Liebe Leserinnen, liebe Leser, Ronald Slabke, CEO und Großaktionär des FinTechs Hypoport hatte vor 15 Jahren eine grenzgeniale Idee: Banken sollten nicht nur eigene Immobilien-Finanzierungen anbieten, sondern auch die der Konkurrenz – und an der Vermittlung dann eine Provision verdienen. Dem Wettbewerb Geschäft zuschustern als Geschäftsidee? Der Gedanke brauchte etwas Zeit, um zu verfangen und sich durchzusetzen. Heute läuft das Immobilien-Vermittlungsgeschäft der Banken fast nur noch auf diese Weise – dank Hypoport. Das Unternehmen ist in Deutschland inzwischen klarer Marktführer und kann sich dabei auf höchste Marktanteile bei Sparkassen und Genossenschaftsbanken stützen wie auch auf die Deutsche Bank oder die Bausparkasse Schwäbisch Hall. Sie alle schließen bundesweit und in fast allen Filialen Immobilien-Finanzierungen über den Marktplatz Europace von Hypoport ab bzw. über die Teilmarktplätze Finmas (Sparkassenorganisation), Geopace (Genossenschaftssektor), Starpool (Deutsche Bank) oder BAUFINEX (Schwäbisch Hall). Und das geht so... Der Kunde fragt nach einer Immobilien-Finanzierung an und die Bank bzw. Bausparkasse leistet die Vorarbeit mit einzureichenden Unterlagen, Gehaltsnachweisen, Bonitätsprüfung und bietet ihm dann ggf. eine Finanzierung an. Ist diese für den Kunden nicht interessant genug, war das Gespräch an dieser Stelle beendet und der Kunde ging die Straße hinunter zur nächsten Bank. Und genau das kann er sich heute sparen. Denn seine Hausbank bietet ihm nicht nur selbst einen Kredit an, sondern kann über den Hypoport-Marktplatz sehen, welche Banken für diesen Kunden eine Finanzierung anbieten und zu welchen Konditionen. Ob diese dann in Hamburg, München oder Povianshausen sitzt, ist irrelevant. Der Kunde kann den Vertrag mit der XY-Sparkasse bequem bei seiner Hausbank abschließen. Aber warum? Im Grunde ist es ganz simpel: Die Bank vergibt eine Finanzierung an den Kunden und streicht anschließend die Tilgungs- und Zinsraten ein. Das bereitgestellte Geld hat sie entweder als Spareinlagen verfügbar oder leiht es sich selbst am Interbankenmarkt. Zwischen den Zinsen, die die Bank selbst aufbringen muss und den Zinsen, die der Kunde bezahlen muss, liegt ihre Zinsmarge und daraus speist sich ihr Gewinn. Im Gegenzug hat sie den Immobilienkredit nun in ihren Büchern und damit das Risiko, falls der Kunde den Kredit nicht oder nur teilweise zurückzahlen kann. Vermittelt die Bank stattdessen den Kredit an ein anderes Institut weiter, bekommt sie nicht das Ausfallrisiko in die eigenen Bücher, verdient aber auch keine Zinsmarge. Und doch verdient sie, denn für die Vermittlung erhält sie eine Provision – leicht verdientes Geld, sofort auf dem Konto und ganz ohne Risiko. Das ist nicht ganz so lukrativ, als wenn sie den Kredit selbst vergeben hätte, aber es ist viel lukrativer, als wenn der Kunde ohne Abschluss einfach vom Hof und zur Konkurrenz geritten wäre. Die Hypoport-Marktplätze zahlen sich für die Banken daher ordentlich aus. Und auch für den Kreditnehmer, denn der muss nicht zehn Finanzierungsgespräche führen, sondern nur eines. Skalierbarkeit als i-Tüpfelchen Das Hypoport-Modell kam vor 10 Jahren langsam in Schwung und auch die Börse begann, die Aktie zu entdecken. Hohe Wachstumsraten machten Hypoport zu einem attraktiven Wachstums-Unternehmen, auch wenn anfangs die Gewinne ausblieben – jeder verdiente Euro floss in die Verbesserung des Marktplatzes und das Andocken von immer mehr Banken und Sparkassen. Doch dieser Kostenblock wuchs irgendwann nicht mehr weiter, während die Einnahmen immer stärker sprudelten. Während der Corona-Krise explodierte die Nachfrage geradezu, weil die Banken ohne Online-Kreditvergabe im Lockdown waren und kein Geschäft mehr machen konnten, wenn die Kunden das Haus nicht verließen. Hypoport gewann viele zuvor noch unentschlossene Banken als Kunden hinzu und die Euphorie beim Aktienkurs kannte kaum noch Grenzen. Ende 2021 markierte die Aktie bei 600 Euro ihr Allzeithoch und hatte sich damit in weniger als 10 Jahren mehr als ver-10-facht. Und dann kann die Inflation und mit ihr die Zinswende und ein Absturz des Immobilien-Markts. Ist ja hinlänglich bekannt und Hypoport wurde zum Opfer des eigenen Erfolgs. Oder besser gesagt: Der zu hohen Erwartungen der Anleger. Dementsprechend brach der Aktienkurs ein und fiel zwischenzeitlich sogar unter die Marke von 100 Euro zurück. Und das war nicht ganz ungerechtfertigt... |