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Tagesspiegel Checkpoint vom Dienstag, 23.02.2021 | Heiter, bei Höchsttemperaturen von 17°C. | ||
+ Menschen, die auf Zahlen starren + Exklusiv: Der Berliner Öffnungsplan – jetzt wird geclustert + Alle gegen's Sitzenbleiben + |
von Anke Myrrhe |
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Guten Morgen, da ist sie wieder, die Zeit der zwei Realitäten. Während die Inzidenzen völlig überraschend nicht mehr weiter sinken (Wissenschaftler sagen das seit Wochen voraus), steigt die Zahl der Öffnungsforderungen exponentiell. Dazwischen üben sich einsichtige Politiker in Selbstkritik: Hätten wir doch im Herbst auf die Experten gehört! Was eine Transferleistung ist, könnten ihre Kinder ihnen möglicherweise zwischen zwei Videokonferenzen auf einer alten Serviette am Küchentisch erläutern. Der Modellexperte Michael Meyer-Hermann (einer der NoCovid-Initiatoren) sagt: „Wir können eine Pandemie, die eine Zeitskala von zwei Wochen hat, nicht mit Entscheidungsprozessen kontrollieren, die sechs Wochen dauern. Weil wir dadurch immer der Pandemie hinterherlaufen. Wir müssen schneller werden als die Pandemie.“ (Q: NDR-Podcast „Die Idee”) Die nächste Bund-Länder-Runde findet übrigens in der nächsten Woche (3. März) statt. Bis dahin läuft auf allen Polit-Kanälen ein Klassiker in Dauerschleife: Menschen, die auf Zahlen starren. | |||||
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In Berlin allerdings will man nun weg von der reinen Zahlenlehre. Geniale Idee: Da das Virus sich gern in Clustern vermehrt, reagieren wir einfach mit Clustern! Ein Stufenplan, den der Senat in der vergangenen Woche erarbeitet hat (offenbar mit Beteiligung aller Senatsverwaltungen), liegt dem Tagesspiegel exklusiv vor. Das Wichtigste im Überblick: Mit Ausnahme von Kindersport und Schulen (dazu gleich mehr) beginnt ab einem Wert kleiner als 50 innerhalb von sieben Tagen die schrittweise Öffnung in vier „Clustern“ (Stufen): + Cluster 0: Ein Inzidenzwert kleiner als 50 innerhalb von 7 Tagen + Cluster 1: Ein Inzidenzwert kleiner als 35 innerhalb von 7 Tagen + Cluster 2: Der Inzidenzwert ist für 14 Tage stabil oder sinkend + Cluster 3: Der Inzidenzwert ist für weitere 14 Tage stabil oder sinkend Zusätzlich hinzugezogen werden sollen sogenannte „dynamische Faktoren“: R-Wert, Intensivbetten-Kapazitäten, Veränderungsrate der Inzidenz, perspektivisch auch die Impfquote. Ein Übergang in die nächste Clustergruppe ist nur dann möglich, „wenn zum stabilen oder sinkenden Inzidenzwert gleichzeitig der 7-Tage-R-Wert und die ITS-Kapazitäten mindestens stabil bleiben“. Ein fünftes Cluster, das in einem ersten Entwurf nach weiteren 14 Tagen noch die nahezu vollständige Öffnung (mit Hygienekonzepten) vorsah, wurde aus der aktuellen Vorlage für die morgige Senatssitzung wieder gestrichen. Das überarbeitete Papier flatterte in der Nacht noch ins Checkpoint-Homeoffice. Womöglich ein Zeichen, das die Zeiten wieder vorsichtiger werden. Weitere Details der Regelung: +++ Ab einer Inzidenz von 50 (Cluster 0) sind kaum Lockerungen vorgesehen. Allein Sport im Freien soll in Gruppen bis zehn Personen mit Abstand wieder möglich sein. Für Kinder bis 12 Jahre gilt das sogar schon bei einer Inzidenz unter 100. +++ Bibliotheken und Museen dürfen bei einer Inzidenz unter 35 (Cluster 1) für einen eingeschränkten Betrieb öffnen. +++ Theater, Konzerthäuser und Kinos erst 14 Tage später (Cluster 2) bei eingeschränkter Besucherzahl. +++ Clubs weitere 14 Tage später (Cluster 3), allerdings mit Personenbeschränkung, Hygienekonzept – und ohne Gesang. +++ Der Einzelhandel soll ebenfalls erst ab einer Inzidenz von 35 wieder öffnen dürfen, zunächst mit einer Zugangsbegrenzung mit 10 Quadratmetern pro Kunde, ab einer Fläche von 800 Quadratmetern mit 20 Quadratmetern pro Kunde. Letzteres soll in Cluster 3 wegfallen. +++ Tennisspielen in der Halle (Sport zu zweit mit Abstand) soll ab Cluster 1 wieder uneingeschränkt möglich sein, Fußball (Sport in Gruppen ohne Abstand) bis 10 Personen erst in Cluster 3. +++ In der Gastronomie dürfen die Außenbereiche ab einer Inzidenz von 35 öffnen (Cluster 1) allerdings mit Beschränkung auf maximal vier Personen aus zwei Haushalten. An Imbissen darf vor Ort verzehrt werden. Innenräume dürfen mit Personenbegrenzung öffnen, wenn die Inzidenz 14 Tage lang stabil ist (Cluster 2), das gilt auch für Kneipen. +++ Auch bei Veranstaltungen soll ab einer Inzidenz von 35 ein „Erster Einstieg“ möglich sein mit maximal 250 Personen im Freien. Ab Cluster 2 auch drinnen mit maximal 150 Personen. +++ „Einrichtungen der Freizeitgestaltung“ dürfen ab Cluster 1 draußen öffnen, 14 Tage später auch drinnen. +++ Touristische Übernachtungen sollen bei 14 Tage stabiler Inzidenz unter 35 wieder möglich sein (Cluster 2). +++ Unklar ist, ob die Friseure weiterhin nächste Woche öffnen dürfen, der Stufenplan sieht eine Öffnung „körpernaher Dienstleistungen“ erst ab einem Inzidenzwert unter 35 vor. Darüber sind nur medizinische Dienstleistungen möglich. +++ Die Kontaktbeschränkungen werden erst ab einer Inzidenz kleiner als 35 gelockert auf maximal fünf Personen aus zwei Haushalten (Cluster 1), dann zehn Personen aus drei Haushalten (Cluster 2) und zehn Personen (Cluster 3). Die 7-Tage-Inzidenz lag gestern nach den Zahlen des Robert-Koch-Instituts bei 57,2, wie zuletzt: Tendenz steigend. Gut möglich, dass es noch etwas dauert bis zur Berliner Cluster-Bildung. | |||||
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Die Schulen tauchen im bunten Cluster-Bild des Senats nicht auf, allerdings in einem einleitenden Satz, der die besondere soziale Bedeutung hervorhebt, jedoch auch ganz klar einschränkt: Die vorsichtigen Öffnungsschritte im Bildungsbereich seien „an ein weiter abgesenktes Infektionsgeschehen geknüpft und werden bei einer 7-Tages-Inzidenz von mehr als 100 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner zur Disposition gestellt“. Bis dahin gehen seit gestern 95 000 Schülerinnen und Schüler wieder in den Präsenzunterricht. Bei manchen sind es drei Stunden am Tag im Wechselunterricht, andere müssen oder dürfen – je nach Perspektive – nur zweimal in der Woche drei Stunden kommen. Symbolisch für die, sagen wir mal, ausbaufähige Ausstattung hielt gestern eine Lehrerin in der rbb-Abendschau einen durchsichtigen Ikea-Kistendeckel zwischen zwei klavierspielende Schülerinnen. Pandemiebefördernde Mitnahmeeffekte hat diese zarte Öffnung allerdings bereits jetzt. Vielen Eltern fällt nach zwei Monaten ohne Betreuung in der Nachtschicht der Kopf auf die Tastatur (Grüße!). Warum also nicht die Gelegenheit nutzen: Wenn Kind 1 wieder zur Schule gehen darf, möchte Kind 2 auch wieder in die Kita. Mama & Papa nutzen das kurze Zeitfenster der Freiheit, um endlich mal wieder im Büro vorbeizufahren, ach Hannah, wie nett – einen schnellen Kaffee auf dem Dach? Viele Kitas melden bereits, dass sie die 60 Prozent Auslastung überschreiten, weil es so viele Anfragen auf „Notbetreuung“ gibt. In einer Tempelhofer Kita führt das dazu, dass die Betreuungszeiten insgesamt runtergefahren werden müssen – und selbst eine Vollzeit arbeitende alleinerziehende Mutter nun nur noch maximal drei Tage bekommt. | |||||
