller Produktion und Umweltschutz bedeuten soll. Parteien tun sich keinen Gefallen, wenn sie sich neue Begriffe wie Marketingbotschaften aufpappen und dahinter inhaltliche Leere gähnt.

Friedrich Merz hat gesagt, er halte eine Quote nur für die „zweitbeste Lösung“. Ich würde ihm raten, die Suche nach der besten Lösung nicht einzustellen, sondern die ganze Partei und die Bürger daran zu beteiligen. Und ich würde ihm raten, mit der Finanzchefin der Post, Melanie Kreis, zu reden. Zur Quote sagte sie den Kollegen der „Welt“: „Ich halte nichts davon, etwas zu tun, weil es von außen erzwungen wird.“ Und das, obwohl sie die einzige Frau im Vorstand des Post-Konzerns ist. Welche Gesprächspartnerin könnte für die CDU-Führung jetzt interessanter sein?

Nach meiner Überzeugung gehört den interessanten Parteien die Zukunft, wie man nicht zuletzt von den Grünen lernen kann. Ob Joschka Fischer oder Robert Habeck – niemand hat uns an den zum Teil schmerzhaften eigenen Lernprozessen intensiver teilnehmen lassen als die Grünen!

mit vielen Grüßen,

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Robert Schneider,
Chefredakteur FOCUS-Magazin

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