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In den Schulen formiert sich derweil ein ungewöhnlich breiter Widerstand gegen das Sitzenbleiben für alle. Eine entsprechende Gesetzesänderung hatte die Koalition am Donnerstag im Schulausschuss mit Blick auf den Corona-Jahrgang beschlossen: Alle Schülerinnen und Schüler sollen bis zur 10. Klasse freiwillig das Jahr wiederholen können. Dagegen sprechen sich nun alle Verbände der Schulleiterinnen und Schulleiter aus, von Sekundarschulen, Berufsschulen, Grund- und Oberschulen bis zum Gymnasium. In ungewohnter Eintracht werden sie heute mit der Gewerkschaft GEW eine Protesterklärung veröffentlichen. Denn: Wie sollen die Schulen die vielen zusätzlichen Kinder unterbringen? Wer soll sie unterrichten angesichts des immer noch dramatischen Lehrermangels? Zudem ist die Sorge groß, dass gerade die falschen von diesem gut gemeinten Instrument Gebrauch machen – jene, bei denen die Eltern wollen, dass sie ihre Noten verbessern, und nicht jene, um die sich seit fast einem Jahr kaum jemand kümmert. Ralf Treptow, Vorsitzender der Oberstudiendirektoren, kommentiert in einem Gastbeitrag für den Tagespsiegel: „Bildungspolitisch und schulorganisatorisch eine Katastrophe.“ | |||||
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Auf unsere Umfrage, welcher Wappenhund der Wegner-CDU am besten stehen würde (CP von gestern), haben wir viele bissige Antworten erhalten. Michael Schmitz plädiert für einen kläffenden Dackel („Großes Maul und nix dahinter“), Marion Schamuthe würde einen Xoloitzcuintle bevorzugen („klein, bissig und haarlos“), Sigrid Engelbrecht findet den Zwergspitz (selbsterklärend) passender. Basset, Boxer, American Pitbull Terrier (wegen des Lamborghinis), Sauhund, Schweinehund... der konservativen Fantasie sind offenbar wenig Zwinger-Grenzen gesetzt. Robert Aenderl findet, „irgendein Schlappohr-Dackel oder Beagle mit treuem, verschlafenem Blick“ würde die Landespolitik insgesamt ganz gut repräsentieren. Peter Kammer erinnert daran, dass der Dackel schon immer der Hund der Berliner CDU war, „1986 trat ,Bastian‘ gemeinsam mit Eberhard Diepgen auf. Die CDU Reinickendorf hat Dackel und Katze auf einem Plakat vereinigt. Es wäre schon seltsam, wenn sich die Partei diesbezüglich verändern wollte.“ Die fundierteste Erläuterung aber schickte uns Rudolf Spieser, der sich „nach Jahrzehnten autodiktatorischer Hundeforschung“ in der Lage sieht „eine konstruktive Beurteilung über die Eigenschaften diverser Hunderassen abzugeben“. Na wauderbar, denn mal los: „Im konkreten Fall würde ich einen reinrassigen Wackel-Dackel empfehlen, wie sie bayrische Autofahrer mitführen. Diese (die Dackel) zeichnen sich durch hohe Anpassungsfähigkeit, sowie auffallend reduzierte Aggressivität und angepasstes Sozialverhalten aus. Auch ernährungstechnisch sind sie anspruchslos und fallen durch eine optimistische Lebenseinstellung auf, die sie auch gelegentlich kundtun. Auch das Wachstum ist überschaubar, so dass man sie praktisch überall einordnen kann. Ein ruhiges Plätzchen findet sich vielerorts, besonders an amtlichen Stellen.“ Mensch, einen solchen Dackel hatte ich einst Martin Schulz vorbeigebracht (Beweis), sie scheinen aber für Politiker jeder Couleur passend zu sein. Beim Tagesspiegel sind Bürohunde übrigens seit einem durftigen Vorfall verpönt (nein, das ist nicht der Grund, warum wir seit fast einem Jahr im Homeoffice sind). | |||||
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